Was für eine Karriere. Jörg Kukies soll neuer Bundesfinanzminister werden und das Haus von Christian Lindner übernehmen, den der Kanzler am Mittwoch entlassen hatte. Der frühere Investmentbanker steigt damit in eins der wichtigsten Staatsämter auf. Einmal mehr schickt Scholz ihn dahin, wo es brennt. Der Regierungssprecher bestätigte die Personalie.
Kukies, der zeitweise in den USA aufgewachsen war und Ökonomie in Mainz und an der Sorbonne in Paris studiert hat, ist international bestens vernetzt und erfahren. Viele Jahre arbeitete er bei der Investmentbank Goldman Sachs, auch während der Finanzkrise. Dass die Welt über Nacht eine andere wird, hat er also schon oft erlebt.
Kukies war Chef der Jusos in Rheinland-Pfalz
Scholz kennt und schätzt den früheren Manager seit Langem. Vermittelt durch die frühere SPD-Chefin Andrea Nahles holte er sich zu Beginn seiner Zeit als Bundesfinanzminister den früheren Banker als Staatssekretär ins Haus. Dass Scholz ihn damals berief, war ungewöhnlich für die deutsche Politik – und mutig mit Blick auf die SPD, die Investmentbanker mit Argwohn betrachtet. Dabei war Kukies schon früh in die SPD eingetreten und Chef der Jusos in Rheinland-Pfalz. Der gebürtige Mainzer war einfach beides: Banker und Genosse.
Für seine Dienste bei Staat und Scholz verzichtete er auf das viele Geld, das Investmentbanker üblicherweise verdienen. „Ich kann in meiner Position politische Prozesse mitgestalten. Die Frage des Verdienstes stellt sich für mich nicht“, sagte er einmal.
Aussage im Wirecard-Untersuchungsausschuss
Mit Kukies im Hintergrund erfand Scholz im Frühjahr 2020 die „Bazooka“ gegen die Corona-Pandemie, ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm gegen die Wirtschaftskrise. Klotzen statt Kleckern war die Devise. Im Wirecard-Untersuchungsausschuss schützte Kukies seinen Minister durch vage Aussagen. Bis heute ist der Skandal um den Finanzdienstleister nicht komplett aufgeklärt.
Als Scholz dann 2021 Bundeskanzler wurde, nahm er Kukies als Staatssekretär mit ins Kanzleramt. Er war auch deutscher „Sherpa“ für die großen Gipfel der G20. Das bedeutet, dass er für den Kanzler die Abschlussdokumente verhandelte. Sein Privatleben hält Kukies aus der Öffentlichkeit raus: Er hat eine Tochter und läuft schon mal Halbmarathons, das muss reichen.
Nun muss der 56-Jährige für seinen Chef erneut in die Bresche springen. Kukies muss das Kunststück schaffen, auch ohne Haushalt für 2025 die Regierung funktionsfähig zu halten - so lange es diese noch gibt.