Kooperationsvertrag
In Koblenz arbeiten Polizei und Uni künftig zusammen
Von links: Ralf Lämmel, Dekan des Fachbereichs Informatik, Universitätspräsident Stefan Wehner und Polizeipräsident Jürgen Süs unterzeichnen den Kooperationsvertrag, der die künftige Zusammenarbeit zwischen Uni und Polizeipräsidium besiegelt.
Kim Fauss

Dass Polizisten und IT-Studenten einiges voneinander lernen können, zeigen die Uni Koblenz und das Polizeipräsidium mit ihrer neusten Kooperation. Wie wird dieser regionale Wissensaustausch aussehen? Und welche Hürden müssen dafür überwunden werden?

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Koblenz. Die innere Sicherheit durch wissenschaftliche Erkenntnisse stärken und dabei Studierenden wertvolle Einblicke in die polizeiliche Arbeit ermöglichen, die sie für Forschungsarbeiten nutzen können. Diesen Doppelsieg erhoffen sich nun die Universität Koblenz und das Polizeipräsidium von ihrer kürzlich getroffenen Kooperationsvereinbarung.

Wie die gemeinsamen Ziele der beiden Institutionen aussehen, wie sie realisiert werden sollen und welche Herausforderungen es dabei zu bewältigen gibt, erklären Oliver Jutz, Pressesprecher der Polizei und Ralf Lämmel, Leiter des IT-Fachbereichs an der Uni Koblenz, auf Nachfrage unserer Zeitung.

Polizei will digitale Transformation fördern

„Die Digitalisierung ist zweifellos ein Thema für die nächsten Jahre, was die Tathergänge und neue Modi Operandi angeht“, erklärt Polizeipräsident Jürgen Süs bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags an der Uni Koblenz. Er beschreibt die künftige Zusammenarbeit mit dem Fachbereich IT als einen wichtigen Beitrag zur Arbeit des Präsidiums. Eine Transformation, bei der auch die Beamten mitgenommen werden sollen.

„Das Polizeipräsidium Koblenz ist im Bereich IT gut aufgestellt“, sagt Süs. Doch die Digitalisierung sorge eben auch dafür, dass auch die Täter immer ausgefeiltere Herangehensweisen zutage bringen, mit denen die Beamten mithalten müssen.

Zu Unterzeichnung des Kooperationsvertrags kamen alle Beteiligten von Universität und Polizei zusammen.
Kim Fauss

Oliver Jutz, Pressesprecher der Polizei, erklärt auf Nachfrage, dass sich das Präsidium durch die Zusammenarbeit mit den Studierenden vor allem erhofft, dass gemeinsam innovative Technologien und Methoden entwickelt werden. Mit der Expertise beider Seiten könne „die Verarbeitung von Massendaten mithilfe technischer Unterstützung bis hin zur KI“ erforscht und optimiert werden, sagt Jutz. Im Vordergrund stehe dabei der Austausch von Wissen und Technologien.

Auch Lämmel bestätigt: „Hier geht es nicht um konkrete Projekte mit Ablieferung und Testzeitraum, sondern es geht um eine Absichtserklärung, dass es Themen von gemeinsamem Interesse gibt und eben die Absicht, daran zusammen im Rahmen von Abschlussarbeiten oder gemeinsamen Forschungsanträgen zu arbeiten.“

„Regionale Sichtbarkeit, regionaler Wissenstransfer. Die Polizei weiß um die Uni und die Uni um die Polizei.“
Dekan des Fachbereichs IT, Ralf Lämmel, über die Ziele der künftigen Zusammenarbeit 

Es gehe beiden Institutionen nicht darum, dass die Studierenden eine ausgeklügelte Polizeisoftware oder Ähnliches entwickeln sollen. „Wir werden bestenfalls ein bisschen in die Polizeiarbeit reingucken und schauen, was vielleicht interessante Forschungsthemen sind“, stellt der Dekan des Fachbereichs Informatik klar.

Umgekehrt kann die Polizei dann eben sehen, dass es seitens der Wissenschaft andere Produkte, Methoden und Forschungsfragen gibt, sowie Forschende, mit denen man sich darüber austauschen kann. „Regionale Sichtbarkeit, regionaler Wissenstransfer. Die Polizei weiß um die Uni und die Uni um die Polizei“, fasst Lämmel zusammen.

Konkret wird die Zusammenarbeit so aussehen, dass „der Austausch von Gastreferenten ermöglicht wird und die Zusammenarbeit durch gemeinsame Veranstaltungen, wie zum Beispiel Konferenzen, Seminare, Projekte und Arbeitsgruppen vertieft wird“ erklärt Jutz. Das übernehmen seitens des Präsidiums IT-Spezialisten sowie Polizei- und Kriminalbeamte.

Gastvorträge und Abschlussarbeiten: So soll die Zusammenarbeit aussehen

„Wir haben auch schon angefangen, dass Leute von der Polizei zu uns kommen und mal eine Gastvorlesung im geeigneten thematischen Kontext halten“, berichtet Lämmel. Die Zusammenarbeit wird also bereits gelebt, kaum dass sie beschlossen wurde.

Auch die Begleitung von Bachelor-, Master- oder Doktorarbeiten ist in der Kooperationsvereinbarung vorgesehen. Dafür werden vorab Themenbereiche ausgewählt, die für die Abschlussarbeiten infrage kommen und gemeinsam mit der Polizei angegangen werden können. Hier gibt es laut dem Dekan ebenfalls bereits Studenten, die ihr Interesse bekundet haben.

Bei all den Vorteilen, welche sich durch die Zusammenarbeit für beide Seiten ergeben, dürfen jedoch auch die Herausforderungen nicht außer Acht gelassen werden. Eine der größten Hürden wird laut Lämmel und Jutz der Umgang mit den sensiblen Daten sein, mit denen Polizeibeamte tagtäglich zu tun haben.

„Im Zweifel wird es gar keinen Zugriff auf potenziell sensible Daten geben.“
Oliver Jutz, Pressesprecher der Polizei Koblenz

Ob die Studierenden tatsächlich mit Realdaten arbeiten oder synthetische Daten erzeugt werden, müsse zu jedem einzelnen Forschungsvorhaben oder jeder Abschlussarbeit gesondert geregelt werden, teilt der Polizeisprecher mit. „Im Zweifel wird es gar keinen Zugriff auf potenziell sensible Daten geben“, heißt es weiter, denn der Schutz dieser Daten sei für die Polizei die oberste Priorität.

„Eine andere große Herausforderung ist tatsächlich, dass die Polizei natürlich ohnehin schon viele Systeme benutzt“, ergänzt Lämmel. Diese seien oft kommerzieller Natur und könnten der Integration der Programme, die von den Studierenden erstellt werden, im Wege stehen. Aber auch hier wird bereits an einem Kompromiss gearbeitet: „Da suchen wir nach Szenarien und Situationen, in denen das vielleicht doch klappt. Manchmal gibt es eben doch ein System, das für die Integration geeignet ist“, hofft der Dekan.

Gemeinsames lernen und Technologietransfer im Fokus

Er weist auch darauf hin, dass es für die Studierenden zudem schwierig werden könnte, ihre Forschungsergebnisse mit den Entwicklungen und Neuerungen dieser bereits vorhanden Polizeisysteme zu synchronisieren. Denn natürlich arbeitet nicht nur die Universität an neuen technischen Lösungen für die Polizeiarbeit, sondern auch die Polizei selbst, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.

„Es gibt viele KI-Initiativen auf verschiedenen Ebenen: vom LKA über das Land bis hin zum Bund. Da sind viele Entwicklungen, bei denen man nicht ganz abschätzen kann, in welcher Geschwindigkeit Verbesserungen kommen“, weiß Lämmel. Daher bestehe für die Studierenden das Risiko, von diesen Entwicklungen überholt zu werden. Der Dekan ist sich jedoch sicher: „Das soll kein Problem sein.“ Es gehe schließlich nicht in erster Linie darum, Produktlösungen zu entwickeln, sondern gemeinsam zu lernen und einen Technologietransfer zu schaffen.

„Wenn die Zusammenarbeit zwischen der Universität und dem Polizeipräsidium Koblenz als Beispiel für regionale Netzwerkarbeit dient und anderen Polizeibehörden inspiriert, dann wäre dies ein positiver Nebeneffekt.“
Oliver Jutz, Pressesprecher der Polizei Koblenz

Auch Jutz zeigt sich zuversichtlich, dass die Kooperation trotz „unterschiedlicher Arbeitswelten von Universität und Polizei“, gut verlaufen wird. Man setzte auf Flexibilität, offene Kommunikation und regelmäßige Treffen und Workshops, um „den Austausch sowie das Verständnis für die unterschiedlichen Perspektiven zu fördern“, so der Sprecher.

Sowohl die Universität als auch das Polizeipräsidium haben in der Vergangenheit ähnliche Kooperationen mit Unternehmen oder Bildungseinrichtungen durchgeführt. Dennoch sagt Jutz über die eventuelle Strahlkraft dieses neuen Projekts: „Wenn die Zusammenarbeit zwischen der Universität und dem Polizeipräsidium Koblenz als Beispiel für regionale Netzwerkarbeit dient und andere Polizeibehörden inspiriert, dann wäre dies ein positiver Nebeneffekt.“

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