„Dringend benötigte Spenden zum Wiederaufbau der Handwerksbetriebe liegen seit Monaten auf treuhändischen Konten der Handwerksorganisationen brach“
Vorsitzende des Landesverbands der rheinland-pfälzischen Kreishandwerkerschaften, Gerd Benzmüller
Hintergrund ist der sogenannte Katastrophenerlass des Landes Rheinland-Pfalz. Demnach dürfen Spenden ausschließlich an Privatpersonen ausgezahlt werden, nicht aber an Unternehmen – denn die können grundsätzlich nicht als „bedürftig“ im Sinne des Spendenrechts eingestuft werden. Erhalten sie doch entsprechende Hilfsgelder, gelten die als Betriebseinnahmen – und müssen versteuert werden. Die Folge: „Dringend benötigte Spenden zum Wiederaufbau der Handwerksbetriebe liegen seit Monaten auf treuhändischen Konten der Handwerksorganisationen brach“, sagt Benzmüller.
Die Kritik kam immer wieder und an verschiedenen Stellen auf, sie war deutlich und wurde vom Beifall der Zuhörer untermauert: Die Antragsverfahren stocken, die Auszahlungen der staatlichen Wiederaufbauhilfen für privat nicht versicherte Flutbetroffene lassen auf sich warten.Kritik aus dem Ahrtal: Auszahlungen lassen auf sich warten
Hoffmann wiederum spricht von „einer wirklich komplexen Situation“ und einem Geflecht aus Sonder- und Einzelfalllösungen. Denn tatsächlich können die Betriebe mit den für sie zuständigen Finanzbehörden einen individuellen Weg finden.
Darauf verweist auch das Finanzministerium in Mainz. Spenden an Betriebe gelten demnach zwar „beim Zahlungsempfänger als Betriebseinnahmen“, heißt es von dort auf Nachfrage. Diesen Betriebseinnahmen stünden aber Kosten für Wiederaufbauinvestitionen gegenüber, die von den Empfängern der Unterstützung als Betriebsausgaben wiederum von der Steuer abgesetzt werden könnten. „Es ist also möglich, dass Zahlungen, mit denen den Opfern der Flutkatastrophe geholfen werden soll, den Betrieben zugutekommen“, teilt das Ministerium mit – und gibt zugleich zu: „Die konkrete steuerliche Einordnung hängt stark von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab, sodass standardisierte Betrachtungen nicht möglich sind.“
Es geht auch um Lösungen für künftige Katastrophenereignisse
Doch genau darum geht es den Kreishandwerkerschaften. „Was wir brauchen, sind einheitliche, für alle nachvollziehbare Prozesse“, sagt Hoffmann. Damit das Geld schnell und unbürokratisch dort ankommt, wo es gebraucht wird. „Das hätte auch einen enormen psychologischen Effekt“, ist er überzeugt. Schließlich sicherten die Betriebe Arbeitsplätze und würden für den Wiederaufbau der Infrastruktur gebraucht. Letztlich geht es dem Handwerk dabei auch um Lösungen für künftige Katastrophenereignisse. Denn wenn alles bleibt, wie es ist, führt das Hoffmann zufolge „im Endeffekt dazu, dass es bei den Zuwendungsverteilern eine sehr hohe Verunsicherung bezüglich der Ausschüttung der Zuwendungen gibt, die Zuwendungen, wenn sie denn bis dato ausgeschüttet wurden, erst mit erheblichen Verzögerungen die Betroffenen erreicht haben und somit von Soforthilfe definitiv nicht mehr gesprochen werden kann“. Das müsse man lösen.
Dass es auch anders gehen könne, habe sich bei der Oderflut 2002 gezeigt. Seinerzeit einigten sich Bund und Länder auf steuerliche Ausnahmen für die Annahme von Spenden. Konkret hieß es in einem Erlass der Oberfinanzdirektion München: „Bei Steuerpflichtigen, denen wegen der Hochwasserkatastrophe Spenden im Rahmen der Förderung mildtätiger Zwecke zugewendet werden und die diese im Bereich der Einkünfteerzielung verwenden oder einsetzen (zum Beispiel zur Schadensbeseitigung im Betrieb oder an einem vermieteten Gebäude), liegen keine steuerpflichtigen Betriebseinnahmen beziehungsweise Einnahmen vor; die Zuwendungen erfolgen außerhalb der Einkünfteerzielung.“
Das auch diesmal umzusetzen, täte nicht weh, findet Hoffmann, denn: „Was unterscheidet nun aber ein betroffenes Unternehmen an der Ahr, der Kyll, der Swist oder der Erft von einem Betrieb an der Oder?“