Rheinland-Pfalz – Angst ist meist der Grund: Immer mehr Frauen in Rheinland-Pfalz wollen ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt bringen. Und die Kliniken kassieren dabei ordentlich, kritisieren Hebammen.
Die Managerin, die ihr Kind passend zum Terminplan auf die Welt bringen will, ist die Ausnahme: Die Gründe, warum sich im Land immer mehr Frauen für eine Geburt per Kaiserschnitt entscheiden, sind vielfältig.
Zumeist spielt aber die Angst vor den Schmerzen, dem Unberechenbaren eine wichtige Rolle. Dabei verdrängen die Frauen, dass der Kaiserschnitt keineswegs die „sichere„ Variante ist, beklagt die Vorsitzende des Hebammen-Landesverbandes, Birgit Aurin. Inzwischen wird fast jedes dritte Kind in rheinland-pfälzischen Kliniken per Kaiserschnitt entbunden. Im vergangenen Jahr wurde 9812-mal diese Methode gewählt, bei 30 089 Geburten war das nach Angaben des Statistischen Landesamtes ein Anteil von 32,6 Prozent.
Aurin sieht die Entwicklung mit Besorgnis: „Ein Kaiserschnitt ist eine Operation mit Risiko, die Frauen sind danach längst nicht so schnell wieder mobil wie bei einer natürlichen Geburt, und auch für das Wohlbefinden des Kindes ist er von Nachteil.“ So kann sich die Atmung des Babys viel besser entfalten, wenn es durch den natürlichen Geburtskanal muss.
Wieso aber sind Kaiserschnitte bei Geburten überhaupt so „angesagt„? Neben den Frauen, die offensichtlich immer öfter Angst vor den Schmerzen haben, machen die Hebammen einen Schuldigen aus: die Politik. „Sie sorgt nicht dafür, dass die Kliniken finanziell und personell ausreichend ausgestattet sind“, meint Aurin. So komme es, dass in Krankenhäusern „schnell mal der Kaiserschnitt gemacht wird„, weil eben nicht genug Personal da sei.
Aurin führt auch noch einen anderen mutmaßlichen Grund für den schnellen Griff zum Skalpell an: „Die Kliniken bekommen von den Kassen einen Kaiserschnitt doppelt so hoch vergütet wie eine natürliche Geburt.“ Auch ein Sprecher der AOK Rheinland-Pfalz betont: „Höhere Erlöse spielen aus unserer Sicht eine Rolle, denn für die Krankenhäuser sind Kaiserschnitte lukrativ – jedenfalls wenn diese medizinisch nicht erforderlich sind.„
Die Krankenhäuser führen dagegen ganz andere Argumente an, warum die Quoten so hoch sind. So heißt es aus dem Gemeinschaftsklinikum Kemperhof in Koblenz: „Von unseren rund 1000 Geburten waren im vergangenen Jahr knapp 40 Prozent Kaiserschnittentbindungen. Der Prozentsatz liegt so hoch, da wir als Perinatalzentrum auch für Risikoschwangerschaften zuständig sind.“ Nach den Worten des Chefarztes der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ulrich Gethmann, wird die natürliche Geburt prinzipiell forciert. „Wir stellen jedoch leider fest, dass viele Schwangere nur unzureichend über die Nachteile eines Kaiserschnitts informiert sind."
Imke Hendrich