Olaf Scholz informiert sich über Wiederaufbau im Flutgebiet
Der Kanzler vergisst das Ahrtal nicht: Olaf Scholz informiert sich über Wiederaufbau im Flutgebiet
Das Dorf Ahrbrück ist von der Flut schwer getroffen worden – hier wie im gesamten Ahrtal kommt der Wiederaufbau langsam voran. Über die Fortschritte informiert Ortsbürgermeister Walter Radermacher (links) Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (beide SPD). Foto: dpa
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Knapp neun Monate nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hat Bundeskanzler Olaf Scholz die stark getroffene Ortsgemeinde Ahrbrück besucht. Der SPD-Politiker sprach am Dienstag eine gute Stunde mit Betroffenen und informierte sich über ein Konversionsprojekt, bei dem auf einem Fabrikgelände rund 150 neue Wohneinheiten entstehen sollen.

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Ausnahmezustand in Ahrbrück: Erwartet wird hoher Besuch. Bundeskanzler Olaf Scholz kommt. Das hat sich in dem kleinen Ort schnell herumgesprochen. Und viele Bürger wollen den Kanzler sehen, Familien stehen vor ihrem Haus, manche kommen auch zum Bahnhof, um Olaf Scholz nicht nur durch die Scheiben der Limousine zu erahnen.

Zuvor Besuch in Bad Münstereifel

Was erwarten sie von dem Besuch? „Ich finde es gut, dass er kommt. Die Aufmerksamkeit ist wichtig“, sagt etwa Marco Klaes aus Ahrbrück. Er konnte mit seiner Familie bereits wieder ins von der Flut schwer beschädigte Haus zurückkehren. Er ist der Meinung: „Es wird schon sehr viel getan hier.“ Doch es gibt für einzelne auch heute noch Rückschläge. Klaes berichtet von Familien, die erst jetzt erfahren haben, dass ihr Haus nicht mehr zu retten ist und abgerissen werden muss. Achteinhalb Monate nach der Flut. Ob sie die Kraft haben, nach dem Abriss neu zu bauen, wird die Zeit zeigen.

Olaf Scholz (SPD) informiert sich im Bahnhof über den Stand des Wiederaufbaus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begleitete den Kanzler auch schon am Vormittag nach Bad Münstereifel. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) sowie Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) und Umweltministerin Karin Eder (Grüne) waren ebenfalls dabei, um Scholz umfassend zu informieren. Traktoren rollen an dem kleinen Bahnhofsgebäude vorbei. Dazu Kipplaster, die Autos von Handwerkern. Fast wirkt es wie gestellt, aber es sind die normalen Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten, die emsig weiterlaufen. Tag für Tag, seit dem 14. Juli.

Ausmaße der Flut in Ahrbrück

Die Wunde, die die Flut ins Ahrtal gerissen hat, ist besonders an der zweiten Station des Besuchs noch deutlich zu sehen. Wie eine Narbe sind die Ufer der sonst so beschaulichen Ahr braun verkrustet vom Schlamm. Der Ahrbrücker Ortsbürgermeister Walter Radermacher zeigt Olaf Scholz und den Ministerinnen und Ministern an der Ahrbrücke die Ausmaße der Flut. Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) sagt: „Ahrbrück ist ein gutes Beispiel für den Zustand der Orte an der Mittelahr.“ Neun Menschen sind dort ums Leben gekommen, zahlreiche Häuser mussten abgerissen werden. Eine Anwohnerin zeigt auf eine Fläche am Ahrufer und sagt: „Dort standen mal fünf Häuser, dort die Feuerwache.“ Das Bild des Ortes hat sich deutlich verändert.

Der Gedenkstein, der ursprünglich auf der anderen Seite der Ahr stand, wurde von der Wucht des Wassers mitgerissen und in der nächsten Flusskurve gefunden. Nun wurde er wieder aufgestellt. Der 85-jährige Richard Hupperich kann nicht mehr so gut stehen und nimmt kurzerhand auf dem Sockel des Denkmals Platz. Er habe den Stein damals mit aufgebaut, berichtet er stolz, als er noch bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv war. Nun sei er froh, dass der Stein wiedergefunden wurde.

Scholz zeigt Betroffenheit

Beim Blick auf diese für die Bewohner des Tals immer noch schmerzhafte Wunde sieht man Olaf Scholz seine Betroffenheit an. Er fragt interessiert nach, hört zu, lässt sich alles erklären, das macht den Menschen Hoffnung. Genau wie Projekte, die das Leben im Tal wieder möglich machen, und zwar hochwassersicher. Das Gelände von Brohl Wellpappe in einem kleinen Seitental ist so ein Projekt. Auf dem Gelände werden in den kommenden Jahren Einfamilienhäuser und Wohnanlagen entstehen. Möglicherweise kann bereits im kommenden Jahr gebaut werden auf Flächen, die zurzeit Wiese sind.

Das große Lagergebäude soll 2023 abgerissen werden, 2024 könnte es dort, wenn alles gut läuft, mit dem Bau losgehen. Robert Freisberg aus dem Innenministerium in Mainz erläutert Scholz, dass auf dem Fabrikgelände rund 150 neue Wohneinheiten entstehen sollen. Das Land fördert das Projekt mit rund 4,1 Millionen Euro. „Das ist ein Angebot nicht nur für Ahrbrück, sondern fürs ganze Ahrtal.“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer stellt dabei vor allem das Engagement der Inhaberfamilie Boltersdorf in den Vordergrund. Diese hatte sich kurz nach der Flut dazu entschlossen, der Ortsgemeinde zu helfen, indem sie ihr das dortige Betriebsgelände für einen symbolischen Euro überlässt. Immerhin seien auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Flutkatastrophe betroffen.

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