Mit dem Mindestlohn ist es wie mit fast allem im Leben: Er ist eine zutiefst zweischneidige Angelegenheit, weil er Nebenwirkungen vielfältigster Art erzeugt. Es kommt einerseits zumindest anfänglich mehr in manchem Portemonnaie an, andererseits steigen für Betriebe die Kosten und für Kunden unausweichlich die Preise. Und das nicht nur wegen des Mindestlohns selbst: Auch das gesamte übrige Lohn- und Gehaltsgefüge wird sich mit ihm und wegen ihm unweigerlich nach oben entwickeln.
Die Preisspirale frisst die Wirkung sofort auf
Das ist die erste von mehreren Widersinnigkeiten, von denen die gesamte Mindestlohndebatte durchzogen ist. Sie spielt sich nicht im luftleeren Raum ab, sondern mitten im Leben. Vor allem im Leben derer, die heute schon schauen müssen, wie sie zurechtkommen. In dem Moment, wo der Mindestlohn seine Wirkung entfaltet, löst er sofort die nächste Preisspirale aus und frisst dann eben diese Wirkung wieder auf. Die Mindestlohn-Fans werden dann scheinheilig die Handflächen nach außen drehen und sich das alles nicht erklären können. Und die nächste Mindestlohn-Runde fordern.
Die zweite Widersinnigkeit tritt verlässlich auf den Plan, wenn man auf die erste hinweist: Kritiker der Kosten- und Preistreiberei werden als unsozial gebrandmarkt. Man gönne denjenigen, die vom Mindestlohn profitieren, ihn nicht. Das ist populistischer Quatsch. Nur: Die höheren Kosten und Preise verdampfen nicht. Und das Geld, das dieses System am Laufen hält, kommt weder von einer Bank noch vom Himmel, sondern vor allem aus der Wirtschaft, die all das stemmen und dafür Lösungen finden muss. Sofern diese sich vor allem auf der Produktivitätsseite noch finden lassen.
Die Bezüge zur Realität gehen weiter verloren
In manchen Branchen zeichnen sich die Folgen ab: Erdbeeren oder Spargel kommen dann - ganz klimafreundlich - nur noch aus Südeuropa. Andere werden Angebote einstellen oder radikal umstellen. Das Spektrum der Betroffenen ist maximal breit, es reicht vom Einzelhandel und Dienstleister über die Landwirte und Winzer und der Gastronomie bis hin zu den Zeitungsverlagen, wo sich die Zustellung dramatisch verteuern wird.
Diese Argumente waren und sind alle bekannt. Sie interessieren aber weiterhin vor allem dort nicht, wo man noch nie rechnen musste oder das offenkundig nicht will: unter Funktionären und Berufspolitikern, die schon lange den Bezug zur Realität verloren haben – oder ihn noch nie hatten. Da sind die Linken mit ihrer neuen Frontfrau Heidi Reichinnek, die den Kapitalismus gleich ganz überwinden wollen, wenigstens noch erfrischend ehrlich. Andere – die SPD vorneweg – drehen ihm einfach immer weiter die Luft ab. Und die CDU? Schaut um des Regieren-Könnens zu. Ein Trauerspiel.
Wir verteilen immer mehr Geld für euch
Dabei ist die neue Regierung doch angetreten, um die viel zitierten kleinen Leute zu entlasten. Aber wie durchdacht und nachhaltig ist eigentlich eine Politik, die auch für Normalverdiener am Ende stumpf Kosten treibt und gleichzeitig denen, die vom Mindestlohn profitieren sollen, an anderer Stelle weiter nicht hilft? Zum Beispiel bei der Stromsteuer. Fragen, die sich offensichtlich in Berlin niemand stellt. Stattdessen greift man einfach immer tiefer in die Taschen derer, die dieses Land am Laufen halten: Gebt uns immer mehr Geld, wir verteilen es schon für euch. Man nennt das Sozialismus. Wohin der führt, ist bekannt.