Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh
Anhausen/Koblenz – Das Beste kam für den Angeklagten Karl-Heinz B. zum Schluss des Verhandlungstages. Da erteilte Richter Ralf Bock den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags infrage kommt – eine Formulierung, die viele Juristen durchaus als „Wink mit dem Zaunpfahl“ verstehen. Nämlich dahin gehend, dass das Gericht der Anklage wegen Mordes nicht folgen will.
Das würde bedeuten, dass das Hells-Angels-Mitglied aus Anhausen, das im März einen SEK-Beamten durch die geschlossene Tür erschossen hat, nicht mehr unbedingt mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen muss. Denn anders als bei Mord, wo die höchst Strafe zwingend vorgeschrieben ist, liegt das Strafmaß für Totschlag zwischen fünf Jahren und lebenslänglich.
Ansonsten sagten gestern zwei weitere Ex-Bandidos aus. Allen voran Sven, den der frühere „Clubfreund“ L. beschuldigt hatte, „Engel abknipsen“ zu wollen, um sich einen „expect no mercy“-Aufnäher („Erwarte keine Gnade“) zu verdienen. Der stark tätowierte, 30jährige Holländer, der vor Gericht einen häufig flapsigen Eindruck abgab, drehte den Spieß um: Es sei im Gegenteil L. gewesen, der diese „starken Sprüche“ von sich gegeben habe. Er habe sogar davon gesprochen, mit einer Panzerfaust zum Hells-Angels-Clubhaus im Elsafftal fahren zu wollen. Sven selbst sagte dagegen, keine Schrotflinte besessen zu haben, was ein weiterer Ex-Bandido-Anwärter („Hangaround“) und zwei Freundinnen bestätigten.
Ein Gespräch, das mit den Hells Angels stattgefunden hat, unter anderem dem Angeklagten, bezeichneten alle Zeugen als friedlich. Die „Höllenengel“ hätten allerdings von den Bandidos verlangt, entweder wegzuziehen oder aus ihrem Aachener Club auszutreten: Gebietsbereinigung. Dem seien beide später nachgekommen. Dass der Oberstaatsanwalt Sven per Telefon vorlud, bei ihm aber keine polizeiliche Durchsuchung anordnete, nutzte der Verteidiger, um eine ungleiche Behandlung anzuprangern. „Da soll jemand eine Waffe haben und gedroht haben, zu töten, aber da rückt kein SEK an“ wetterte Anwalt Böhm. Oberstaatsanwalt Schmengler entgegnete, „dass sie doch wohl nicht wirklich etwas auf die Aussage des Zeugen L. stützen wollen“. Außerdem habe sich Sven zum Zeitpunkt des Anrufes in Holland befunden.