Mittelrhein
Englert: Mittelrheintal ist keine romantische Dichterwerkstatt

Mittelrhein - Die landesregierung will im engen Kontakt mit den Bürgern die Mittelrheintalbrücke verwirklichen: Siegfried Englert, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium, im Gespräch mit unserer Zeitung.

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Mittelrhein Im engen Dialog mit dem Unesco-Welterbekomitee und mit den Bürgern im Mittelrheintal soll die Brücke zwischen St. Goar-Fellen und St. Goarshausen-Wellmich geplant und dann auch gebaut werden.

Das sagt Siegfried Englert, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Hier das Interview im Wortlaut:

Herr Staatssekretär, der Beschluss des Unesco-Welterbekomitees vom 28. Juli bei der 34. Sitzung in Brasilia zur geplanten Brücke bei Fellen/Wellmich wird unterschiedlich interpretiert. Hat die Landesregierung die Ergebnisse von Brasilia etwa zu euphorisch dargestellt?

Auf keinen Fall. Der Beschluss von Brasilia ist „Unesco-gemäß“ vorsichtig formuliert, gleichwohl aber eindeutig hinsichtlich unserer nächsten Schritte auch im Blick auf die Welterbeverträglichkeit. Er nimmt unseren Vortrag hinsichtlich einer Brückenoption zwischen Wellmich und Fellen auf. Im Beschluss wird die Landesregierung aufgefordert, den engen Dialog wie bisher mit Blick auf das nun beginnende Raumordnungsverfahren aufrecht zu erhalten, was wir gerne tun werden. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat die Ergebnisse von Brasilia also realistisch dargestellt. Wir dürfen weiter planen, das beinhaltet für uns auch den Bau einer Brücke.

Namhafte Verbände zweifeln an der Feststellung, das Komitee habe „den Weg für eine Brücke am Mittelrhein frei gemacht“ und „grünes Licht gegeben“, wie es in Pressemitteilungen aus Ihrem Ministerium zunächst hieß. Was sagen Sie dazu?

Diese vorsichtige Formulierung der Unesco entspricht den üblichen diplomatischen Gepflogenheiten. Das Welterbekomitee verfügt über keine Sanktionsinstrumente außer dem Entzug des Welterbestatus. Das Welterbekomitee hätte einen dezidierten Widerspruch angemeldet und mit dem Verlust des Weltkulturerbetitels gedroht, schauen Sie mal nach Dresden.

Aus Sicht der Unesco darf eine Brücke nur dann gebaut werden, wenn sie den „Außergewöhnlichen Universellen Wert“ der Kulturlandschaft nicht in entscheidendem Maße mindert. Was ist aus Ihrer Sicht das Hauptargument für die Vereinbarkeit von Brücke und Welterbe?

Als das Mittelrheintal seinerzeit zum Weltkulturerbe erklärt wurde, wurde es nicht als romantische Dichterwerkstatt im Sinne von Clemens Brentano oder Malerwerkstatt von William Turner erklärt, sondern als eine der wichtigsten Süd-Nord-Verkehrsachsen der letzten tausend Jahre. Warum sollte dann nicht auch eine Querverbindung möglich sein, die möglichst wenig den Geist von Brentano oder Turner beeinträchtigt.

Die Bürgerinitiative Rheinpassagen fordert als Alternative für die Brücke einen von der öffentlichen Hand finanziell geförderten 24-Stunden-Betrieb der Fähren. Wäre das nicht die bessere Lösung, auch angesichts der Befürchtung, eine Brücke würde die Existenz mehrerer Fähren vernichten?

Nein, Fähren konnten in der Geschichte der Menschheit noch nie das leisten, was Brücken zu leisten imstande sind.

Die Landesregierung selbst hat dem Welterbekomitee vorgeschlagen, den Bau der Brücke mit einem Masterplan für das Welterbegebiet zu verbinden. Bei der nächsten Tagung des Welterbekomitees am 1. Februar soll ein Exposé des Masterplanes vorliegen. Worauf werden Sie dabei ihr Hauptaugenmerk richten?

Der Masterplan gilt der Entwicklung des Weltkulturerbes insgesamt, das bedeutet, er muss Instrumente gegen den demografischen Trend, gegen den Häuserleerstand, gegen den Bahnlärm etc. entwickeln. Mit der geplanten Brücke haben diese Instrumente wenig zu tun, sie ist ein Aspekt unter vielen. Zum 1. Februar 2011 werden wir einen kursorischen Zeit- und Arbeitsplan vorlegen. Dabei ist eines ganz klar: Der von uns zu entwickelnde Masterplan ist ohne angemessene und intensive Bürgerbeteiligung nicht vorstellbar.

Das Gespräch führte Wolfgang Wendling

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