Hinter den Kulissen
Eifeler Regisseur drehte mit den Kaulitz-Brüdern
Bill und Tom Kaulitz machen mit der zweiten Staffel ihrer Realityserie "Kaulitz & Kaulitz" gerade von sich reden. Gedreht hat sich Regisseur Michael Schmitt aus der Eifel.
Annette Riedl. picture alliance/dpa

Aus der Eifel ging es für ihn hoch hinaus: nach LA – direkt zu den Tokio-Hotel-Zwillingen. Regisseur Michael Schmitt erzählt von seiner Zusammenarbeit mit Tom und Bill Kaulitz.

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Michael Schmitt, ein „Eifeler Jung“, ist in Kelberg-Köttelbach im Vulkaneifelkreis aufgewachsen – heute reist er um die ganze Welt. Als Regisseur, als Autor, als Produzent. Ein großes Projekt des 42-Jährigen: die Realityserie „Kaulitz&Kaulitz“. Die erste Staffel über die Tokio-Hotel-Zwillinge wurde erstmals im Sommer vergangenen Jahres ausgestrahlt. Seit dem 17. Juni in diesem Jahr ist die zweite Staffel auf Netflix zu sehen – und auch bei dieser hat Michael Schmitt, gemeinsam mit seiner Kollegin Annika Blendl, Regie geführt.

Acht Monate hat er an der Seite von Bill und Tom Kaulitz gedreht, ihr Leben begleitet und dabei einiges erlebt: Er ist mit ihnen um die Welt gereist, hat Höhen und Tiefen mit ihnen durchlebt, verrückte Momente, aber auch unangenehme Situationen mitgemacht. Und das alles festgehalten, in einer Serie über die beiden.

„Natürlich geht es in so einer Serie nicht nur um die größten Erfolge, sondern es wird dann spannend, wenn auch mal was schiefläuft.“
Regisseur Michael Schmitt

„Es ist ganz schön viel passiert im letzten Jahr“, sagt Schmitt. Das sei auch in der neuen Staffel zu sehen. Konzerte, ein Junggesellenabschied, viele Reisen und verrückte Momente, in denen zum Beispiel eine Tätowiermaschine auf dem Tisch lag – aber: „Natürlich geht es in so einer Serie nicht nur um die größten Erfolge, sondern es wird dann spannend, wenn auch mal was schiefläuft“, sagt der Regisseur. Das echte Leben, mit schlechter Laune, Dramen, Schmerzen. Und so startet die zweite Staffel auch. Es beginnt emotional – mit Liebeskummer. „Bill wurde verlassen, hat totalen Herzschmerz und hat Angst, dass er sich nie wieder verlieben wird“, erzählt der Eifeler.

Ein großer Unterschied zur ersten Staffel. Denn in dieser musste vieles erst für die Zuschauer etabliert werden: Wer sind die beiden Brüder? Wer gehört zu ihrem engsten Kreis? Warum wohnen sie in LA? Was machen sie dort? „Das Schöne ist, dass wir das jetzt einfach voraussetzen können und tiefgründiger einsteigen können“, so Schmitt.

Regisseur Michael Schmitt (sechster von rechts, neben Tom Kaulitz) und Kollegin Annika Blendl (dritte Dame von links) bei der Premiere der zweiten Staffel „Kaulitz&Kaulitz“.
-/Netflix

Die zweite Staffel ist geprägt von unvorhergesehenen Momenten, oft unangenehmen – und das hat der Regisseur auch bei den Dreharbeiten gemerkt: „Es gab Situationen, in denen wir auch überrascht waren, dass wir uns plötzlich in dieser Situation befunden haben“, erzählt er. Ein Beispiel: „Aus heiterem Himmel hat sich ein handfester Streit zwischen Tom und Bill entwickelt. Es ging um die Tourplanung. Darum, wie die Reisen geplant werden sollen.“

Als Regisseur stelle man sich dann die Frage, „hält man weiter drauf oder bricht man ab?“ Manchmal passieren Dinge, bei denen man denke, „das ist jetzt zu viel für die Menschen vor der Kamera.“ Aber: Das gehört zum Leben – Streitigkeiten zwischen Geschwistern, unschöne Momente – und genau dieses wahre Leben der Zwillinge will Schmitt festhalten. „Wir sind natürlich da, um Hochs und Tiefs mit abzubilden und das echte Leben zu zeigen“, meint der Regisseur.

Vertrauen ist wichtig

In solchen Momenten sei dann eines besonders wichtig: die Vertrauensarbeit. „Wenn es bei Bill oder Tom solche Situationen gibt, dann ist es mir sehr wichtig, dass sie sich trotzdem mit uns wohlfühlen, trotz des Schmerzes, den sie vielleicht gerade empfinden.“ Nach fast drei Jahren gemeinsamer Arbeit konnte eine „sehr vertraute Arbeitsumgebung“ erschaffen werden, sagt Schmitt. Und dabei gilt vor allem eines: „Dass wir dieses Vertrauen am Ende nicht ausschlachten werden.“

Verstanden haben sich Schmitt und die Kaulitz-Brüder von Anfang an, denn „es war relativ schnell ein Vertrauen da“, sagt er. Aber bei den Dreharbeiten der ersten Staffel kannten sie sich zum einen als Personen noch nicht, zum anderen kannten die Kaulitz-Brüder Schmitts Arbeit noch nicht. Das ist in Staffel zwei anders: „Mittlerweile sind die Kameras so selbstverständlich für die beiden, auch für ihr Umfeld“, so der Regisseur. „Es war so, als wenn die Kameras gar nicht dabei wären, weil wir sozusagen schon ein Teil des Alltags geworden sind.“

So sind die Kaulitz-Brüder privat

So konnte der Eifeler die Zwillinge auch ganz privat kennenlernen. Was er am meisten an ihnen schätzt? „Sie sind einfach wahnsinnig direkt und ehrlich. Sie sagen, was sie denken und tun nicht so, als ob sie etwas gut finden, wenn sie es eigentlich nicht tun.“ Ein großer Pluspunkt für die Zusammenarbeit mit ihnen. Die sei ihm durch die „Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Höflichkeit, die die beiden haben“ extrem leicht gefallen. „Es macht einfach, Spaß mit ihnen zusammen zu drehen. Es ist so ein schönes Arbeiten auf Augenhöhe.“

Reality-TV oder klassischer Dokumentarfilm?

Dies und das große Vertrauen, welches Bill und Tom Kaulitz und der Eifeler füreinander haben sei ein Riesenvorteil für die Serie. „Kaulitz&Kaulitz“ sei etwas ganz Neues, „keine klassische Reality, aber auch keine klassische Doku“, sagt Schmitt – und das sei auch der Grund, warum die Serie aus anderen Reality-Formaten so herausstechen würde. Mehr in Richtung klassisches Reality-TV gehen? Das komme für den Eifeler nicht infrage. „Ich bin Dokumentarfilmer durch und durch“, sagt er. „Deswegen wird es bei mir, glaube ich, kein reines Reality-TV geben. Die Mischung machts.“

Gerade drehe Schmitt schon an einem neuen Netflix-Film. Und auf den können sich im nächsten Jahr Deutschrap-Fans freuen: Denn es geht um die Rapperin Shirin David. Ob eine dritte Staffel „Kaulitz&Kaulitz“ folgt? Das bleibt spannend – eine offizielle Bestätigung steht noch aus. Aber die große Beliebtheit der ersten beiden Staffeln lässt auf eine Fortsetzung hoffen.

Zur Person

Michael Schmitt ist 1983 in Adenau (Landkreis Ahrweiler) geboren und in Kelberg-Köttelbach im Vulkaneifelkreis aufgewachsen. Nach seinem Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium Daun begann er sein Studium der Theater- und Filmwissenschaft, Soziologie und Anglistik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Bis 2018 studierte Schmitt Dokumentarfilmregie und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er arbeitete bereits an vielen Projekten, für die er um die ganze Welt reiste. Für seine dreiteilige Dokureihe „Ungleichland. Reichtum, Chancen, Macht“, die sich mit der ungleichen Vermögensverteilung in Deutschland beschäftigt, gewann er 2019 einen Grimme-Preis. red

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