Prozess zu Menschenraub
Gruppe soll Mann entführt haben, um an Drogen zu kommen
Vier junge Männer müssen sich derzeit wegen erpresserischen Menschenraubs vor einer Jugendkammer des Koblenzer Landgerichts verantworten.
Arne Dedert/dpa

Plötzlich soll eine Gruppe von Männern vor ihm gestanden – und ihn unter Vorhalt eines Messers dazu gezwungen haben, mit ihm in ein Auto zu steigen. Dies sagte ein 19-Jähriger nun in einem am Koblenzer Landgericht angelaufenen Drogenprozess aus.

Lesezeit 2 Minuten

Ein Quartett, bestehend aus vier jungen Männern, muss sich derzeit wegen erpresserischen Menschenraubs vor einer Jugendkammer des Koblenzer Landgerichts verantworten. Der Tatort soll Neuwied gewesen sein. Auf der Anklagebank sitzen vier Angeklagte im Alter von 20 bis 22 Jahren. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, die Tat gemeinschaftlich – und teils als Heranwachsende – begangen zu haben. Das Quartett soll demnach davon überzeugt gewesen sein, dass ein 19-Jähriger über Informationen zu einem geheimen Drogenversteck verfüge. Konkret soll es um drei Kilo Marihuana gegangen sein.

Weshalb die Gruppe den 19-Jährigen laut Anklage im Jahr 2023 zu einer Schule im Raum Neuwied gelockt und ihn dort unter Vorhalt eines Küchenmessers gekidnappt haben soll. Dem Opfer sollen unter anderem 200 Euro abgenommen worden sein. Laut Anklage soll die Gruppe mit dem 19-Jährigen in den Folgestunden zu mehreren Orten gefahren sein, um ihn dazu zu bringen, ihnen das Drogenversteck zu zeigen. Dazu kam es aber nicht, weshalb das Opfer geschlagen worden sein soll. Nach etwa zwei bis drei Stunden in der Gewalt der Männer soll die Gruppe den 19-Jährigen wieder zu der Schule gefahren haben.

Erst nach einem Jahr zur Polizei

An der mutmaßlichen Entführung sollen noch weitere Männer beteiligt gewesen sein, die nicht in diesem Prozess angeklagt sind, aber gesondert verfolgt werden, wie es im Gericht hieß. Die Staatsanwaltschaft wirft drei der vier Angeklagten in Koblenz zudem vor, mit Cannabis illegal Handel getrieben zu haben.

Die vier Angeklagten haben allesamt die deutsche Staatsbürgerschaft, einer zusätzlich noch die syrische. Alle vier wurden Ende 2024 festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Laut Anklage soll es mehr als ein Jahr gedauert haben, bis der 19-Jährige der Polizei von der mutmaßlichen Entführung erzählt habe. „Ich hatte Angst“, sagte der 19-Jährige im Gericht. Einer der Angeklagten habe ihm gesagt: „Wenn du das irgendjemandem sagst, dann sehen wir uns wieder.“

Trommelfell gerissen

Durch die Schläge soll das Opfer laut Anklage einen Riss des Trommelfells erlitten haben. Zudem soll der 19-Jährige nun unter psychischen Problemen leiden – paranoider Schizophrenie. Wie er aber selbst als Zeuge angab, wisse er nicht, ob die Erkrankung durch den angeklagten Vorfall ausgelöst worden sein könnte. Er habe jedoch kurz danach plötzlich Stimmen gehört. Der 19-Jährige war wegen Suizidversuchen mehrfach in Kliniken.

Er schilderte die mutmaßlichen Geschehnisse ähnlich wie in der Anklage. Als die Gruppe gemerkt habe, dass bei ihm „nix zu holen“ sei, habe man ihn freigelassen. Der 19-Jährige gab an, nie Drogen verkauft zu haben – aber er habe gekifft. „Ich weiß selber nicht, warum die das gemacht haben“, sagte er. Wie es im Gericht hieß, gebe es aber Indizien, die in Richtung Handel durch den 19-Jährigen deuteten. Einer der vier Angeklagten sagte beim Auftakt, dass er sich entschuldigen wolle. Wofür genau, das sagte er nicht. Zu den Vorwürfen hat beim Auftakt noch keiner der Angeklagten etwas gesagt.

Top-News aus der Region