Wittlich
Freispruch in Prozess um Kirmes-Bluttat vor US-Militärgericht: So reagiert Staatsanwaltschaft auf Vorwürfe
Prozess vor US-Militärgericht zu tödlichem Messerangriff
Das Foto zeigt das Gerichtsgebäude auf der US-Air Base Spangdahlem.
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Die Bluttat bei der Säubrennerkirmes in Wittlich beschäftigt immer noch viele. Nach dem Freispruch eines US-Soldaten vor einem US-Militärgericht äußern Menschen in den sozialen Medien Kritik. Dabei gibt es auch Vorwürfe gegen die deutsche Staatsanwaltschaft. So reagiert die Anklagebehörde.

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Das amerikanische Militärgericht in Spangdahlem hat einen 26-jährigen Soldaten freigesprochen, dem vorgeworfen wurde, einen 28-jährigen Wittlicher auf der Säubrennerkirmes im vergangenen Jahr erstochen zu haben. Die von der Anklage vorgebrachten Beweise hatten die Jury der Geschworenen nicht überzeugt. In dem Fall ermittelte zuerst die Trierer Staatsanwaltschaft, die den Fall dann an die amerikanischen Behörden abgab. Ein Freund des Opfers hat nun auf Instagram und Facebook Beiträge gepostet, in denen er die deutschen Behörden kritisiert – der „Trierische Volksfreund“ (TV) hat deshalb bei der Staatsanwaltschaft Trier nachgefragt.

Der Freund des Opfers wirft den deutschen Behörden unter anderem vor, dass die Staatsanwaltschaft mit einem sogenannten „begründeten Schreiben“ hätte erwirken können, den Fall zu behalten und nicht an die Amerikaner abgeben zu müssen. Außerdem betonte der Freund des Opfers, dass der Angeklagte nach der Tat diese den Behörden gegenüber gestanden hatte: Dieses Geständnis sei zudem Grundlage für die rund 14 Monate dauernde Untersuchungshaft gewesen. Die Posts, in denen diese Vorwürfe erläutert werden, gehen derzeit in den sozialen Medien viral.

Jury nicht von Schuld überzeugt

Allerdings hatte der Angeklagte zu Beginn des Prozesses wiederum auf „unschuldig“ plädiert – im weiteren Verlauf des Prozesses spielte das zurückgezogene Geständnis keine Rolle mehr. So gab es lediglich mehrere Indizien, die auf eine Täterschaft des Angeklagten deuten, darunter beispielsweise die Tatwaffe, belastende Aussagen des Angeklagten und mehrere Zeugenaussagen, von denen allerdings niemand den tödlichen Stich direkt gesehen hat. All dies hatte die Jury nicht überzeugt, sodass es zum Freispruch des Angeklagten kam.

Prozess vor US-Militärgericht zu tödlichem Messerangriff
Das Foto zeigt den Eingang zum Militärgerichtssaal auf der US-Air Base Spangdahlem.
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Auf TV-Anfrage zu den Vorwürfen erklärt die Staatsanwaltschaft Trier in Bezug auf die Abgabe des Verfahrens an die US-amerikanischen Behörden, dass dieser Schritt laut dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut erfolgte. Durch dieses Abkommen habe die Bundesrepublik Deutschland gegenüber den USA und anderen Staaten, die Truppen in Deutschland stationiert haben, darauf verzichtet, ihr Vorrecht der Strafgerichtsbarkeit auszuüben, soweit die Personen der Militärstrafgerichtsbarkeit des jeweiligen Entsendestaates unterliegen. Der Sprecher erklärt: „Auf dieser Grundlage wurde das Verfahren an die US-amerikanischen Behörden abgegeben, nachdem diese zugesichert hatten, dass gegen den Beschuldigten die Verhängung der Todesstrafe nicht in Betracht komme.“

Ausnahmeregel nicht angewandt

Was das „begründete Schreiben“ betrifft, von dem in den sozialen Medien die Rede ist, erläutert der Sprecher: „Es trifft zu, dass das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut eine Ausnahmeregelung enthält, nach der die deutschen Behörden den allgemein erklärten Verzicht auf Ausübung der Strafgerichtsbarkeit im Einzelfall zurücknehmen können.“ Dieser Fall könne eintreten, wenn die Behörden der Ansicht sind, dass Belange der deutschen Rechtspflege die Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit erfordern.“

Dazu sei es aber nicht gekommen, „da nach damaliger Einschätzung keine Zweifel bestanden, dass die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden den Sachverhalt ebenso gründlich ermitteln werden wie deutsche Strafverfolgungsbehörden“. Ebenso habe kein Zweifel daran bestanden, dass US-amerikanische Strafverfahren ebenso wie ein deutsches Strafverfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geführt werde.

Angeklagter hatte sich zur Tat bekannt – um einen Begleiter zu beschützen

Zu dem Vorwurf, dass die Information, dass sich der 26-Jährige zunächst zu der Tat bekannt hatte, im Prozess nicht relevant gewesen sei, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft: Der Beschuldigte habe im August 2023 eingeräumt, “auf das Tatopfer eingestochen zu haben„. Der Mann habe allerdings behauptet, dies getan zu haben, um seinem Begleiter zu helfen, weil dieser von dem Tatopfer attackiert und verletzt worden sei.

An dieser Vernehmung hätten sowohl deutsche Kriminalbeamte als auch Beamte des Office of Special Investigations (OSI) teilgenommen. Die deutschen Beamten hatten den Beschuldigten nach deutschem Strafprozessrecht, die US-amerikanischen Beamten nach amerikanischem Recht belehrt. Zu Beginn des Prozesses hatte der Angeklagte jedoch erklärt, er sei nicht schuldig. Im Prozess wurde somit unabhängig von diesem zurückgezogenen Geständnis untersucht, ob der Angeklagte tatsächlich die Tat verübt hat – mit bekanntem Ausgang. Er wurde freigesprochen.

Gegenüber dem SWR erklärte die Air Base Spangdahlem nun, dass die Militärrichterin das Geständnis “nach sorgfältiger Prüfung„ nicht als Beweis zugelassen habe. Der Grund laut SWR-Berichterstattung: “Anhand einer umfassenden, gesetzlich vorgeschriebenen Analyse der Umstände kam die Richterin zu dem Schluss, dass die Aussage des Angeklagten bei der Polizei nicht freiwillig war.„ Dem Sender gegenüber erklärte außerdem die Trierer Staatsanwaltschaft, dass gemäß Nato-Truppenstatut eine “Rückübernahme" des Verfahrens durch deutsche Behörden nicht möglich sei.

Hans-Peter Linz, red

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