Rheinland-Pfalz. Die Wahllokale sind geschlossen, die Stimmen sind weitgehend ausgezählt, und Donald Trump wurde von verschiedenen Medien zum Sieger gekürt. Die Welt blickt gebannt in die Zukunft. In Deutschland machen sich vor allem die Städte und Gemeinden Sorgen, die unmittelbar von der Präsenz der US-Streitkräfte abhängig sind - Trump hatte vor Jahren laut darüber nachgedacht, US-Truppen aus Europa abzuziehen.
In Rheinland-Pfalz ist das zum Beispiel die Stadt Baumholder, die wenige Kilometer vom gleichnamigen Nato-Truppenübungsplatz entfernt ist. Aber auch die rheinland-pfälzische Wirtschaft, die stark auf den Export in die USA setzt, kann durch Trumps „America First“-Politik Schaden nehmen. Der Politikexperte Philipp Adorf vom Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn ordnet für unsere Zeitung die möglichen Auswirkungen auf unser Bundesland ein.
Herr Adorf, welche unmittelbaren Folgen hat der Sieg Donald Trumps für Rheinland-Pfalz?
Trumps Wiederwahl hat tiefgreifende geo- und wirtschaftspolitische Folgen für den gesamten europäischen Kontinent. Besonders die US-Militärpräsenz in Rheinland-Pfalz dürfte durch Trumps isolationistische Agenda erneut unter Druck geraten. Wie schon während seiner ersten Amtszeit könnte er die Stationierung von Truppen und Investitionen in Infrastrukturprojekte der US-Streitkräfte zur Disposition stellen. Deutschland bleibt dabei eine bevorzugte Zielscheibe, da Trump das Land eher als wirtschaftlichen Kontrahenten, denn als Partner sieht, dessen Sicherheitspolitik darüber hinaus auf Kosten der USA betrieben wird. Anders als zuvor ist auch mit weniger Widerstand aus dem Pentagon bei solchen Plänen zu rechnen, da Trump dort loyale Unterstützer installieren dürfte.
Erwarten Sie den Abzug von US-Truppen, zum Beispiel vom Truppenübungsplatz Baumholder oder vom Luftwaffenstützpunkt Ramstein, wie Trump sie schon angekündigt hat?
Der zukünftige Präsident hat seine Ansichten zu Deutschland und weiteren Nato-Staaten, die seiner Ansicht nach ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, keinesfalls gemäßigt. Im Gegenteil: Im Februar erklärte er, Russland könne bei Angriffen auf solche Nato-Mitglieder „tun, was auch immer sie wollen“. Sollte Trump die Zahl der US-Truppen im Ausland verringern wollen, dürfte Deutschland seine erste Wahl sein – auch wenn dies geopolitisch kaum sinnvoll wäre.
Zur Person: Philipp Adorf

Philipp Adorf, Jahrgang 1984, ist seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn. Sein Forschungsschwerpunkt ist die US-amerikanische Politik, insbesondere die Republikanischen Partei, ihre Radikalisierung und ihre Wahrnehmung als neue Arbeiterpartei. In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit dem Aufstieg der Republikaner im Süden und welche Rolle der Evangelikalismus dabei spielte. Gemeinsam mit Patrich Horst hat er das Buch „Zerreißprobe für die Demokratie. Die Wahlen und der Regierungswechsel in den USA 2020/21“ geschrieben.
Wie weit würde Trump am Ende wirklich gehen? Ist es für Sie vorstellbar, dass er ganze Stützpunkte schließen würde, wovon Rheinland-Pfalz stark betroffen wäre?
Eine vollständige Schließung wichtiger Stützpunkte wie Ramstein wäre geopolitisch riskant und würde den Einfluss der USA in Europa erheblich schwächen. Eine solche Entscheidung würde auch auf Widerstand innerhalb des US-Militärs, der NATO und auch in Teilen der Republikanischen Partei stoßen. Vielmehr könnte ich mir vorstellen, dass Trump stattdessen starke finanzielle Zuschüsse der Bundesregierung für die operative Aufrechterhaltung der Stützpunkte einfordern wird.
Trump begründete seinen geplanten Truppen-Abzug im Jahr 2020 mit der Nicht-Einhaltung des 2-Prozent-Ziels innerhalb der NATO. 2024 hat Deutschland dieses Ziel erreicht. Wird das Trump reichen?
Trump hat kürzlich dieses Ziel auf 3 Prozent angehoben. Im deutschen Kontext spielen jedoch auch andere Faktoren eine Rolle, die seinen Unmut hervorrufen. In den letzten Monaten kam es zu öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen ihm und verschiedenen Bundesministerien, insbesondere in den sozialen Medien. Ein zentraler Streitpunkt war dabei der Vorwurf einer angeblichen Einmischung Deutschlands in den US-Wahlkampf, da die Ministerien aus Berlin auf fehlerhafte Behauptungen Trumps eingegangen waren.
Einzelhandel, Gastronomie und Immobilienmarkt würden unter einer nennenswerten Reduzierung der US-Truppenzahl erheblich leiden.
Philipp Adorf, Politikexperte des Instituts für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn
Was würde ein möglicher Truppen-Abzug für Rheinland-Pfalz und insbesondere die Orte und ihre Infrastruktur in unmittelbarer Nähe zu den US-Stützpunkten bedeuten?
Ein Truppenabzug würde die lokale Wirtschaft stark belasten. Mehrere Milliarden fließen durch die Löhne und Aufträge der US-Armee insbesondere in die Gemeinden in der Nähe der Stützpunkte. Einzelhandel, Gastronomie und Immobilienmarkt würden unter einer nennenswerten Reduzierung der US-Truppenzahl erheblich leiden.
Welche Auswirkungen könnte die Wahl auf den Neubau des US-Hospitals in Weilerbach haben?
Der Neubau des Hospitals ist ein milliardenschweres Projekt, das bereits weit fortgeschritten ist, sodass die Wahrscheinlichkeit eines kompletten Stopps eher gering ist. Sollte Trump jedoch die Bedeutung des Baus infrage stellen, könnte es Verzögerungen oder auch weitere Kosten für den Bund geben, der bereits jetzt einen dreistelligen Millionenbetrag beigesteuert hat.
Das sagt der Stadtbürgermeister von Baumholder zum Trump-Sieg
Für die Gemeinde Baumholder im Kreis Birkenfeld ist die gute Beziehung zu den US-Amerikanern essenziell. In unmittelbarer Nähe zum Truppenübungsplatz Baumholder gelegen, auf dem sich der Baumholder Military Community befindet, ist sie in besonderem Maße von den vielen amerikanischen Mitbürgern abhängig, die laut Internetseite der Stadt aus rund 6000 Soldaten, Zivilisten und ihren Angehörigen bestehen.
Günther Jung, Stadtbürgermeister von Baumholder, glaubt deswegen nicht, dass sich das jetzt ändern wird. „Wir sind im Vergleich zu anderen Stützpunkten nur ein kleines Licht“, sagt Jung. „Ich glaube, Herr Trump hat auf der weltpolitischen Bühne ganz andere Probleme.“ Auch die angekündigte Verlegung von US-Spezialeinheiten aus Stuttgart nach Baumholder im Jahr 2026 sieht er nicht gefährdet. „Die Planung dafür ist schon weit fortgeschritten“, erklärt Jung.
Was würde ein möglicher Truppen-Abzug für die Sicherheit in Europa und in Rheinland-Pfalz bedeuten, aber auch für die Ukraine?
Ein US-Truppenabzug aus Europa würde ein klares Signal senden, dass die Vereinigten Staaten sich zunehmend vom Kontinent zurückziehen und die Hauptverantwortung für die militärische Verteidigung den Europäern überlassen wollen. Dies würde die Fähigkeit zur schnellen Unterstützung der Nato-Ostflanke im Ernstfall erheblich schwächen. Der Kreml könnte daraus schließen, dass etwa das Baltikum im Kriegsfall nur verzögert oder gar nicht auf amerikanische Hilfe zählen könnte. Rheinland-Pfalz bleibt ein zentraler Dreh- und Angelpunkt für US-Militäroperationen, einschließlich der Unterstützung der Ukraine. Ein zukünftiger Abzug hätte jedoch vermutlich nur begrenzten direkten Einfluss auf den aktuellen Konflikt.
Welche Vorteile würde sich Trump durch einen Abzug von Truppen erhoffen?
Die „Bestrafung“ von Partnern, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen oder die USA vermeintlich ausnutzen, ist ein zentraler Bestandteil von Trumps „America First“-Politik. Trump würde den Truppenabzug einsetzen, um innenpolitische Unterstützung zu mobilisieren, indem er betont, dass dadurch Ressourcen und finanzielle Mittel in die USA zurückgeführt werden. Gleichzeitig könnte er den Abzug als Druckmittel nutzen, um Deutschland und die Nato zu weiteren Zugeständnissen zu bewegen.
Was bedeutet die Wahl für die Stationierung von Langstreckenraketen und Marschflugkörper ab 2026, wie es kürzlich beim NATO-Gipfel verkündet wurde?
Obwohl Trump grundsätzlich eine starke nationale Verteidigung favorisiert, erscheint es denkbar, dass er die Stationierung von Langstreckenraketen in Europa als Verhandlungsinstrument in den aktuellen geopolitischen Spannungen einsetzt. Dabei wäre es möglich, diesen Schritt sowohl als Druckmittel gegenüber europäischen Partnern als auch als Hebel in Verhandlungen mit Russland zu nutzen. Ein solcher Ansatz könnte auf Deeskalation abzielen und somit eine potenzielle Kehrtwende in dieser Frage einleiten.
Welche Auswirkungen könnte der Trump-Sieg auf die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz haben?
Es ist wichtig, zwischen Gemeinden, die von US-Stützpunkten abhängig sind, und der allgemeinen Wirtschaft zu differenzieren. Erstere wären im Falle einer Truppenreduzierung oder gar eines vollständigen Abzugs zweifellos negativ betroffen, insbesondere lokale Branchen wie der Bau, Dienstleistungen, Logistik und andere Wirtschaftszweige, die stark vom US-Militär profitieren. Gleichzeitig plant Trump, die Nutzung von Einfuhrzöllen auszuweiten, was transatlantisch ausgerichtete Unternehmen zusätzlich belasten würde. Dadurch könnten die wirtschaftlichen Folgen weit über die unmittelbar betroffenen Gemeinden hinaus spürbar werden.

Welche Branchen und Firmen mit traditionell starkem US-Bezug müssen sich besonders Sorgen machen? Welche Trump-Entscheidungen könnten Auswirkungen auf den transatlantischen Handel haben?
Branchen wie die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Chemieindustrie, die stark auf den US-Markt ausgerichtet sind, dürften bei der Umsetzung von Trumps protektionistischer Handelspolitik mit erheblichen Einbußen rechnen. Er könnte darüber hinaus versuchen, diese Unternehmen durch gezielte Anreize dazu zu bewegen, ihre Produktion in die USA zu verlagern. Gerade Automobilunternehmen sind ein besonderes Anliegen Trumps. Es ist zu erwarten, dass er im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit bereits frühzeitig Zölle oder andere Handelsbarrieren einführt. Zudem wird es voraussichtlich nur wenige Stimmen in der neuen Administration geben, die sich weiterhin für die Vorteile des Freihandels starkmachen.
Wie groß ist Ihre Sorge und die unter den US-Bürgern hierzulande vor Ausschreitungen oder sogar bürgerkriegsähnlichen Zuständen nach der Wahl?
Falls das Ergebnis einen Vorteil mit sich bringt, dann ist es die schnelle Anerkennung durch die Verliererseite. Die Akzeptanz politischer Gewalt ist unter Anhängern der Demokraten deutlich geringer als bei den Republikanern. Obwohl sie tief enttäuscht sind und eine zweite Amtszeit Trumps als Bedrohung für die Demokratie betrachten, werden sie dennoch demokratische statt gewaltsame Mittel einsetzen, um die Agenda Trumps zu bremsen.