Adelige, Sonnenkönige und zahlungskräftige Interessenten sind gesucht. Die Burg Arras bei Alf (Kreis Cochem-Zell) steht seit Kurzem für nicht weniger als 2,75 Millionen Euro zum Verkauf. Das historische Anwesen – erbaut wurde die Burg im frühen 12. Jahrhundert – umfasst ein Grundstück von knapp 246.000 Quadratmetern und bietet eine Wohnfläche von 894 Quadratmetern – von Platzmangel kann hier keine Rede sein. Kinder könnten in den Gemäuern mit den 33 Zimmern vermutlich endlos Verstecken spielen.
Um die Vermittlung dieser besonderen Immobilie kümmert sich Matthias Helzel. Der Immobilienmakler ist Gesellschafter der Vermittlung historischer Immobilien OHG mit Sitz im oberbayerischen Bruckmühl. Der gelernte Hochbau-Konstrukteur beschäftigt sich seit Kindheitstagen mit historischen Anwesen und ist Experte auf diesem Gebiet. Das zeigt sich auch auf seinem YouTube-Kanal „Burgenmeister“. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Matthias Helzel, dass er es sich dort zur Aufgabe gemacht habe, den seit dem 19. Jahrhundert grassierenden Unsinn über Burgen und Schlösser aufzuarbeiten.

Burg Arras steht für fast 3 Millionen zum Verkauf
Die Burg Arras in Alf (Kreis Cochem-Zell) sucht einen neuen Besitzer. Nicht jeder Leser wird sich bei diesen Preisen angesprochen fühlen, aber die historische Anlage steht für 2,75 Millionen Euro zum Verkauf.
Herr Hölzel, wie verkauft man eine Burg?
Im Prinzip läuft das ähnlich wie bei einer Wohnung. Wir nehmen Kontakt zu den Verkäufern auf, machen Fotos, erstellen ein Exposé und starten die Vermarktung. Wir haben in jeder Region einen vorgemerkten Kundenkreis, den wir zuerst kontaktieren. Im Mittelrheintal weiß ich beispielsweise schon, dass ich etwa tausend Leute anschreibe. Wenn wir einen Interessenten haben, dann kann es sehr schnell gehen. Emotionen spielen da eine besondere Rolle. Es ist eine Art Liebschaft mit einem Objekt, die man eingeht. Dann wird der Vertrag verhandelt. Wenn es zu einem Abschluss kommt, sind wir von den Behörden abhängig, wie schnell der Verkauf über die Bühne geht.
Wie ist denn in diesem Zusammenhang der aktuelle Stand bei der Burg Arras im Kreis Cochem-Zell?
Die Burg ist auf unserer Internetseite seit Anfang Mai öffentlich einsehbar. Das ist kein Einfamilienhaus in bester Lage, sondern eine Burg in besonderer Lage. Wir rechnen deswegen schon mit ein bisschen längerer Laufzeit. Das ist ganz normal.
Wie lange dauert es denn normalerweise, eine Burg zu verkaufen?
Wir haben traumhafte Objekte, bei denen ich damit rechne, dass sie innerhalb eines halben Jahres einen neuen Eigentümer finden. Manchmal stehen genau solche Burgen bis zu fünf Jahre in unserem Portfolio. Gleichzeitig gibt es Immobilien, bei denen Freunde ungläubig fragen, wie ich so etwas überhaupt verkaufen will – und dann sind sie nach drei Wochen weg. Es ist total verrückt.
Was war denn die teuerste Immobilie, die Sie verkauft haben?
Eine Burg in Oberbayern für 7,5 Millionen Euro. Das war ein Objekt in perfektem Zustand. Knapp 5 Millionen Euro hat die Burg selbst gekostet, und der Rest waren zugehörige Gebäude.
Was macht einen guten historischen Immobilienmakler aus, bezogen auf Ihren eher ungewöhnlichen Beruf?
Er macht gute Fotos, ist penibel und muss wissen, welche Sanierungen nötig sind. Er kann sich mit den Objekten identifizieren. Wenn ich manche Beschreibungen lese, dann graust es mich. Wenn ein Makler beispielsweise eine 1.000 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche angibt, macht das keinen Sinn. Wohn- und Nutzfläche müssen getrennt werden. Ich kann keinen Keller als Wohnfläche bezeichnen. Was soll das?

Und was unterscheidet den Verkauf einer Wohnung von dem einer Burg?
Ganz einfach: die Atmosphäre. Das ist kein steriler Neubau, sondern ein Haus, das über die Jahrhunderte gewachsen ist. Jede Generation hat etwas Besonderes beigetragen. Wenn ich eine jahrhundertealte Treppe hinaufgehe, ist der Flair ein ganz anderer.
Wie ermittelt sich denn der Marktwert bei historischen Gebäuden? Die Burg Arras steht ja beispielsweise für 2,75 Millionen Euro zum Verkauf.
Das ist ein Betriebsgeheimnis, weil ich diesen Markt seit Jahrzehnten beobachte. Daraus entwickelt sich eine gewisse Erfahrung. Im Hunsrück kann ich nicht den gleichen Preis wie für eine Burg am Mittelrhein ansetzen. Die Lage und der Zustand zählen.
Apropos Sanierungen: Wie kompliziert sind Sanierungen unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes bei historischen Gebäuden?
Natürlich erwerbe ich etwas Besonderes. Da darf ich keine Angst vor dem Denkmalschutz haben. Als Käufer einer denkmalgeschützten Immobilie sollte man nicht jede Einschränkung widerspruchslos hinnehmen – schließlich möchte man in einem bewohnbaren Zuhause leben, nicht in einem Museum. Es muss aber selbstverständlich sein, dass keine historischen Gewölbe oder Stuckdecken entfernt werden. Dennoch möchte man in einem solchen Gebäude zeitgemäß wohnen. Ich benötige ein modernes Bad – ein mittelalterliches Plumpsklo ist keine Option. Ebenso sind moderne Installationen und Sanitäranlagen nach heutigem Standard erforderlich. Wenn man das den zuständigen Damen und Herren von der Denkmalschutzbehörde sachlich erläutert, werden entsprechende Anträge in der Regel auch genehmigt.

Wechseln wir die Perspektive. Neben den historischen Gemäuern sind auch die Interessenten dieser hochpreisigen Immobilien nicht unspannend. Konkret gefragt: Wer möchte eine Burg kaufen?
Das ist ganz unterschiedlich. Im Wesentlichen jeder, der davon träumt in seinem Traumobjekt zu leben. Einige sparen ihr Leben lang auf solche Immobilien. Aber es gibt natürlich auch Millionäre, Milliardäre die sich eine Burg oder ein Schloss zulegen oder Unternehmer, die dort ihren Firmensitz installieren möchten.
Und wer wohnt heutzutage noch auf einer Burg?
Im Privatbesitz sind das oft Adlige, deren Vorfahren früher mal die Geschicke in der Region gelenkt haben. Oder auch ganz normale Privatleute, die sich solche Immobilien leisten. Oft sind das Personen, die der Liebe nachgehen, solche historischen Gebäude zu erhalten.
Hätten Sie zum Abschluss noch eine besondere Anekdote?
Vor Jahren haben wir eine Burg in Franken vermittelt. Dann kam ein Kaufinteressent, der alle verrückt gemacht hat. Der Kauf war noch überhaupt nicht abgeschlossen, da hat sich der Interessent schon als der neue Burgherr inszeniert. Die Burg lag in einem kleinen Ort. Als dort ein Fest war, hat er Freibier für das ganze Dorf ausgegeben. Das Freibier hat er nie gezahlt, und als wir gefragt haben, was denn mit dem Kauf der Burg ist, war er verschwunden. Das ist eine von vielen seltsamen Anekdoten, die wir beim Verkauf historischer Immobilien erlebt haben.
Wer ist Matthias Helzel?
Er ist gelernter Bauzeichner und hat sich als Hochbaukonstrukteur weitergebildet. Die Burgen begleiten ihn aber schon seit seiner Kindheit: „Bevor ich lesen konnte, habe ich schon mein erstes Burgenbuch in der Hand gehalten. Meine Eltern haben mir zuliebe in jedem Urlaub Burgen besucht. Das wurde immer extremer. Ich habe mittlerweile mehrere Tausende Burgen und Schlösser selbst besucht und kenne mehr als 1000 Eigentümer.“
Nach einer schwierigen Phase in der Baubranche lernte er seinen heutigen Geschäftspartner kennen. Im Lauf der Zeit entstand daraus die Idee, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen, das sich auf historische Immobilien spezialisiert. ill.