Rheinland-Pfalz ist ein Land der privaten Immobilieneigentümer – über 90 Prozent der Wohnungen befinden sich in privater Hand. Doch politische Eingriffe, steigende Kosten und gesetzliche Reformen setzen Hausbesitzern zunehmend zu, erklärt Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz. Unsere Zeitung hat mit ihm im Vorfeld des Landesverbandstags gesprochen, den der Eigentümerverband jährlich für Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer im Land veranstaltet – dieses Mal am 27. Juni in Boppard. Schönfeld spricht im Interview über Herausforderungen für Eigentümer, den Rückgang der Eigentümerquote und mögliche Wege aus der Krise.
Herr Schönfeld, der Eigentümerverband Haus & Grund ist die Interessensvertretung der privaten Besitzer von Häusern, Wohnungen und Grundstücken. Welche Bedeutung hat Ihr Verband in Rheinland-Pfalz?
Ausweislich der Zahlen des Zensus 2022 befinden sich in unserem Bundesland sage und schreibe 91,07 Prozent aller Wohnungen im Privatbesitz. Zudem werden circa zwei Drittel aller Mietwohnungen von privaten Kleinvermietern zur Verfügung gestellt. Unser Landesverband Haus & Grund Rheinland-Pfalz hat zusammen mit den angeschlossenen 36 Ortsvereinen rund 48.000 Mitglieder. Wir sind der mit Abstand größte Vertreter der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer im Land. Deutschlandweit zählen rund 935.000 Mitglieder und fast 900 Ortsvereine zu unserer Eigentümerschutz-Gemeinschaft.

Nun geht die Eigentümerquote aber auch in Rheinland-Pfalz zurück. Woran liegt das? Gehen Ihnen damit die Mitglieder aus?
Was unsere Mitglieder angeht, ist das Gegenteil der Fall: Wir sind in Rheinland-Pfalz stolz darauf, Jahr für Jahr Mitgliederzuwächse in erheblicher Größenordnung zu verzeichnen. Dies ist einerseits unserer guten Arbeit, vor allem auch den persönlichen Beratungen der Mitglieder in den Ortsvereinen, zu verdanken. Andererseits zeigt diese Entwicklung, dass die Haus- und Wohnungseigentümer durch politische Entscheidungen wie dem Heizungsgesetz, der Grundsteuerreform oder der Mietpreisbremse zunehmend unter Druck geraten.
Zum ersten Teil Ihrer Frage: Die Demografie ist zweifellos eine Erklärung für den Rückgang der Eigentümerquote, die wir bedauern. Viele Hausbesitzer sind ja 60 Jahre und älter. Das eigentliche Problem ist aber, dass zu wenig jüngere Leute die Chance haben, ihren Wunsch nach den eigenen vier Wänden zu verwirklichen. Sie können es sich einfach nicht leisten, weil Kosten und Zinsen gestiegen sind und zugleich Standards beim Bauen oder Sanieren hochgeschraubt werden. Und dann bedienen sich die Länder, auch Rheinland-Pfalz, bei der Grunderwerbssteuer. Wer jedoch den jüngeren Generationen wieder zu Eigentum verhelfen und damit auch deren Altersvorsorge stärken will, muss die Steuerschrauben nach unten drehen und darüber hinaus neue Fördermaßnahmen auf Landes- und Bundesebene entwickeln.
Welchen Herausforderungen stehen private Immobilieneigentümer und Kleinvermieter aktuell gegenüber?
Da gibt es viele. Zum Beispiel die Mietpreisbremse. In Rheinland-Pfalz gilt diese Regulierung nach aktueller Rechtslage zwar nur noch bis zum 7. Oktober, die Landesregierung signalisiert aber jetzt schon, dass es weitergehen soll. Und die Bundesregierung hat eine Verlängerung bis Ende 2029 beschlossen; es ist also davon auszugehen, dass sich Finanzministerin Ahnen für Rheinland-Pfalz dem anschließen wird. Dabei sind es in der Summe ja nachweislich gar nicht die Mieten, die das Gros der Menschen drücken, sondern vor allem die von der Politik getriebenen Nebenkosten und hier vor allem die Energiekosten. Das wird leider zu oft übersehen, wenn auf die Vermieter geschimpft wird. Die Politik realisiert offensichtlich seit Jahren nicht, dass die Mietpreisbremse keineswegs so wirkt, wie man sich das wünscht: Der mietende Chefarzt profitiert genauso wie die mietende Krankenpflegerin.
Menschen mit geringerem Einkommen hilft bei der Wohnungssuche oft auch keine Mietpreisbremse. Der Vermieter wird sich im Zweifel für den zahlungskräftigeren Mietinteressenten entscheiden, der keine Mietpreisbremse benötigt. Und dann schreckt diese populistische Politik auch noch Investoren im Wohnungsneubau ab. Menschen, die eine neue Wohnung suchen, sind die Leidtragenden. Besser wäre es, wenn sich unsere Landesregierung das Saarland als Beispiel nimmt, auf eine Mietpreisbremse verzichtet und damit Anreize für den Neubau setzt.
„Durch die Reform wird das Wohnen gegenüber den Gewerbeimmobilien massiv benachteiligt.“
Ralf Schönfeld
Sie erwähnten, dass Hausbesitzer auch durch die Reform der Grundsteuer unter Druck geraten sind…
Das ist definitiv so. Im März und April wollten wir mit einer Umfrage zur Grundsteuer herausfinden, wie die tatsächlichen Belastungsunterschiede zwischen 2024, also der alten Grundsteuer, und 2025 mit der neuen Grundsteuer in Rheinland-Pfalz ausfallen. Dank einer überwältigenden Resonanz von fast 1700 Rückmeldungen liegt nun ein realistisches Bild zur Situation im Land vor. Die Ergebnisse sind niederschmetternd: Durch die Reform wird das Wohnen gegenüber den Gewerbeimmobilien massiv benachteiligt.
Besonders deutlich wird dies bei Einfamilienhäusern, bei denen es in 73 Prozent der Fälle zu einer Mehrbelastung kommt. Teilweise hat sich die bisher zu zahlende Grundsteuer verfünffacht. Umgekehrt fällt bei 88 Prozent der Gewerbeimmobilien deutlich weniger Grundsteuer an. Bei all diesen für das Wohnen bereits schlechten Nachrichten ist zu berücksichtigen, dass das „dicke Ende“ noch kommen wird: Unsere Umfrage fand im Frühjahr statt, die Kommunen können aber noch bis zum 30. Juni 2025 rückwirkend die Hebesätze erhöhen. Viele Städte und Gemeinden haben wegen der klammen Haushaltslage von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Dies wird dazu führen, dass auch bei Mehrfamilienhäusern und Eigentumswohnungen die Mehrbelastung weiter steigt. Um diese Spirale zu stoppen, fordern wir die Abschaffung des in Rheinland-Pfalz angewandten sogenannten Bundesmodells und eine Grundsteuerreform, die Wohnen wieder bezahlbarer macht. Denn auch die Mieter müssen diese von der Politik verursachten Erhöhungen über die Nebenkosten mitbezahlen.

Wo das Wohnen noch einmal teurer wird
Ab Januar greift die Grundsteuerreform in Rheinland-Pfalz – und sorgt für Ärger: Bürger zahlen mehr, Kommunen kämpfen mit Defiziten. Doch Musterklagen und Änderungen in letzter Minute könnten das Gesetz ins Wanken bringen.
Nun hat sich die neue Bundesregierung vorgenommen, dass Mieter wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden sollen. Was sagt die Vermieterseite dazu?
Diese Formulierung ist nicht neutral, sondern eine politisch aufgeladene Aussage, die als Türöffner für weitere Regulierungsmaßnahmen im Mietrecht dient. Die Forderung nach „wirksamem Schutz“ suggeriert, Mieterhöhungen seien per se unangemessen. Das ist Unsinn. Nehmen Sie beispielsweise die in den kommenden Jahren zu erwartenden Investitionen in die energetische Sanierung der Bestandsgebäude als wichtige Maßnahme gegen den Klimawandel und immer höhere Energiepreise. Wenn die Regierung ein Vorhaben wie die Änderung der Modernisierungsmieterhöhung tatsächlich durchsetzt, dann sollen Vermieter investieren, dürfen aber nur begrenzt Kosten weitergeben. Das wird notwendige Vorhaben ausbremsen oder ganz verhindern. Schon beim sogenannten „Heizungsgesetz“, also die seit 2024 geltende Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) der Ampelkoalition, ist doch klar geworden, dass gerade die vielen privaten Vermieter im Land solche Investitionen gar nicht mehr stemmen können oder wollen.
Diese Regelungen sollen nun aber durch ein neues GEG ersetzt werden, das technologieoffener, flexibler und einfacher ist. Aus Ihrer Sicht ein Fortschritt?
Vermutlich wird sich dadurch im Ergebnis wenig ändern. Man wird sich weiterhin an den europäischen Zielen orientieren und bis Ende 2044 Schluss mit den fossilen Heizungen machen. Die im GEG genannten Zwischenfristen werden im besten Fall zurückgenommen, was hilft, den bürokratischen Irrsinn abzubauen. Positiv ist in diesem Zusammenhang zumindest, dass bei der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, die den Druck auf Eigentümer noch verstärken würde, mit keinen nationalen Verschärfungen und weiteren Überforderungen von privaten Eigentümern zu rechnen ist. Dafür ist - ein anderes Thema - zum Schutz gegen Elementarschäden eine Versicherungspflicht in Neuverträgen geplant. Bei Bestandsverträgen soll die Ergänzung zu einem späteren Stichtag erfolgen. Eine Versicherungspflicht jedoch würde wiederum die Kosten des Wohnens für Selbstnutzer und Mieter erhöhen.
„Sämtliche vermeintlichen Entlastungen und steuerliche Hilfen, zum Beispiel zur Eigentumsförderung oder bei der energetischen Sanierung durch Erben, stehen zunächst unter dem Finanzierungsvorbehalt des Koalitionsvertrages. Sie sind damit keineswegs gesichert.“
Ralf Schönfeld
Dafür werden zusätzliche Entlastungen und Förderungen angekündigt ...
Da muss ich leider Wasser in den Wein geben. Sämtliche vermeintlichen Entlastungen und steuerliche Hilfen, zum Beispiel zur Eigentumsförderung oder bei der energetischen Sanierung durch Erben, stehen zunächst unter dem Finanzierungsvorbehalt des Koalitionsvertrages. Sie sind damit keineswegs gesichert. Das gilt im Übrigen auch für die begrüßenswerte Absicht, günstige Mieten steuerlich zu belohnen.
Nach all der Kritik: Was gibt es Positives zu vermelden?
Das Deutsche Institut für Normierung (DIN) hat seinen Entwurf einer Norm für einen Gebäude-TÜV zurückgezogen. Das ist eine gute Nachricht, eine Umsetzung der Norm hätte für Eigentümer und Mieter teure Folgen haben können.
Festakt in Boppard
Beim Festakt im Rahmen des Landesverbandstages von Haus & Grund Rheinland-Pfalz am 27. Juni werden neben dem Landesvorsitzenden Christoph Schöll unter anderem Kai Warnecke, Präsident des Zentralverbandes Haus & Grund Deutschland, und Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln sprechen. Er referiert zum Thema „Neue Bundesregierung - worauf müssen sich private Vermieter einstellen“. ms