Immer weniger Kinder lernen heutzutage schwimmen. Schulen können diesen Bildungsauftrag oft nicht mehr erfüllen, und auch die Eltern übernehmen die Aufgabe häufig nicht. An dieser Stelle müssen Schwimmvereine herhalten, doch diese sind in Rheinland-Pfalz am Limit.
Die Gründe dafür sind vielfältig, verrät der Vizepräsident des Schwimmverbands Rheinland (SVR) im Gespräch mit unserer Zeitung. Doch ein Faktor fällt den Vereinen besonders zur Last: Laut dem Sportfördergesetz haben alle Sportorganisationen das Recht, Sportstätten für Übungs- und Wettkampfzwecke kostenfrei zu nutzen – mit Ausnahme von Schwimmvereinen.
Steigende Badmieten bedrohen Schwimmvereine
Das besagt Paragraf 15 Absatz 2 des rheinland-pfälzischen Sportfördergesetzes. Den Kommunen sei es demzufolge immer selbst überlassen, ob und wie viel Miete von den Schwimmvereinen für die Badnutzung gefordert wird, erklärt Thomas Wald die Gesetzeslage.
Und genau darin liegt das Problem. Durch die gestiegenen Energiepreise haben sich auch die Nutzungsgebühren erhöht, „das sind erheblich Mehrkosten für die Vereine“, berichtet Wald. Das stellt die Schwimmvereine im Land mittlerweile vor große Herausforderungen. Während mancherorts die Nutzung der Bäder weiter kostenfrei gestattet wird, müssen die Vereine andernorts hohe Gebühren zahlen. „Bei den Preisen gibt es eine riesige Spannweite“, sagt Wald.
„Wir wollen allen Kindern das Schwimmen beibringen, aber die Kosten wirken sich auf die Schwimmausbildung aus.“
Thomas Wald, Vizepräsident Schwimmverband Rheinland
Inzwischen zahlen die Mitgliedsvereine des SVR einer Befragung zufolge durchschnittlich rund 400 Euro wöchentlich dafür, die Schwimmausbildung anbieten zu können. Das sind 18,70 Euro pro Bahn und Stunde. Die Preise für die Badmiete an einem Wettkampfwochenende sind in diesem Mittelwert noch nicht enthalten. Viele Schwimmvereine kämpfen damit, diese Kosten auszugleichen und sich finanziell über Wasser zu halten. Dieser Ausgleich erfolgt meist über eine Preiserhöhung für die Schwimmkurse oder eine Reduzierung der Stunden, um die Ausgaben zu verringern – beides fällt in erster Linie den Mitgliedern zur Last.
Zu diesen Leidtragenden gehören auch zahlreiche Kinder, die schwimmen lernen wollen. Und das oft nicht nur zum Spaß, sondern weil es dabei um eine lebenswichtige Fähigkeit geht, wie es der Verband auf der Website der Petition betont. „Wir wollen allen Kindern das Schwimmen beibringen, aber die Kosten wirken sich auf die Schwimmausbildung aus“, bedauert Wald.

Das bestätigt auch die steigende Nachfrage. „Die Anfängerkurse sind ein Jahr im Voraus ausgebucht“, verrät Patrick Mallmann Vorsitzender des Schwimmvereins (SV) Koblenz 1903. „Immer mehr Kinder bekommen keine richtige Schwimmausbildung, das läuft alles über Vereine, wir übernehmen den Bildungsauftrag“, sagt er.
Dass Kinder weder in der Grundschule noch in der weiterführenden Schule schwimmen lernen, liegt mitunter am Lehrermangel. Und auch an Schwimmbädern fehlt es vielerorts. Erschwerend hinzu kommt laut Mallmann, dass sich Kinder heutzutage grundsätzlich weniger bewegen und motorische Schwierigkeiten aufweisen. „Viele haben sogar Angst vor Wasser und wollen gar nicht erst ins Becken“, beobachtete der SV-Vorsitzende in den vergangenen Jahren immer häufiger. Eine Entwicklung, die fatale Folgen haben kann, denn: „Badeunfälle werden immer mehr, und das Seepferdchen reicht da nicht aus. Das muss weiter gefördert werden“, sagt Mallmann.
Schulen erfüllen Bildungsauftrag nicht mehr
Da Schulen diese Defizite und individuellen Schwierigkeiten der Schüler im Schwimmunterricht nicht mehr auffangen können, betonen Mallmann und Wald wiederholt, wie wichtig eine entsprechende Förderung der Schwimmvereine ist. Dazu gehört auch, dass eine Gleichberechtigung des Schwimmsports gegenüber anderer Sportarten im Sportfördergesetz geschaffen wird. „Klar hat ein Schwimmbad höhere Betriebskosten als eine Sporthalle oder ein Sportplatz“, ist sich der SVR-Vize bewusst, doch das dürfe nicht der Grund sein, weshalb Schwimmvereine mancherorts um ihre Existenz bangen müssen.
Darum hat der SVR im Dezember 2024 eine Petition gestartet, die das Ministerium für Inneres und Sport zu einer Reform des Sportfördergesetzes bewegen soll. Ziel ist es, 12.000 Unterschriften zu sammeln, um die Petition der Bürgerbeauftragten vorlegen zu können, damit diese den Antrag auf direktem Wege im Landtag einreicht.
Unterhaltung von Schimmbädern belastet Kommunen
Die Erfolgschancen, mit der Petition eine Gesetzesänderung zu bewirken, stuft das Innenministerium allerdings als sehr gering ein, wie Pressesprecherin Sarah Heil auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilt. Grund dafür sei, dass sich viele rheinland-pfälzische Kommunen in einer herausfordernden Haushaltslage befinden und ohnehin schon mit „erheblichen Kosten für den Betrieb und die Unterhaltung von Schwimmbädern konfrontiert sind“, erklärt Heil.
Die ungleiche Behandlung des Schwimmsports im Sportfördergesetz ist laut der Sprecherin bereits bei der Verabschiedung 1974 kontrovers diskutiert worden, wurde jedoch wegen „der mit dem Bau und der Unterhaltung verbundenen hohen Kosten von Schwimmanlagen entsprechend entschieden.“
„Schwimmvereine sind schon immer wichtige Institutionen gewesen, um neben Schulen und Eltern mit dazu beizutragen, dass Kindern und Jugendlichen frühzeitig sicheres Schwimmen vermittelt wird.“
Sarah Heil, Pressesprecherin Ministerium für Inneres und Sport
Dadurch, dass das Gesetz jedoch nur besagt, dass „in der Regel“ Schwimmbäder nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, seien die Träger nicht verpflichtet, eine Nutzungsgebühr zu verlangen. Laut Heil nehmen viele Kommunen diese offene Regelung wahr und gestatten den Vereinen und Verbänden eine kostenfreie oder kostengünstige Nutzung.

„Im Zweifel geht es um Leben und Tod“
Viele Schwimmvereine im Land sind aufgrund steigender Badmieten am Limit. Eine Reform des Sportfördergesetztes könnte Abhilfe schaffen, doch die Chancen stehen schlecht. „Eine fahrlässige Entscheidung“, findet unsere Reporterin Kim Fauss.
Auch das Innenministerium weiß: „Schwimmvereine sind schon immer wichtige Institutionen gewesen, um neben Schulen und Eltern mit dazu beizutragen, dass Kindern und Jugendlichen frühzeitig sicheres Schwimmen vermittelt wird.“ Um das auch weiterhin zu ermöglichen, unterstütze das Land Rheinland-Pfalz bereits verschiedene Förderprogramme.
Als Beispiele führt die Pressesprecherin das DLRG-Projekt „Kleinkinderschwimmen“ auf, das jährlich mit 22.900 Euro gefördert wird, oder das Projekt „Kinder lernen schwimmen“, vom Landessportbund, in welches das Land 2024 insgesamt 177.500 Euro investierte. Damit leiste die Landesregierung nach eigenen Angaben einen Beitrag, „um Badmieten und Kursgebühren in einem vertretbaren Rahmen zu halten und die Schwimmvereine zu entlasten“, teilt Heil mit.
Petition des Schwimmverbands Rheinland
Die Petition des SVR läuft noch bis zum 17. Juni. Unter www.openpetition.de/petition/online/kostenfreie-nutzung-schwimmbaeder-durch-sportorganisationen-aenderung-sportfoerderungsgesetz-sportfg kann das Vorhaben des Verbands unterstützt werden.