Bernd Knopp ist im Urlaub, als ihn die Nachricht von Franziskus’ Tod aus heiterem Himmel erreicht. Früher als RPR-Moderator hätte ihn das menschlich bewegt, aber journalistisch eher kaltgelassen. Doch am Ostermontag ist der Linzer geradezu elektrisiert. Sein erster Gedanke: „O je, der Papst stirbt und du bist in den Niederlanden.“ Knopp weiß, dass nun im Kölner Domradio die Telefone heißlaufen. „Da ging es richtig rund“, sagt der 59-Jährige. „Ständig sind Anfragen von Journalisten und Gläubigen bei uns eingegangen.“
„Ich bin immer in Alarmbereitschaft. Bei uns laufen minütlich Nachrichten ein.“
Domradio-Moderator Bernd Knopp aus Linz
Und im Prinzip hat sich bis heute nichts daran geändert. Auch im Gespräch mit unserer Zeitung fällt sein Blick immer wieder auf die Live-Kamera im Vatikan. Tut sich was? „Ich bin immer in Alarmbereitschaft“, sagt Knopp. Für den Sender des Erzbistums Köln ist die aufregendste Zeit der vergangenen Jahre angebrochen. Rund um die Uhr wird über Papst und Konklave berichtet. „Bei uns laufen minütlich Nachrichten ein“, erklärt Knopp. Der Draht nach Rom ist kurz. „Radio Vatikan ist unser Partnersender“,sagt der 59-Jährige. Da sitzen die Kölner also ganz nah an der Quelle.
Auch Chefredakteur Renardo Schlegelmilch liefert unermüdlich neue Nachrichten. Direkt aus dem Vatikan. „Der bekommt sehr viel mit“, sagt Knopp. „Der weiß etwa ganz genau, wo die Kardinäle übernachten und wann sie essen“, erklärt Knopp. Ständig werden Filme, Interviews und Tonaufnahmen aus Rom nach Deutschland überspielt, die Knopp zu Beiträgen verarbeitet. „Das ist alles sehr zeitintensiv.“ An der Tür zur Sixtinischen Kapelle ist allerdings auch fürs Domradio Schluss. „Das ist ja die geheimste Wahl der Welt“, betont der Linzer, der in Bad Hönningen aufgewachsen ist. Top secret. Kein Gespräch darf nach außen dringen. „Dazu haben sie eigens Störsender im Vatikan installiert.“

Da würde auch Knopp nur zu gern mal Mäuschen spielen. So wie sein Chef. Rainer Maria Kardinal Woelki ist mittendrin statt nur dabei. Aber auch der Kölner Erzbischof hat natürlich während des Konklaves ein strenges Schweigegelübde abgelegt. Und so bleibt den rund 30 festen Mitarbeitern des Domradios nur der Blick auf den Schornstein. „Jeden Abend schauen wir, ob weißer Rauch aufsteigt.“ Oder eben nicht. Jetzt ist es passiert. Damit verlängert sich ihr Arbeitstag bis tief in die Nacht. Das wissen sie beim Domradio aus Erfahrung.
Wie muss man sich eine Papstwahl bei einem katholischen Sender vorstellen? Gibt’s da so wie in vielen Sportredaktionen zur Fußball-Weltmeisterschaft Tippspiele? „Nein“, sagt Knopp und lacht. „Bei uns wird sehr wenig spekuliert.“ Da könne man ja ziemlich danebenliegen. Bei so vielen Kardinälen können zudem auch die Experten des Domradios schnell mal den Überblick verlieren. Zumal Franziskus zuletzt auch noch so viele neue Kardinäle ernannt hat. „Ich bin ja auch kein Theologe, sondern Journalist und Mensch“, sagt der 59-Jährige.
Was die Frage aufwirft, wie man eigentlich Moderator beim Domradio wird. „Wie die Jungfrau zum Kind“, sagt Knopp. Bei RPR hat er Festivals wie Rock am Ring moderiert. Und bevor er 2009 nach Köln gewechselt ist, hat er bei einem Düsseldorfer Teleshoppingkanal Schmuck verkauft. Da muss er schon grinsen. Das war ein ganz harter Schnitt. „Beim Domradio kann ich endlich wieder journalistisch arbeiten.“ Aber ein paar christliche Qualitäten sollte man dann doch mitbringen. „Ich bin schon ein gläubiger Mensch“, betont er. Und Katholik ist er natürlich auch.

Dafür hat Knopp jetzt einen Arbeitsplatz mit Aussicht. „Wir sitzen direkt am Dom“, sagt er. Schräg gegenüber dem Westportal im Domforum. Vierter Stock. Von hier übertragen sie auch die Gottesdienste in alle Welt. „Wir können die Kameras im Kölner Dom per Joystick steuern“, erklärt der Moderator. Besonders zu den großen kirchlichen Festen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten verfolgen viele Gläubige die Messen im Internet. „Das sind Tausende“, sagt Knopp. Zudem beliefern sie Bibel TV. Ansonsten unterscheide sich das Domradio aber eigentlich nicht so sehr von der Konkurrenz. „Wir senden etwa ganz normale Popmusik“, sagt der Rheinländer. Dazu gebe es viele Interviews.
Im Moment gibt es aber fast nur ein Thema. „Alles rund um den Papst“, sagt Knopp. Los ging es nach dem Tod Franziskus’ mit vielen Trauermessen in ganz Deutschland. Und jetzt steht natürlich die Wahl seines Nachfolgers im Fokus. Eine Kollegin hat dazu gerade erst Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag interviewt – und damit mediale Spekulationen ausgelöst. „Man hat sich gefragt, wohin sie so plötzlich während der Wahl des Bundeskanzlers verschwunden war“, sagt Knopp und grinst.

Katholiken in der Region schauen nach Rom
Wer wird neuer Papst? Diese Frage beschäftigt auch die Gläubigen in RLP. Wir haben uns unter Katholiken und Würdenträgern umgehört, ob sie einen persönlichen Favoriten haben – und was sie sich vom nächsten Kirchenoberhaupt konkret wünschen.
Der ganz große Renner im Domradio ist übrigens gerade der Podcast „Konklave“. Darin werden in mehreren Folgen etwa die sogenannten Papabiles vorgestellt. Also die Kardinäle, die in die engere Auswahl gekommen sind. „Den Podcast haben schon mehr als 45.000 Menschen heruntergeladen“, sagt der 59-Jährige stolz. „In der Sparte Religion sind wir die Nummer eins bei Spotify.“ Damit liege man auf jeden Fall weitaus näher an der Realität als im gleichnamigen Kinofilm. Knopp hat sich „Konklave“ selbst nicht angeschaut. „Aber alle, die wissen, wie es bei der Papstwahl wirklich abläuft, haben gesagt: Das ist Hollywood.“
Zurück ins Homeoffice nach Linz. In dem kleinen Rheinstädtchen hat sich Knopp übers Konklave eingerichtet, um die Papstwahl zu verfolgen. „Ich sitze hier einfach an meinem Laptop“, sagt er. Vor ihm auf dem Tisch liegt ein Flash-Mikrofon. „Mit dem kann ich alles einsprechen“, erklärt er. Für den Fall der Fälle. Jetzt ist es so weit. Sein Chefredakteur Schlegelmilch hatte ein kurzes Konklave prognostiziert. So wie bei den vergangenen Wahlen. Spätestens am Wochenende habe man einen neuen Papst. Oder eben noch früher. Knopp schaut auf die Live-Cam. Weißer Rauch. Der 59-Jährige ist vorbereitet. Vor ihm liegt eine weitere Nachtschicht.
Kölner Domradio wird 25 Jahre
Das Kölner Domradio ist 2000 gegründet worden. Der multimediale, katholische Sender in Trägerschaft des Bildungswerkes der Erzdiözese Köln berichtet über christliche, ethische und soziale Themen. Das Radioprogramm mit „gutem Draht nach oben“ bietet Infos aus Kirche und Welt, Politik und Gesellschaft. Der Tag beginnt mit einem „Morgenimpuls“ und endet mit dem „Nachtgebet“. Jede Stunde um „zehn vor“ liefert „Das Wort“ kleine Impulse für zwischendurch. An Sonn- und Feiertagen wird die Messe live aus dem Kölner Dom übertragen. Dazu wird ein Musikmix aus aktuellen Hits und Evergreens geboten. Werbung und Verkehrsmeldungen gibt es hingegen nicht. Das Radioprogramm ist über Internet, App, Smartspeaker sowie UKW in Köln und Umgebung empfangbar.