Die grausame Tat an einer 24-Jährigen und einem 29-Jährigen auf nächtlicher Streife bei Kusel hat vor zwei Jahren bundesweit Entsetzen ausgelöst
Der Mord an zwei Polizisten schmerzt noch immer: Tat vor zwei Jahren löste Entsetzen aus
Zweiter Jahrestag der Polizistenmorde bei Kusel
Die tödlichen Schüsse von Kusel haben in ganz Deutschland Trauer und Bestürzung ausgelöst. Beim Polizeipräsidium in Kaiserslautern gingen Tausende Kondolenzschreiben aus der ganzen Welt ein. In Kusel fand drei Tage nach der Tat eine bewegende Trauerfeier für die beiden Polizisten statt, an der rund 800 Menschen teilnahmen. Heute erinnert eine Gedenktafel nahe des Tatorts an die Getöteten. Foto: Harald Tittel/dpa
Harald Tittel. dpa

Kusel. Der Mord an zwei Polizisten auf nächtlicher Streife bei Kusel in der Westpfalz hat vor zwei Jahren bundesweit Entsetzen ausgelöst. Vor Ort ist die Tat noch gegenwärtig – und schmerzt nicht nur am Jahrestag.

Zweiter Jahrestag der Polizistenmorde bei Kusel
Die tödlichen Schüsse von Kusel haben in ganz Deutschland Trauer und Bestürzung ausgelöst. Beim Polizeipräsidium in Kaiserslautern gingen Tausende Kondolenzschreiben aus der ganzen Welt ein. In Kusel fand drei Tage nach der Tat eine bewegende Trauerfeier für die beiden Polizisten statt, an der rund 800 Menschen teilnahmen. Heute erinnert eine Gedenktafel nahe des Tatorts an die Getöteten. Foto: Harald Tittel/dpa
Harald Tittel. dpa

Weiße Schutzengel stehen zwischen Grablichtern, Blumen und Gestecken. Ein graues Kreuz trägt die Aufschrift „Geliebt und unvergessen“, zwei Steinherzen „Wir vermissen dich“. Das Gedenken gilt zwei jungen Polizisten, die nahe der jetzigen Trauerstätte ermordet wurden. Am 31. Januar ist es zwei Jahre her, dass ein Wilderer die Beamten auf nächtlicher Streife an der abgelegenen Straße kaltblütig erschossen hat.

An dem Gedenkort, der liebevoll auf einem Parkplatz angelegt wurde, steht die Zeit still. Regelmäßig kommen Menschen vorbei: „Es sind immer frische Blumen da. Man sieht, dass das frequentiert und gepflegt wird“, sagt der Bürgermeister der Stadt Kusel, Jochen Hartloff (SPD). Am Tatort selbst erinnert ein Holzkreuz an das schreckliche Verbrechen. „Wenn man hier vorbeifährt, begleitet das einen immer. Man weiß, hier war das“, sagt Hartloff.

„Komm schnell, die schießen, die schießen“

Rückblick, 31. Januar 2022: Die 24-jährige Polizeianwärterin und der 29-jährige Polizeikommissar sind in der Nacht in Uniform in einem Zivilfahrzeug unterwegs – eigentlich wegen einer Fahndung nach einem Einbrecher. Gegen 4 Uhr morgens kommt ihnen ein geparkter Kastenwagen an der Straße verdächtig vor. Sie halten an, berichten zunächst über Funk von „dubiosen Personen“, im Laderaum entdecken sie mehr als 20 gewilderte Hirsche und Rehe. Sie fordern bei den Kollegen Verstärkung an und rufen schließlich um Hilfe: „Komm schnell, die schießen, die schießen.“ Wenige Minuten später sind sie tot.

Per Kopfschüssen getötet von dem heute 40-jährigen Andreas S., der mit der Tat die gewerbsmäßige Jagdwilderei verdecken wollte, wie es im Urteil des Landgerichts Kaiserslautern im November 2022 hieß. Der Saarländer wurde wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Damit gilt eine Entlassung des Mannes nach 15 Haftjahren als ausgeschlossen. Das Urteil ist seit dem Sommer 2023 rechtskräftig.

Der grausame Doppelmord an den Polizisten ist bei den Bürgern in Kusel noch präsent: „Das ist etwas, das im kollektiven Gedächtnis ist“, sagt der Bürgermeister. Durch „die schnellen und eindeutigen Entscheidungen der Gerichte“ sei aber mittlerweile „auch ein bisschen Ruhe“ eingekehrt. „Das macht die Tat nicht ungeschehen, sie behält ihre schrecklichen Dimensionen, aber man sieht, der Staat hat agiert und hat auch vernünftig agiert“, sagt Hartloff.

Bei der Polizei in der Westpfalz wird es keine offizielle Veranstaltung zum Jahrestag geben. „Geplant ist, dass die Behördenleitung die beiden Gräber besucht. Ansonsten wird es ein eher stilles Gedenken. Es kann sein, dass man zusammenrückt und eine Kerze anzündet oder in einer Gedenkminute verharrt“, sagt ein Sprecher.

Jeder gehe mit Trauer anders um und werde den Tag so begehen, wie es für ihn passend sei. „Natürlich wird man im Alltag noch darauf angesprochen.“ Intern sei der damalige Einsatz professionell nachbereitet worden, sagt der Sprecher. „Das ist abgeschlossen und wird jetzt landesweit auf Führungsebene sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgestellt.“

Polizistinnen und Polizisten wollen dem Sprecher zufolge am Jahrestag an der Gedenkstätte an der Hochschule der Polizei zusammenkommen. Der 31. Januar 2022 habe „eine tiefe Narbe“ hinterlassen. „Er hat aufgezeigt, welche Risiken und Gefahren der Polizeiberuf mit sich bringt. Allerdings hat er auch gezeigt, wie stark der Zusammenhalt und die Solidarität innerhalb der Polizeifamilie sind.“

Polizeigewerkschaft erhofft sich viel von Bodycams im Einsatz

Nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Rheinland-Pfalz treibt das schreckliche Verbrechen Polizisten immer noch um. „Es taucht in Gesprächen immer wieder auf“, sagt die Landesvorsitzende Stefanie Loth. Sie gehe davon aus, dass es auch in psychologischen Beratungen nach wie vor „Redebedarf“ gebe. „Aber ich vermute, dass der mit der Zeit auch ein bisschen zurückgeht.“ Wenn es aber darum gehe, wie sich Polizisten besser gegen Angriffe sichern könnten, sei die Tat von Kusel präsent. „Bei Fragen der technischen Ausstattung, beim Training und bei dem Bewusstsein, das man im Dienst hat – da kommt das immer wieder vor“, sagt Loth.

Fakt ist, dass Angriffe auf Polizisten in Rheinland-Pfalz – verbal und tätlich – zugenommen haben. 2022 ist die Zahl der Taten insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um knapp 28 Prozent gestiegen. Es gab insgesamt 7243 geschädigte Polizeibeamte. Wegen des Corona-Effekts ist der Anstieg möglicherweise höher ausgefallen als sonst. „Aber der Trend geht schon länger nach oben“, sagt Loth.

Die Nutzung von Bodycams auf Polizeieinsätze in Wohnungen auszuweiten – das findet Loth gut und beschreibt, dass dies eine wichtige Forderung der GdP war und ist. „Der Bodycam wird eine deeskalierende Wirkung zugeschrieben. Das klappt nicht in 100 Prozent der Fälle, aber es klappt.“ Ansonsten könne es für Polizisten kaum mehr Unterstützung durch Gerätschaften geben. „Es passt kaum noch was an den Gürtel“, sagt sie mit Blick auf Waffe, Schlagstock und Taser.

In einem anderen Prozess wird sich der Polizistenmörder wegen Jagdwilderei und versuchter gefährlicher Körperverletzung nochmals verantworten müssen. Im März 2023 war er am Amtsgericht Neunkirchen in der Sache freigesprochen worden. Da die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat, kommt das Verfahren vor das Landgericht Saarbrücken. Ein Termin stehe noch nicht fest, sagt der Sprecher des Landgerichts.

Darüber hinaus gibt es bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken keine weiteren Ermittlungsverfahren wegen Jagdwilderei oder Verstößen gegen das Waffengesetz gegen den Mann mehr, sagt der Sprecher. Sie sind eingestellt worden, weil sie verjährte Vorwürfe zum Gegenstand hatten oder weil sie mit Blick auf die Verurteilung in Kaiserslautern ohne Folgen für die zu verbüßende Strafe gewesen wären.

Die GdP-Landesvorsitzende Loth sagt, sie werde „rund um den Jahrestag“ die Gedenkstätte bei Kusel besuchen. „Ganz still und leise, ganz diskret.“ Sie wird nicht die Einzige sein.

Top-News aus der Region