„Auch für die deutsch-amerikanischen Beziehungen ist es zweifellos ein historisches Projekt“, sagt Matthias Göbel vom Amt für Bundesbau. „So etwas zieht man nur einmal im Leben hoch.“ An diesem sonnigen Frühlingstag legen Arbeiter letzte Hand an eine Containerstadt, wo später die Planer arbeiten sollen, an. Bagger stehen bereit. Ein betonierter Abwasserkanal und eine asphaltierte Ringstraße zeigen bereits die Struktur des gigantischen Projekts. Aus einer frischen Mauer ragen stützende Eisenstäbe.
Es wird ein Bau, der Hamburgs spektakulärer Elbphilharmonie Konkurrenz machen könnte: rund 600 mal 300 Meter groß mit mehr als 4000 Zimmern, davon 120 Untersuchungsräume und neun OP-Säle, auf einer Fläche von mehr als 90.000 Quadratmetern. Aufsehenerregend ist die Fassade: Aufwendig geschwungen soll sie eine riesige wehende US-Fahne symbolisieren – als Stück Heimat für US-Soldaten und ihre Angehörigen in der Fremde.
Keine Reaktion auf den Ukraine-Krieg
Das geplante Krankenhaus neben dem riesigen US-Stützpunkt Ramstein ist keine Reaktion auf den Ukraine-Krieg, sondern ein lange geplanter Ersatz für eine Klinik bei Landstuhl von 1953. „Heute brauchen Betriebsabläufe eine andere Struktur“, sagt Göbel. Dennoch gewinnt das Projekt durch den Konflikt mit Russland weitere Bedeutung.
„Die Entscheidung, Landstuhl durch einen deutlich moderneren Komplex zu ersetzen, ist ein wichtiges Zeichen der Kontinuität des sicherheitspolitischen US-Engagements in Europa und in Deutschland“, sagt der Politologe David Sirakov von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz. Das Projekt hänge eng mit der Bedeutung der Ramstein Air Base für die US-Sicherheitspolitik in Europa, Afrika und dem Nahen Osten zusammen. „Die Administration des damaligen Präsidenten Donald Trump hat gezeigt, dass das Engagement kein Selbstläufer ist.“
„Wir werden Monate haben, in denen wir 20 Millionen Euro ausgeben.“
Matthias Göbel vom Amt für Bundesbau
„Die Bauverwaltung der Bundesländer baut schon seit Jahren für die Nato und die US-Amerikaner“, sagt Bettina Bachem, örtliche Leiterin des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB). „Aber ein Krankenhaus neu zu bauen, ist ein Projekt mit besonderer Bedeutung, gerade in den aktuell unruhigen Zeiten.“ Es gehe nicht nur um die militärische Verteidigung Deutschlands. „Ein Krankenhaus unterstützt die Mission in höchst effizienter Weise und hilft, Leid zu lindern. Wir alle sind stolz, an einer solchen Aufgabe beteiligt zu sein.“
Bau gleicht Quadratur des Kreises
Das Krankenhaus muss deutsche Anforderungen erfüllen, Betreiber sind aber die USA – dort gelten zum Teil andere Regeln. „Das in Einklang zu bringen, ist manchmal eine Quadratur des Kreises“, sagt Göbel. Beispiel: Deutsche Gesetze sehen in einem Bereich eine Brandschutzwand vor, amerikanische Gesetze eine Sprinkleranlage. „Wo kein Kompromiss möglich ist, bauen wir beides ein“, erklärt der Bauingenieur. In der Nähe sind in einem Container acht Räume des Krankenhauses originalgetreu hergerichtet. „Hier kann man Material und Betriebsablauf letztmals vor dem Bau auswählen und testen.“
2027 soll das Gebäude komplett fertig sein. Die Projektkosten mögen für manchen schwindelerregend erscheinen. „Laut Nato-Truppenstatut übernehmen die USA die Baukosten von 859 Millionen Euro für die Klinik“, sagt Göbel. „Der Bund beteiligt sich mit 151 Millionen Euro an den Planungskosten.“ Wo jetzt noch eine riesige Schneise im Wald klafft, wird eine eigene kleine Stadt stehen. „Wir werden Monate haben, in denen wir 20 Millionen Euro ausgeben.“
Herausforderungen für benachbarte Ortschaften
Das Krankenhaus ist nicht nur für verwundete US-Soldaten aus Kriegsgebieten gedacht, sondern auch zur Vollversorgung der Tausenden US-Amerikaner in der Pfalz. Es sei eher eine Poliklinik, sagt Göbel, der mehrmals wöchentlich für die Fachaufsicht von Mainz nach Weilerbach fährt. Es gebe 68 Betten im Normalbetrieb, ein Aufstocken auf 93 sei möglich. „Wir haben einen Zahnarzt, eine Geburtenstation, eine eigene Abteilung für Veteranen – insgesamt 68 Fachdisziplinen.“
Auch für die umliegenden Ortschaften werden die nächsten Jahre eine Herausforderung. Zwar müssen Lastwagen mit Baumaterial Wohngebiete meiden. Aber die täglich etwa 1500 Bauarbeiter sollen wenn möglich in der Umgebung wohnen und per Shuttle zur Baustelle gebracht werden. „Es kann nicht jeder einzeln morgens und abends rein- und rausfahren. Das würde zu Megastaus und Parkplatzproblemen führen“, sagt Matthias Göbel.
Ralf Hechler, Bürgermeister von Ramstein-Miesenbach, spricht von einer besonderen Situation. „Es gibt bereits Anfragen wegen Leerständen und Containerunterkünften. Firmen suchen Wohnungen für die Arbeiter in möglichst naher Umgebung“, sagt der CDU-Politiker. Betroffen sei ein Radius von 10 bis 15 Kilometern um die Baustelle. „Das wird eine Herausforderung.“