Gelegt soll das Feuer der damals 20-jährige Peter S. – aus rassistischer Gesinnung und zu einer Zeit, als es mehrere rassistisch motivierte Übergriffe in der sächsischen Stadt Hoyerswerda auf Unterkünfte gab. Die Bundesanwaltschaft hat ihn vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz wegen Mordes und 20-fachen versuchten Mord angeklagt. Danach hat der Saarländer Benzin auf die Holztreppe des Heims geschüttet und diese angezündet. Die Flammen breiteten sich rasant aus und wurden für Yeboah zur tödlichen Falle.
Beide Beine gebrochen
Als der Zeuge damals mitten in der Nacht von den Schreien aufwachte, konnte er die Tür nicht mehr öffnen. Die Klinke war zu heiß, Rauch strömte unter der Tür ins Zimmer. Da sprang er – blieb anders als zwei andere Bewohner, die sich bei Sprüngen die Beine brachen, unverletzt. Als Yeboahs Schreie verstummten, befürchtete er das Schlimmste. Feuerwehrleute hätten den Mann – bis auf die Augenpartie ganz in Folie eingewickelt – ins Krankenhaus gebracht, wo ihn die Ärzte nicht mehr retten konnten.
Der Mann aus Ghana, der wohl auch die Rolle eines Hausmeisters hatte, sei sehr freundlich und beliebt gewesen. Für den Zeugen kommen die schrecklichen Erlebnisse vor damals wieder hoch, sagt der dem Vorsitzenden Richter Konrad Leitges. Seinen Kindern habe er darüber nie etwas gesagt. Der Mann musste mit dem Trauma allein fertig werden, wie deutlich wird. Interessant: Als in seine zweite Unterkunft von einem Motorrad ein Molotowcocktail geworfen wurde, sei die Polizei erst eine Stunde nach dem Notruf gekommen. Da hätten die Bewohner das Feuer schon gelöscht. Vernommen habe ihn die saarländische Polizei nicht, die auch nach dem Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft relativ schnell die Akten schloss. Erst die Bundesanwaltschaft rollte die schrecklichen Geschehnisse wieder auf, nachdem sich im Oktober 2019 eine Zeugin gemeldet hatte. Peter S. habe sich mit der Tat bei ihr gebrüstet. Der frühere Skinhead steht vor dem OLG Koblenz, weil dies in Staatsschutzfällen auch fürs Saarland zuständig ist.
Ein zweiter Überlebender wohnte damals im Erdgeschoss, hörte die Hilfeschreie, konnte aber nicht mehr helfen, weil beißender Rauch den Weg versperrt habe. Mit einem anderen Mann habe er Matratzen nach draußen geschafft, damit sich Eingeschlossene beim Sprung aus dem Fenster nicht verletzen. Der schwer zu verstehende Mann will kurz vor dem Brandausbruch Schatten vor seinem Fenster und dann eine blonde Frau gesehen haben, die schnell zu einem Auto lief. Möglicherweise sei dies auch der Wagen gewesen, der dann mit quietschenden Reifen davongefahren sei. Wie dies einzuordnen ist, bleibt zunächst offen.
„Hier müsste auch so was brennen“
Die Bundesanwaltschaft geht mit Oberstaatsanwalt Malte Merz davon aus, dass die Skinheads bei mehreren Bieren und Schnäpsen mit Blick auf Hoyerswerda gemeint hätten: „Hier in Saarlouis müsste auch mal so was brennen.“ Der Anklagte Peter S. will aber nach der Kneipenrunde „sofort nach Hause gegangen sein“. Sein Verteidiger, Prof. Guido Britz, weist daraufhin, dass die Pogromstimmung „historisch“ noch gar nicht ins Saarland umgeschlagen sein könne, weil erst nach der Tat in Saarlouis in Sachsen Molotowcocktails auf eine Flüchtlingsunterkunft geflogen seien. Nur vor der Tat in der saarländischen Kleinstadt wurde bereits in Hoyerswerda eine Unterkunft für Vertragsarbeiter aus Mosambik und Vietnam mit Steinen und Molotowcocktails von Neonazis angegriffen.
Der Angeklagte gibt zu, dass er rechtsradikal war, über Bekanntschaften aus zwei Haftaufenthalten zu den Skinheads stieß, seit etwa Juni 1991 eine Glatze mit Tattoo trug und bei Demos Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ brüllte. Die Tattoos interessieren auch den Oberstaatsanwalt: Trägt er auch ein Motiv mit Paulchen Panther – der Trickfilmfigur, mit der der mordende NSU sein widerliches Bekennervideo versah? Den zeitlichen Zusammenhang zwischen Video und Tattoo ist für den Ankläger ziemlich auffällig. Peter S. will dies herunterspielen. Er habe sich viele Comicfiguren tätowieren lassen, Paulchen Panther habe gerade „noch dazwischen gepasst“. Fragen der Vertreter der Nebenklage will er danach nicht beantworten. Der Prozess wird bis weit ins Jahr 2023 fortgesetzt.