Adel belichtet
Die Mamarazza aus Sayn: Ein Leben im Jetset
Wenn Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn in der Welt des Jetset unterwegs war, hatte sie immer ihre Kamera dabei. Ihre Fotos der Reichen und Schönen sind ein einzigartiges Archiv der Zeitegschichte.
Fürstin Gabriela Sayn-Wittgenstein

Könige, Filmstars, Superreiche: Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn kannte sie alle. Und sie hatte immer die Kamera für Schnappschüsse zur Hand. Fürst Alexander erinnert sich in einem sehr persönlichen Interview an seine prominente Mutter. 

Lesezeit 11 Minuten

. Keine Fotografin hat so viele Promis vor die Linse bekommen wie Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. In ihrem langen Leben hat die „Mamarazza“ unzählige Könige, Hollywood-Schauspieler und Spitzenpolitiker abgelichtet. Ihr Archiv wird von ihrer Familie auf 200.000 Bilder geschätzt. Nun ist die Fürstin im Alter von 105 Jahren gestorben. Im Exklusiv-Interview mit unserer Zeitung erinnert sich ihr Sohn, Fürst Alexander zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, an die legendären Mittagessen im Jagdhaus der Familie mit den Reichen und Schönen dieser Welt.

„In der Regel gab’s bei uns immer schlechten Wein und Wildgulasch mit Spätzle“, blickt das Familienoberhaupt auf seine Jugend zurück. Die illustren Gäste müssen oft mitanpacken. „Gunther Sachs und Tommy Gottschalk etwa waren berühmt dafür, dass sie ganze Tage in der Küche verbracht und die köstlichsten Spaghetti gemacht haben.“ Die oft schwerreichen Besucher revanchieren sich mit Einladungen an die Fürstin in die ganze Welt.

„Wenn man Jetset so definiert, dass man mit dem Flugzeug durch die Welt jettet, dann stimmt das für meine Mutter“, betont der 82-Jährige. Im Gespräch mit unserer Zeitung erinnert sich der Fürst aber auch an die harte Zeit der Familie nach dem Zweiten Weltkrieg. „Geld war gar keins da“, blickt er in seine Kindheit zurück. „Wir hatten drei Schweine im Stall. Unsere Kühe haben im Schlosspark geweidet.“ Die Fürstin war ihren Kindern gegenüber streng und anspruchsvoll. Hochadel verpflichtet. „Herzenswärme haben wir bei unserer Mutter erst in den letzten 10, 15 Jahren erlebt“, erinnert sich ihr Sohn, der das Vermächtnis der Fürstin bewahren will.

Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn ist im Alter von 105 Jahren gestorben. Zu ihrem Begräbnis kamen Hunderte Familienangehörige.
Elias Dörstel

Fürst Alexander, wir werden gleich noch ausführlich auf die Fotografin Sayn-Wittgenstein-Sayn zu sprechen kommen. Aber wie war sie denn als Mutter? Streng?

Ja, meine Mutter war recht streng. Sie ist in einem Haus aufgewachsen, wo man nicht viel Firlefanz gemacht hat. Auf Gefühle wurde nicht allzu viel Rücksicht genommen. Leiden gab es nicht. Das wurde negiert. Das hat sich natürlich auf das Verhalten meiner Mutter ausgewirkt. Ohne sie kritisieren zu wollen: Meine Mutter war gegenüber uns Kindern viel gefühlsärmer, als das in der heutigen Generation üblich ist. Und sie war sehr anspruchsvoll und fordernd. Natürlich musste gebetet und in die Kirche gegangen werden. Denn sie kam aus einer sehr religiösen Familie. Sie hatte feste Wertvorstellungen und Leitplanken. Als mein Vater gestorben ist, war ich 17. Meine Geschwister wurden in Internate geschickt. Auch das war typisch für die Zeit. Herzenswärme haben wir bei unserer Mutter erst in den letzten 10, 15 Jahren erlebt. Zuvor hat sie ihr Leben zuerst ihrem Mann und nach dessen Tod ihren ungeheuer vielen Freunden geschenkt. Die waren ihr lange wichtiger als die Familie. Aber ich nehme ihr das alles nicht übel. Wir sind eben so aufgewachsen.

Ihre Familie ist nach dem Krieg nach Sayn zurückgekehrt. Bei Hochadeligen erwartet man, dass sie reich sind. Doch das waren Sie damals gar nicht.

Nein. Überhaupt nicht. Geld war gar keins da. Wir hatten drei Schweine im Stall. Unsere Kühe haben im Schlosspark geweidet. Das Schloss war eine Totalruine. Mein Vater hat quasi als Kleinbauer gearbeitet. Wir wohnten im Ort sehr, sehr primitiv zur Miete. Im letzten Haus, das uns nicht gehörte, hatten wir nur zwei Zimmer. In der Küche stand eine Badewanne. Und wenn mein Vater von der Arbeit nach Hause kam, musste unsere Haushaltshilfe ins Schlafzimmer verschwinden, damit er baden konnte. In der Badewanne wurden übrigens auch Schweine geschlachtet. Und in der Küche wurde natürlich Butter geschlagen und Rübensirup hergestellt. Es war also alles sehr eng. Ich bin aber gern auf dem kleinen Bauernhof zwischen den Ruinen aufgewachsen. Das war eine sehr prägende Zeit für mich damals. Besser ging es uns erst, als unser Geld auf den Bankkonten in der Schweiz Anfang der 50er-Jahre freigegeben wurde.

Fürst Alexander zu Sayn-Wittgenstein-Sayn (links) und seine Geschwister wachsen mit Kindermädchen und Gouvernante auf. Ihre Mutter ist streng, aber stolz auf den Nachwuchs. Immer wieder lichtet sie die Jungs und Mädchen ab.
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Ihre Mutter war ja schon immer eine leidenschaftliche Fotografin. Hat sie auch ihre Kinder ständig abgelichtet?

Ja, ob mit Familie oder nicht: Der Fotoapparat war bei ihr eigentlich immer dabei. Sie war ja doch schon sehr stolz auf ihre Kinder. Meine Schwestern waren ja wunderschön. Die wurden dann auch bei allen Gelegenheiten fotografiert. Wir haben also schon von frühester Kindheit an sehr viele tolle Bilder, die sie von uns gemacht hat.

Nach dem Tod Ihres Vaters zogen sie dann wieder nach Österreich um. Irgendwann wird das Jagdhaus zum Tummelplatz der Promis, die zum Mittagessen zu Ihrer Mutter kommen. War sie eine so gute Köchin? Oder lag es an ihrem umwerfenden Charme?

Zum einen hat meine Mutter sehr gut ausgesehen. Sie war gebildet und intelligent. Und sie hat sehr früh erkannt, dass die Besucher der Salzburger Festspiele, die aus den USA oder Asien kommen, überhaupt keinen Kontakt zur österreichischen Bevölkerung hatten. Die saßen den ganzen Tag über im Hotel rum und langweilten sich. Deshalb hat sich meine Mutter überlegt, sie einfach mal zum Essen einzuladen. Einen nach dem anderen. Das waren Menschen, die damals schon echte Berühmtheiten waren.

Ein wenig exzentrisch ist die Fürstin schon. Aber sie gilt als perfekte Gastgeberin für Promis aus aller Welt. Die revanchieren sich mit spektakulären Einladungen.
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Nennen Sie doch mal ein paar Namen.

Also, Leonard Bernstein zum Beispiel. Lilli Palmer. Curd Jürgens. Romy Schneider. Oder Maximilian Schell. Später kamen dann Politiker dazu. US-Präsident Ronald Reagan lernte sie kennen, seine Frau Nancy kam zum Essen. Auch der Schauspieler Sean Connery schaute bei uns vorbei. Und Helmut Kohl natürlich. Irgendwann stieß noch die britische Premierministerin Maggy Thatcher dazu. Die saßen dann alle bei uns im Garten und haben sich unterhalten.

Ihre Mutter muss eine tolle Gastgeberin gewesen sein.

Ja, das war sie. Sie hat ganz bewusst einfache Gerichte serviert. In der Regel gab’s bei uns immer schlechten Wein und Wildgulasch mit Spätzle. Zum Nachtisch servierte sie oft Zwetschgenkuchen. Und sie hat ihre Gäste auch aufgefordert, in der Küche mitzuhelfen. Gunther Sachs und Tommy Gottschalk etwa waren berühmt dafür, dass sie ganze Tage in der Küche verbracht und die köstlichsten Spaghetti gemacht haben. Die Gäste saßen dann auf ganz einfachen Biertischen und Bierbänken mit Wiesenblumen, die wir Kinder für sie gepflückt haben. Die Superreichen fanden meine Mutter sensationell, weil sie den ganzen Schnickschnack nicht mitgemacht hat.

Thea und Thomas Gottschalk sind Stammgäste im Jagdhaus der Fürstin. Ihre Spaghetti waren legendär.
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Die Gäste haben sich dann großzügig bei Ihrer Mutter revanchiert. Sie ist Teil des internationalen Jetsets geworden. Wie muss man sich das Leben der Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn vorstellen?

Wenn man Jetset so definiert, dass man mit dem Flugzeug durch die Welt jettet, dann stimmt das für meine Mutter. Die Leute haben dann immer gesagt: Mani, so wurde sie genannt, Du musst uns unbedingt mal besuchen kommen. Wo immer die Leute auch herkamen: Manila, Kairo, Los Angeles. Meine Mutter selbst hatte nie so viel Geld, um solche Reisen zu machen. Oft wurde sie eingeladen. Lilli Palmer etwa war da sehr großzügig. Aber meine Mutter saß immer ganz hinten in der Holzklasse. So ging es dann ins Weiße Haus nach Washington oder zum philippinischen Präsident Ferdinand Marcos. Da war sie dann als German princess immer der Ehrengast.

Und sie hatte auch immer die Kamera dabei.

Ja, alle wussten, dass meine Mutter überall Fotos macht. Und sie wussten auch, dass sie nichts davon an die Presse weitergibt. Das waren alles private Bilder. Die Filmstreifen hat sie dann bei einem guten Bendorfer Fotografen zum Entwickeln abgegeben. Der musste dann zwei Kopien davon machen. Eine hat sie in ihre Alben eingeklebt, von denen es Hunderte gibt. Die zweite hat sie an die Leute geschickt, die sie eingeladen haben.

Ein Schnappschuss für die Ewigkeit: Die "Mamarazza" lichtet Aristoteles Onassis ab, als der damals wohl reichste Mann der Welt versucht, einen Auspuff zu reparieren. Dabei reckt der Grieche seinen beachtlichen Hintern in die Kamera.
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Dabei sind Ihrer Mutter spektakuläre Schnappschüsse gelungen. Eines zeigt Aristoteles Onassis, den damals wohl reichsten Mann der Welt, wie er unters Auto kriecht, um den Auspuff zu reparieren. Dabei reckt er sein beachtliches Hinterteil in die Kamera. Wie ist es zu diesem Foto gekommen?

Ein guter Freund hat meine Mutter öfter auf seine Jacht ins Mittelmeer eingeladen. Und da haben sie auch die Insel Skorpios in der Ägäis besucht, auf der Onassis eine Villa besaß. Man kannte sich irgendwie von einem Jetset-Ort. St. Moritz oder so ähnlich. Onassis hatte einen Strandwagen, mit dem er von einem Gästehaus zum anderen gefahren ist. Irgendwann muss der Auspuff abgebrochen sein. Dann hat er sich unters Auto gelegt, um ihn zu reparieren. Dabei schaute sein riesiges Hinterteil heraus. Dabei hat meine Mutter abgedrückt. Das Foto war schon ein bisschen grenzwertig, denn normalerweise hat sie keine Bilder gemacht, die den Leuten peinlich sein könnten. Aber sicher hat sie Onassis danach um Erlaubnis gefragt.

Bei dieser Reise hat sie dann ja auch noch die berühmte Opernsängerin Maria Callas vor die Linse bekommen, die damals mit Onassis liiert war.

Ja, sie hat Maria Callas im Meer beim Schnorcheln fotografiert, wobei sie immer einen ihrer beiden Pudel auf dem Rücken mitgenommen hat.

Operndiva mit Pudel: Maria Callas nahm ihren Hund auch zum Schnorcheln mit.
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Jahrzehntelang blieben diese Fotos unveröffentlicht. Wie ist es dann zum ersten Bildband gekommen?

Meine Mutter hat eine Zeit lang auch kommerziell für die Bunte gearbeitet. Lilli Palmer hatte ihr dazu geraten, um ein bisschen Geld zu verdienen. Da stand sie dann auch fünf, zehn Jahre im Impressum als Fotografin. Dabei hat sie die Chefredakteurin Beate Wedekind kennengelernt. Sie hat meiner Mutter irgendwann gesagt: Du musst unbedingt mal eine Ausstellung mit Deinen Fotos machen. Das hat sie dann auch mit alten Schwarz-Weiß-Fotos aus den 40er-, 50er-, und 60er-Jahren in Berlin getan. Die Ausstellung war so erfolgreich, dass ihr fast jeder Besucher geraten hat, ein Fotobuch davon zu machen. Dazu hat sie dann jeden persönlich angeschrieben, der im Buch drin war, um sie um Erlaubnis zu fragen. Fast alle haben zugestimmt. Nur von zwei Leuten kam kein Okay zurück.

Wer war das?

Caroline von Monaco und Arnold Schwarzenegger. Als das Buch dann verlegt worden ist, sind die beiden auf meine Mutter zugekommen, und haben sich beschwert, dass sie nicht drin sind. Dann stellte sich heraus: Caroline von Monaco hat der Brief meiner Mutter nie erreicht. Sie hatte ihre Sekretärin angewiesen, alle Fotoanfragen abzulehnen.

Curd Jürgens (links) und Gunther Sachs waren Stammgäste im Jagdhaus der Fürstin.
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Caroline von Monaco soll Ihrer Mutter auch den Titel „Mamarazza“ verpasst haben. Stimmt das?

Da ist wohl was Wahres dran. Bei einem Fotoshooting hat Caroline meine Mutter im Pressepulk entdeckt und gerufen: Mani, du bist eine richtige Mamarazza! Das ist dann hängen geblieben.

Sogar der spanische König Juan Carlos gehörte zum Freundeskreis der Familie. Wie kam es dazu?

Juan Carlos war schon Ende der 40er- und Anfang der 50er-Jahre ein begeisterter Motorsportfan. Und wenn er am Nürburgring bei Rennen war, hat er uns immer abends in Sayn besucht. Wir sind dann gemeinsam zum Ring hin- und hergefahren. Er war wirklich ein enger Freund der Familie.

Der junge Juan Carlos (Mitte) war ein enger Freund der Familie Sayn-Wittgenstein-Sayn. Der spätere spanische König war immer in Sayn zu Gast, wenn er Rennen auf dem Nürburgring besuchte.
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Der Adelstitel ist in diesen Kreisen also auch ein Türöffner, oder?

Natürlich. Das möchte ich gar nicht abstreiten. Wenn man einen Adelstitel hat und auch noch gut aussieht, hat das selbstverständlich schon geholfen. Und dann war meine Mutter als Witwe auch noch ungebunden. Sie war sehr beweglich. Man konnte ihr also sagen: Komm, wir fahren morgen zum großen Fest des Schahs von Persien nach Persepolis. Dann ist sie ins Flugzeug gestiegen und hingeflogen. Sie konnte aber auch sehr unterhaltend sein und intelligente Konversation machen.

Wie viele Fremdsprachen hat Ihre Mutter denn beherrscht?

Sie sprach perfekt Englisch und sehr schlecht Französisch. Das war es dann auch schon. Aber mit Deutsch und Englisch kam sie überall durch.

Auch für die britische Premierministerin Margaret Thatcher gab's wahrscheinlich Wildgulasch mit Spätzle und Zwetschgenkuchen.
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Ihre Mutter kannte ja auch Prinz Charles sehr gut. Hat er sich jetzt als König zu ihrem Tod bei Ihnen gemeldet und persönlich kondoliert?

Nein, zu ihrem Tod hat er sich nicht bei mir gemeldet. Ich habe ihm aber auch keine Nachricht geschickt. Das ist immer etwas schwierig, wenn man König ist. Dann muss das alles durch die Protokollämter durch. Heute würde ich ihm auch als deutscher Fürst eher distanziert begegnen.

Dabei haben Sie ihn früher als Prinz auch persönlich gut gekannt, oder?

Ja, ich habe sehr enge Momente mit Prinz Charles gehabt. Auch er war bei uns im Jagdhaus zum Mittagessen. Einmal habe ich ihn und Camilla mit einem kleinen, schäbigen Auto im Schlosshotel Fuschl abgeholt. Er hatte in der Nacht kein Auge zugetan, denn die Royal Suite grenzte direkt an die Terrasse. Da wurde eine große Hochzeitsparty gefeiert. Und so hörte er dann aus drei Metern Entfernung die ganze Nacht über Rock ’n’ Roll.

Thomas Gottschalk kam oft mit dem Helikopter zum Jagdhaus der Fürstin nach Fuschl.
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Bei so vielen Promis kann man ja schnell mal den Überblick verlieren. Kannte Ihre Mutter überhaupt alle, die da an ihrem großen Mittagstisch saßen?

Nein. Es gibt da eine Anekdote mit Sean Connery. Der hat mal gefragt, ob er Freunde von den Festspielen mitnehmen dürfe. Klar, sagte meine Mutter. Die kamen dann auch, aber meine Mutter hatte keine Ahnung, wer das war. Als Sohn habe ich mich dann mal vorgestellt und nachgefragt. Die meisten Namen haben mir nichts gesagt. Aber einer sagte Mancini. Der Henry Mancini? Der aus „Pink Panther“? Yes. Dann bin ich sofort zu meiner Mutter gelaufen und habe gesagt: Der Henry Mancini ist hier. Kenne ich nicht, sagte sie. „Pink Panther“ habe sie nie gesehen. Aber das war eben das Schöne. Meine Mutter hat einfach alle ganz normal behandelt.

Der Komponist Leonard Bernstein war Dauergast bei der Fürstin. Die beiden verband eine tiefe Freundschaft.
Sayn-Wittgenstein Collection

Ihre Mutter hat bis zu 300.000 Fotos hinterlassen. Wie viele es genau sind, weiß niemand. Was wird aus diesem großen zeitgeschichtlichen Schatz?

Ich kenne die genaue Zahl auch nicht. Einigen wir uns mal auf 200.000. Was daraus wird, weiß ich noch nicht. Meine Mutter hat ein Testament hinterlassen, das ich mir noch nicht angeschaut habe. Ich vermute, dass sie die Nutzung auf ihre fünf Kinder aufteilen wird. Mit einem Schwerpunkt auf mich und meinen Bruder Peter, weil wir uns bisher am meisten um die Bilder gekümmert haben. Ich habe auch als einziger ein so großes Haus, dass ich alle Negative lagern kann. Also werde ich das Archiv wahrscheinlich irgendwo hier im Schloss verwahren. Wenn das dann irgendwann kommerzialisiert werden sollte, werden wir uns das unter den Kindern teilen. Ich habe aber keine große Lust, meine Mutter zu vermarkten. Getty hätte sicher Interesse an den Fotos und würde viel Geld dafür zahlen. Ich würde es aber lieber gut aufheben. Das ist ja ein immenser Schatz. 100 Jahre Gesellschaft. 100 Jahre Menschen. Alle Berühmtheiten von Max Schmeling über Mohammed Ali bis Sydne Rome und Andy Warhol hat meine Mutter gut gekannt und fotografiert. Ich denke, dass es interessant sein dürfte, das Fotoerbe meiner Mutter mal vernünftig aufzulegen und dann öffentlich zu zeigen.

Das Gespräch führte Dirk Eberz

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