Was sagen die Mediziner?
Die deutschen Intensivmediziner pochen unmittelbar vor den Beratungen auf einen strengeren Lockdown mit Verschärfungen des Kontaktverbots. „Ich erwarte von den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin, dass sie sich an diesem Montag auf bundesweit einheitliche und ganz einfache Verschärfungen einigen“, sagte Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (Divi), unserer Redaktion. „Es ist jetzt entscheidend, dass alle Länder die gleichen Maßnahmen umsetzen und diese leicht zu verstehen sind. Diese können nur sein, dass wir zurückkehren zu einem strengeren Lockdown wie Anfang März, Schulen und Kitas bis zur tatsächlichen Verfügbarkeit ausreichender Tests wieder schließen und die Kontaktmöglichkeiten massiv beschränken.“
Was ist mit dem Osterurlaub?
Ende März/Anfang April beginnen die Osterferien. Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen werben für einen kontaktarmen Osterurlaub im jeweils eigenen Bundesland. Dort solle Urlaub in Einrichtungen mit Selbstversorgung und eigenen sanitären Anlagen möglich sein, heißt es. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, für Landeskinder könne „autarker Urlaub möglich sein – also innerhalb der Grenzen Sachsen-Anhalts, etwa im Harz“. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kritisierte: „Dass aber Flugreisen nach Mallorca möglich sind, jedoch kein Urlaub an Nord- oder Ostsee, passt nicht zusammen.“ Er mahnte eine Strategie für die Ostertage an. CSU-Chef Markus Söder betonte, er könne verstehen, dass die Menschen Urlaub machen wollten, und er sehe, dass sich die Debatte wegen der Reisen nach Mallorca verändert habe. Damit die Relation gewahrt bleibe, brauche es in jedem Fall eine Testpflicht für Mallorca-Rückkehrer und verbindliche Quarantäneregeln.
Wie geht es an den Schulen weiter?
Die deutschen Lehrer wehren sich angesichts der hohen Inzidenzzahlen gegen das Festhalten am Präsenzunterricht. „Wenn es den Bundesländern ernst damit gewesen wäre, Schulen trotz stark steigender Inzidenzzahlen offen zu halten, hätte man dafür sorgen müssen, dass jetzt Lehrkräfte geimpft und Schulen mit Schnelltests in ausreichender Zahl ausgestattet sind. Davon sind wir aber an neun von zehn Schulen noch meilenweit entfernt“, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, unserer Zeitung. „Ich habe deshalb auch kein Verständnis für den Vorstoß der Kultusministerkonferenz, weiter am Präsenzunterricht festzuhalten, auch wenn die Inzidenzen über 100 klettern, was in der Hälfte Deutschlands schon der Fall ist. Das ist mit Blick auf die Infektionsgefahr nicht verantwortbar.“
Was fordern die Gastronomen?
„Hotels und Gaststätten brauchen endlich eine Perspektive“, sagte Ingrid Hartges, Chefin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), unserer Zeitung. Seit dem 2. November sind die Betriebe geschlossen. „Der Endlos-Lockdown ist keine Lösung, er führt zu maximalem Frust. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt inzwischen deutlich.“ Die Lage in der Branche sei alarmierend: „Mehr als 70 Prozent der Unternehmen fühlen sich existenziell bedroht.“ Zudem fordert Hartges widerspruchsfreie Lösungen: „Es versteht keiner, dass Urlaub auf Mallorca möglich ist und zeitgleich unsere Betriebe geschlossen sind.“ Nur einzelne Bundesländer wie beispielsweise Rheinland-Pfalz planen ab heute eine Öffnung der Außengastronomie. Die Hilfsgelder kämen schleppend an, beklagte Hartges: „Bei rund 15 bis 20 Prozent der Unternehmen ist bis heute keine November- und Dezemberhilfe angekommen, davon betroffen sind auch größere Arbeitgeber, die mit dem Rücken zur Wand stehen“, sagt Hartges und fordert, dass die Hilfen für November und Dezember im März bei allen zur Auszahlung kommen.
Was will der Handel?
Viele Geschäfte können zwar derzeit Kauf auf Termin anbieten (Click and Meet), doch das kann die Umsatzausfälle nur teilweise ausgleichen. „Wir müssen weg von dem Jo-Jo-Lockdown, der Handel braucht endlich dauerhafte Öffnungsperspektiven, die Kollateralschäden wachsen ins Unermessliche“, sagte Peter Achten, Chef des Handelsverbands NRW. Jeder Tag Lockdown koste allein den Einzelhandel in NRW 200 Millionen Euro an Umsatz. Selbst mit Click and Meet sei es noch ein hoher zweistelliger Millionenbetrag. Achten betonte: „Der Handel ist kein Infektionstreiber. Mir ist kein Fall bekannt, wo Gesundheitsämter im Rahmen der Kontaktnachverfolgung Daten bei Händlern abgefragt haben.“