Rheinland-Pfalz
Ermittlungsmethode steht vor dem Aus: Kommen Enkeltrick-Betrüger künftig ohne Strafe davon?
Vor allem alte Menschen sind häufig Opfer von Telefonbetrügern
Bei Anruf Betrug: Beim Enkeltrick nutzen Kriminelle die Einsamkeit älterer Menschen aus. Den Gaunern auf die Spur zu kommen, ist schwer, zumal Polizei und Staatsanwalt eine Methode nicht mehr nutzen dürfen.
Roland Weihrauch. dpa

Um Enkeltrick-Betrügern auf die Spur zu kommen, gibt es vor allem eine vielversprechende Ermittlungsmethode. Die ist nun nicht mehr erlaubt. Der Justizminister fordert von der Bundesregierung eine Änderung.

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„Hallo Oma, ich bin’s – dein Enkelchen.“ So beginnen sie häufig, die Telefonate. Mit dem eindringlichen Zusatz: „Ich brauche Geld“. Als Gründe werden dann Unfälle oder sonstige Notlagen genannt. In einer anderen Variante ist es ein falscher Polizist, der vorgibt, nur mit dem Geld der Großeltern könne die Inhaftierung des Enkels verhindert werden. Nicht selten sind die Betrüger erfolgreich. Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums gab es allein beim Enkeltrick im vergangenen Jahr 7509 Versuche mit dieser Masche, an Geld zu kommen. Die Fallzahl stieg gegenüber 2022 deutlich an. Um den Tätern auf die Spur zu kommen, gibt es hauptsächlich eine Ermittlungsmethode. Und die steht vor dem Aus.

Wie die Polizei die Täter ermitteln kann

Beim Enkeltrickbetrug ist die Aufklärungswahrscheinlichkeit laut Justizministerium ohnehin gering. Es sei denn, das Opfer informiert die Polizei vor der Geldübergabe und die Betrüger können auf frischer Tat ertappt werden. Passiert das nicht, haben die Ermittler nur wenig Alternativen. Beim Enkeltrick sind üblicherweise mindestens drei Personen involviert: ein Anrufer, ein Logistiker und ein Abholer.

Vor allem letzterer trägt in der Regel ein Handy bei sich. Die Geräte loggen sich selbstständig in die Funkzellen ein, in deren Umgebung sich der Besitzer befindet. Wenn also der Zeitpunkt der Geldübergabe bekannt ist, kann mittels der sogenannten Funkzellenabfrage das Handy eines der Täter ermittelt werden. Das wiederum führt die Ermittler über die Mobilfunkanbieter auf die Spur der Täter.

Enkeltrick: Funkzellenabfrage ist nicht mehr erlaubt

Diese Funkzellenabfrage ist an strikte Bedingungen geknüpft. Staatsanwaltschaft und Polizei brauchen dafür eine richterliche Genehmigung. Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) geht davon aus, dass es diese in Zukunft nicht mehr geben wird. Der Grund: Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte Anfang des Jahres ein Urteil aufgehoben, das auf einer Funkzellenabfrage der Ermittler gründete. Laut BGH ist diese Methode nur für besonders schwere Straftaten erlaubt. Diebstahl und Betrug zählen nicht dazu.

„Es wird die Einsamkeit der Menschen ausgenutzt“

Wenn andere Richter sich nun an diesem Urteil orientieren, hätten die Strafverfolgungsbehörden kaum noch Mittel gegen die Enkeltrickbetrüger in der Hand. „Für Polizei und Staatsanwaltschaft ein unbefriedigender Zustand“, sagte Mertin kürzlich. Gerade weil die älteren Menschen eines besonderen Schutzes bedürften. „Es wird die Einsamkeit der Menschen ausgenutzt“, so der Justizminister. Mertin fordert deshalb von der Bundesregierung eine gesetzliche Änderung – sodass die Funkzellenabfrage auch für diese Straftaten erlaubt würde. Sie sei nicht das Allheilmittel gewesen, „aber das Beste, was wir haben“.

Enkeltrick beliebte Masche bei Betrügern
Mehr als 7500- mal versuchten Betrüger im vergangenen Jahr, mit dem Enkeltrick ältere Menschen am Telefon um ihr Geld zu bringen.
Karl-Josef Hildenbrand. picture alliance/dpa

Ob Ermittlungen gegen den Enkeltrick im Land schon am Urteil des BGH gescheitert sind, ist dem Justizministerium nicht bekannt, wie es von einem Sprecher heißt. Bei der Trierer Polizei ist das rechtliche Problem ebenfalls bekannt, wie ein Pressesprecher auf Anfrage erklärt. Derzeit führe das aber noch nicht zu konkreten Ermittlungsproblemen.

Gibt es eine Gesetzesänderung?

Ein Ausweg könnte sich demnächst auf Bundesebene abzeichnen. Nicht nur Rheinland-Pfalz fordert Änderungen. Auch andere Bundesländer haben das – mindestens drohende – Problem erkannt. Berlins Justizsenatorin, Felor Badenberg (CDU), brachte kürzlich in einem Interview mit der “Berliner Morgenpost" eine Bundesratsinitiative zum Schutz älterer Menschen ins Spiel. „Eine derartige Regelungslücke darf nicht sein.“ Es gebe keinen plausiblen Grund, weshalb bei diesem gewerbsmäßigen Betrug Verkehrsdaten nicht überwacht werden dürften. Badenberg verspricht sich gute Chancen. Unterstützung könnte es womöglich aus Rheinland-Pfalz geben.

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