Kehrtwende bei Liberalen
FDP will Straßenausbaubeiträge in RLP abschaffen
Wenn Straßen gebaut werden, müssen Anlieger sich an den Kosten beteiligen - zumindest in Rheinland-Pfalz. Die Opposition will die Baubeiträge seit Jahren kippen, die Landesregierung lehnte diese stets ab. Jetzt hat die FDP ihre Meinung geändert.
Stefan Sauer. picture alliance/dpa

In keinem anderen Bundesland müssen sich Anlieger am Straßenbau beteiligen. Trotzdem hält die Ampel bislang stur daran fest. Die selbst an der Regierung beteiligten Liberalen machen das nun zum Wahlkampfthema.

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Rheinland-Pfalz. Wenn Städte und Gemeinden neue Straßen bauen, bezahlen sie nur einen Teil selbst. Für den anderen Teil müssen die Grundstücksbesitzer direkt aufkommen. Rheinland-Pfalz ist das letzte verbliebene Bundesland, in dem diese verpflichtende Regel gilt. Die an der Landesregierung beteiligte FDP will die Straßenausbaubeiträge nun aber abschaffen. „Wir wollen die Eigentümer in Rheinland-Pfalz entlasten“, sagt FDP-Fraktionschef Steven Wink unserer Zeitung.

Immer wieder war die Opposition aus CDU, AfD und Freien Wählern im rheinland-pfälzischen Landtag in den vergangenen Jahren mit genau dieser Idee gescheitert. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP lehnte jeden Vorschlag ab. Bei der FDP kommt nun aber die Kehrtwende. Die Liberalen hatten die Abschaffung zwar bereits im Wahlkampf 2021 gefordert, das Versprechen in der Regierung aber nicht umgesetzt.

Kehrtwende bei der FDP – aus zwei Gründen

Noch im vergangenen Jahr sagte Ex-FDP-Fraktionschef Philipp Fernis unserer Zeitung: „Derzeit sehen wir keine Möglichkeit, die Beiträge ersatzlos abzuschaffen“. Die finanziellen Spielräume seien eng und die FDP stehe für verantwortungsvolle Haushaltspolitik. Seitdem haben sich allerdings zwei Dinge geändert: Die FDP im Landtag hat mit Steven Wink einen neuen Fraktionschef. Und der sieht jetzt das große Geld kommen. Wink macht die Straßenausbaubeiträge deshalb zum Wahlkampfthema.

Vor wenigen Monaten hat der Deutsche Bundestag ein Milliardenpaket für die Infrastruktur beschlossen. Auch die Bundesländer sollen davon profitieren – Rheinland-Pfalz mit knapp 5 Milliarden Euro über die kommenden zwölf Jahre. Wink von der FDP will einen Teil davon nutzen, um die Beiträge abzuschaffen. Eigentlich hatte er die Milliardenverschuldung scharf kritisiert. Nun müsse wenigstens direkt etwas in die Entlastung der Bürger fließen, sagt er. Eigentümer seien in den vergangenen Jahren immer stärker zur Kasse gebeten worden.

Kann sich die FDP in der Koalition durchsetzen?

Viele Bundesländer haben die Beteiligung der Bürger an den Straßenausbaubeiträgen längst abgeschafft, andere haben es ihren Städten und Gemeinden zumindest freigestellt, die Anlieger zur Kasse zu bitten. Ob sich die FDP nun damit bei ihren Koalitionspartnern SPD und Grünen durchsetzen kann, ist allerdings fraglich.

Der zuständige Innenminister Michael Ebling (SPD) hatte der Idee im vergangenen Jahr noch eine klare Absage erteilt. Wer die Abschaffung wolle, fordere „letztlich nichts anderes als eine Mehrbelastung aller Steuerzahler“, sagte er unserer Zeitung. Bei einer Abschaffung der Beiträge würden die Kosten für den Straßenbau nicht wegfallen, stattdessen müssten nicht nur die profitierenden Anlieger, sondern alle Bürger dafür aufkommen.

Was würde eine Abschaffung kosten?

Erst im vergangenen Jahr hatte das Land die Finanzierung des Straßenbaus etwas angepasst. Seitdem müssen sich mehr Anlieger an den Kosten beteiligen, zuvor waren es nur wenige Anwohner. Die Opposition hält auch das für ein hochbürokratisches System.

Unklar ist derweil, wie hoch die Kosten für das Land wären, die Beiträge ganz abzuschaffen. Wink von der FDP geht von 50 bis 70 Millionen Euro pro Jahr aus. Eine genaue Kalkulation gibt es aber noch nicht. Fraglich ist auch, ob die Millionen aus dem Bund für Infrastruktur überhaupt dafür verwendet werden können. In den kommenden Wochen soll es Gespräche innerhalb der Ampel-Regierung geben, was mit dem Geld in Rheinland-Pfalz passiert. Dort könnte sich auch entscheiden, ob die Straßenbaubeiträge im letzten Bundesland fallen.

Bund der Steuerzahler begrüßt FDP-Vorstoß

Der Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz begrüßt die Initiative der FDP zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, teilt Geschäftsführer René Quante mit. Damit unterstütze nun eine weitere Partei dieses Anliegen, dem sich bereits CDU, Freie Wähler und AfD angeschlossen haben. Kritik übt der Verband an SPD und Grünen, die an der Pflicht zur Beitragserhebung festhalte: „ Kein anderes Bundesland außer Rheinland-Pfalz zwingt seine Kommunen zur Beitragserhebung.“

Wiederkehrende Beiträge seien noch bürokratischer und ungerechter als einmalige, so Quante. Die angeblich hohen Kosten für das Land hält er für ein vorgeschobenes Argument: Andere Bundesländer hätten die Abschaffung längst umgesetzt und die „angebliche Unbezahlbarkeit der Abschaffung“ als „Unsinn entlarvt“. Quante bekräftigte: „In RLP hält man nur an diesem Märchen fest, weil die SPD-geführten Landesregierungen es seit zwei Legislaturperioden nicht geschafft haben, eine belastbare Erhebung des Beitragsaufkommens durchzuführen.“ red

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