15.700 Schüler besuchen die 20 weiterführenden Schulen im Kreis Mainz-Bingen, spätestens bis Jahresende sollen alle Schüler und Lehrer über ein modernes Tablet verfügen. Der Plan dazu stammt eigentlich aus dem Jahr 2019: „Der Kreis hat sich zum Ziel gesetzt, die Schulen so auszustatten, dass sie je nach ihrem Plan und Gutdünken digital arbeiten können“, sagte Kreissprecher Bardo Faust auf Anfrage unserer Zeitung. Ein Medienentwicklungskonzept sei erarbeitet, die Schul-IT ausgebaut und mit zusätzlichen Stellen ausgestattet, alle Schulen mit WLAN versorgt worden.
Binnen vier Jahren wollte der Kreis alle Schüler und Lehrer sukzessive mit den modernen Tablets ausstatten – dann kam die Corona-Pandemie. Mitte Mai beschloss der Kreis deshalb, die Anschaffungen vorzuziehen: Noch in diesem Jahr sollten alle Schüler iPads erhalten, sagte Faust, „idealerweise bis zu den Sommerferien“.
Als Erstes gilt das für die Kinder, „die vielleicht zu Hause bisher kein Tablet zur Verfügung haben“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Steffen Wolf. Derzeit sei nicht absehbar, in welchem Umfang der Präsenzunterricht durch die Corona-Pandemie eingeschränkt bleibe, deshalb habe man beschlossen, die auf vier Jahre angelegten Standards vorzeitig umzusetzen. „Es ist gut, dass wir soziale Ungerechtigkeiten ausgleichen können“, betonte Landrätin Dorothea Schäfer (CDU), Mainz-Bingen sei auf dem Weg zum „Bildungslandkreis Nummer eins“.
Insgesamt 17.388 Tablets müssen nun angeschafft werden, der Kreis rechnet mit Kosten von 8,1 Millionen Euro. Mainz-Bingen gehört zu den reichsten Landkreisen der Republik, doch aus eigener Tasche will der Landkreis die Summe trotzdem nicht stemmen: Auf den Kreis selbst würden dabei „nur“ Kosten von rund 1 Million Euro entfallen, heißt es.
Der Trick: Kostenfrei sind die Tablets nur für die Schüler, die Lernmittelfreiheit erhalten, also Bücher und Unterrichtsmaterialien kostenlos gestellt bekommen. Alle anderen Geräte, und damit der Großteil, werden nicht kostenlos abgegeben, sondern für 7 Euro im Monat an die Familien verliehen. Damit werde man voraussichtlich allein 4 Millionen Euro refinanzieren, sagte Kreissprecher Faust. Die übrigen 3 Millionen Euro sollen aus Zuschüssen von Land und Bund refinanziert werden, man habe verschiedene Förderprogramme aus dem Digitalpakt sowie von Digitalfördermitteln im Blick.
Beim Land Rheinland-Pfalz staunt man ob der Dimension der Mainz-Binger Initiative: „Unserem Hause ist kein weiterer Landkreis bekannt, der alle Schüler und alle Lehrkräfte mit Tablets ausstattet“, heißt es auf Anfrage aus dem Bildungsministerium. Dem Land lägen bisher auch noch keine Anträge auf Förderung vor. Rheinland-Pfalz erhält aber aus dem Digitalpakt Schule rund 242 Millionen Euro, für den Kreis Mainz-Bingen ergebe sich demnach ein Budget von 6.667.098,61 Euro, davon müsse der Kreis als Antragsteller einen Eigenanteil von 10 Prozent erbringen.
Im Zuge der Corona-Krise hat der Bund zudem weiteres Fördergeld in Höhe von 500 Millionen angekündigt, dessen Verteilung und Umsetzung sich aktuell aber noch in der Abstimmung befinden, informierte ein Sprecher weiter. Das Land verstärke im Übrigen die digitale Aus- und Weiterbildung von Lehrern, denn digitale Bildung sei schließlich viel mehr als nur technische Geräte – es brauche auch pädagogisch sinnvolle Konzepte.
Im Kreis Mainz-Bingen sieht man sich dafür gut gerüstet: In dem Paket enthalten sind den Angaben zufolge neben den Tablets selbst auch die Software, der Service, Schulungen und der Austausch der Geräte in moderne Modelle nach vier Jahren. Medienkonzepte gibt es bereits, „die Technik folgt immer der Pädagogik“, betonte der Kreisbeigeordnete Wolf. Für die Familien könnten die Geräte in jeden Fall ein Zugewinn sein: Eine private Nutzung der Tablets ist ausdrücklich erlaubt und sogar gewünscht.