Doch wird sie den Brand der dortigen Flüchtlingsunterkunft auch deshalb nicht vergessen haben, weil sie damals die Leiche des einzigen Opfers der Brandnacht in Augenschein nehmen musste.
Rückblick: In der Nacht vom 18. auf den 19. September 1991 soll Peter S. aus rassistischen Motiven das Flüchtlingsheim in Saarlouis in Brand gesteckt haben. Mehr als drei Dekaden später muss der Saarländer sich dafür am Koblenzer Oberlandesgericht verantworten: 2019 nämlich hatte eine Zeugin bei der Polizei zu Protokoll gegeben, dass Peter S. bei einem Grillfest damit geprahlt habe, die Unterkunft als 20-Jähriger angezündet zu haben.
Dutzende Reporter stehen am Mittwochmorgen vor dem Koblenzer Oberlandesgericht Schlange, wenige Meter weiter demonstrieren die Gruppe „Aktion 3. Welt Saar“ sowie die Antifa mit Plakaten und Transparenten.Mord verjährt auch nach 31 Jahren nicht: Angeklagter soll 1991 Flüchtlingsunterkunft angezündet haben
Der Generalbundesanwalt wirft dem heute 51-Jährigen in Folge Mord und 20-fachen versuchten Mord vor. Denn ein Mann – der 27-jährige Ghanaer Samuel Kofi Yeboah – überlebt den mutmaßlichen Brandanschlag nicht.
DRK und Feuerwehr schaffen es im September 1991 zwar noch mit vereinten Kräften, den Ghanaer aus der Brandruine zu befreien; er erliegt indes einige Stunden später in der St.-Elisabeth-Klinik Saarlouis seinen schweren Brandverletzungen. Todesursache laut Obduktionsbericht: „Herzkreislaufversagen in Folge 100 prozentiger Brandeinwirkung mit Verbrennungen zweiten und dritten Grades“.
Wie an Verhandlungstag drei deutlich wurde, brauchte die Nachtschwester, die Yeboah während seiner letzten Stunden im Krankenhaus betreute, nach ihrer Schicht psychologischen Beistand: Der 27-Jährige soll sie verzweifelt immer wieder nach Wasser angefleht haben. Dann stirbt er.
Im Zuge der Ermittlungen nimmt die eingangs erwähnte Polizeianwärterin die Leiche wenig später in der Klinik in Augenschein. Zwei Lichtbilder werden geschossen, die am Dienstag auch im Koblenzer Gerichtssaal gezeigt werden. Bilder, die bei allen Anwesenden Fassungslosigkeit auslösten.
Da lag ein total verkohlter Körper, von dem man sich nicht vorstellen kann, dass er noch gelebt haben kann.
Eine Polizistin am Dienstag im Oberlandesgericht. Die Frau nahm den Leichnam von Samuel Kofi Yeboah 1991 in einer Leichenhalle in Augenschein.
Die Polizeibeamtin erinnert sich im Gericht so an die mehr als 30 Jahre zurückliegende Situation in der Leichenhalle zurück: „Da lag ein total verkohlter Körper, von dem man sich nicht vorstellen kann, dass er noch gelebt haben kann.“ Auch bei der Beerdigung des Ghanaers wird die Beamtin später anwesend sein.
Rheinland-Pfalz. Lässt sich der mörderische Brandanschlag auf ein Asylbewerberwohnheim in Saarlouis vom 18. September 1991 heute noch aufklären? Und kann der Angeklagte Peter S. (51) als Täter überführt werden?Mörderisches Feuer in Asylwohnheim 1991: Angeklagter spricht über seine Kindheit
Am dritten Verhandlungstag wurde zudem deutlich, dass Yeboah panische Angst vor einer Abschiebung hatte. Laut einem Arztbericht soll er geglaubt haben, dass er in Ghana sofort inhaftiert werde, dass ihm dort sogar der Tod drohe.
In der Folge soll er schwere Depressionen entwickelt haben, zwischenzeitlich sogar suizidgefährdet gewesen sein. Der Mediziner resümierte, dass eine Zwangsabschiebung zu einer psychischen „Entgleisung“ des Mannes führen – und somit nicht gestattet werden könne.
Nazi-Experte soll sprechen
Die Nebenklage stellte am Dienstagmittag den Antrag, zwei weitere Sachverständige als Zeugen zu laden: Einen Experten für die Neonaziszene, ferner einen Historiker, der sich intensiv mit den rassistisch motivierten Ausschreitungen von Hoyerswerda zwischen dem 17. und 23. September 1991 beschäftigt hat.
Die Nebenklage möchte so versuchen zu beweisen, dass Peter S., der seit April 2022 in U-Haft sitzt und die Vorwürfe bisher bestreitet, in der mutmaßlichen Tatnacht bereits von anderen ausländerfeindlichen Angriffen hätte wissen können. In zwei Wochen sollen Stellungnahmen zu diesem Antrag im Gericht verlesen werden.