Bereits ihren zweiten vierten Geburtstag hat die rheinland-pfälzische Ampel kürzlich gefeiert. Seit zwei Wahlperioden arbeiten SPD, Grüne und FDP in Mainz zusammen. Einige in der Koalition wünschen sich sogar eine Fortsetzung nach der Landtagswahl im kommenden Jahr, andere zeigen sich da eher zurückhaltend. Das Berliner Pendant jedenfalls schaffte nicht einmal die Hälfte der Zeit, bevor das Bündnis im vergangenen November zerbrach.
Die Ampel in Mainz ist aber auch nicht mehr die alte. Durch Krisen, politische Aufstiege und auch einen Todesfall drehte sich das Personalkarussell mehrfach.
Am häufigsten musste die SPD beim Personal nachsteuern
Seit Amtsantritt im Mai 2021 hat die Koalition die Hälfte der Gesichter im Kabinett ausgetauscht. So mancher Wechsel erfolgte freiwillig, andere waren unausweichlich. Am häufigsten musste die größte Regierungspartei SPD beim Personal eingreifen. Was eine Zeit lang durchaus ungewöhnlich war. Zwischen 2016 und 2021 geschah das bei den Sozialdemokraten kein einziges Mal. Lediglich die Grünen mussten die über eine Beförderungsaffäre gestolperte Umweltministerin Ulrike Höfken durch Anne Spiegel ersetzen.
Die bislang letzte richtig große Kabinettsumbildung nahm die damals frisch gewählte Ministerpräsidentin Malu Dreyer 2014 nach dem Nürburgring-Skandal vor. Die Triererin tauschte gleich zu Beginn fünf Minister (drei mussten gehen, zwei wechselten), um unbelastet regieren zu können.
Zwei Rücktritte wegen der Flutkatastrophe
Zurück in die aktuelle Wahlperiode. Während der Aufarbeitung der Flut im Ahrtal verzichtete Dreyer auf einen solchen Schritt. Personelle Folgen hatte die Flut dennoch. Den ersten Abgang im Kabinett musste Dreyer schon kurze Zeit nach der Regierungsbildung hinnehmen. Im Dezember 2021 wechselte die damalige Klimaschutzministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Anne Spiegel (Grüne) zunächst nach Berlin. In der Bundesregierung übernahm sie das Familienministerium. Der Aufstieg endete allerdings jäh.
Spiegel musste bereits fünf Monate später wegen ihrer Rolle bei der Flut zurücktreten. Die Grünen ersetzten Spiegel mit der damaligen Mainzer Verkehrsdezernentin Katrin Eder. Sie führt die Grünen nun auch als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf.
Ein ähnliches Schicksal wie Spiegel ereilte ein halbes Jahr später den damaligen SPD-Innenminister Roger Lewentz. Auch er trat in Folge der Flut-Aufarbeitung zurück. Lewentz stand monatelang in der Kritik und zog letztlich die Reißleine, als plötzlich Hubschraubervideos aus der Flutnacht auftauchten. Fehler gestand er selbst nicht ein, übernahm aber die Verantwortung für solche in seinem „Verantwortungsbereich“. Dreyer überraschte damals viele mit seiner Nachbesetzung – und holte den Mainzer Oberbürgermeister an den Kabinettstisch. Michael Ebling ist seitdem Innenminister. Und die SPD verlor infolgedessen die größte rheinland-pfälzische Stadt an den parteilosen Kandidaten Nino Haase.

Wie die SPD Dreyers Nachfolge regelte
Rheinland-Pfalz gilt für die SPD im Westen seit Jahrzehnten als eine Art gallisches Dorf. Das Erfolgsrezept liegt in der Geschlossenheit der Partei, was sich im Sommer bei der Übergabe an Alexander Schweitzer zeigte.
Der spektakulärste Wechsel im Kabinett war der von Malu Dreyer selbst. „Ich bin einfach müde“, sagte die damals 63-Jährige im Juli vergangenen Jahres. Ihr gehe die Kraft aus. Dreyer machte nach elf Jahren als Ministerpräsidentin Platz für den lange Zeit als Kronprinz gehandelten Alexander Schweitzer. Der Zeitpunkt mehr als zwei Jahre vor Ende der Wahlperiode hatte auch einen anderen Gedanken: Schweitzer sollte sich bis zur Landtagswahl 2026 den Menschen bekannt machen können. Weil der Pfälzer schon Minister war, wurde im Kabinett automatisch ein Platz frei.
Als sozusagen erste Amtshandlung besetzte Schweitzer seine vorige Stelle als Sozial- und Arbeitsminister nach. Dafür bediente er sich am SPD-Personal aus dem Nachbarland Nordrhein-Westfalen. Dörte Schall stieg von der Sozialdezernentin in Mönchengladbach zur Ministerin in Mainz auf. Schweitzer sagte Schall auch gleich zu, über 2026 hinaus mit ihr zusammenarbeiten zu wollen. Kürzlich aber scheiterte Schall daran, für den Landtag zu kandidieren. Weil die gebürtige Rheinland-Pfälzerin nicht ihren Wohnsitz mitsamt Familie aus Bonn in die Pfalz verlagerte.
Schmerzhafter Todesfall für die FDP
Anfang des Jahres folgte ein schmerzhafter Wechsel im Kabinett. Der damalige Justizminister Herbert Mertin verstarb plötzlich. Er wurde nur 66 Jahre alt. Mertin übernahm für die FDP jahrzehntelang unterschiedliche Funktionen. Seit 2016 war er zum zweiten Mal Justizminister. Weggefährten aber auch die politische Konkurrenz würdigten ihn als herausragenden Demokraten und ebenso prägende Persönlichkeit.
Auf Mertin folgte ein Vertrauter. Philipp Fernis wechselte vom FDP-Fraktionsvorsitz im Landtag an die Spitze des Justizministeriums, wo er zuvor auch schon einmal Staatssekretär gewesen war.
Aufstieg nach Berlin führt zu Aufstieg für einen Trierer
Der jüngste Wechsel im Kabinett war für die SPD ausnahmsweise ein freudiger. Anfang Mai machten die Sozialdemokraten in Berlin die rheinland-pfälzische Bildungsministerin zur Bundesjustizministerin. Für den Ministerpräsidenten kam der Wechsel nicht ungelegen. Mit Hubig ist Rheinland-Pfalz am Berliner Kabinettstisch vertreten, und Schweitzer konnte vor der Landtagswahl einen neuen Anlauf der oft kritisierten Bildungspolitik nehmen. Seitdem sitzt nach Dreyers Abgang nun wieder ein Trierer auf der Mainzer Regierungsbank. Sven Teuber, der zuvor bildungspolitischer Sprecher der SPD im Landtag war, folgte auf Hubig.
Durch den bislang letzten Wechsel im Kabinett brachte Schweitzer auch ein Ungleichgewicht ins Männer-Frauen-Verhältnis, das unter Dreyer bei den SPD-Ministern zuvor ausgeglichen war. Der „innere Feminist“ sei trotz des Männerüberhangs mit sich im Reinen, sagte Schweitzer dazu bei Teubers Vorstellung.