Rheinland-Pfalz
Der Hahn kann auf weitere Hilfen hoffen

Der Flughafen Hahn (Symbolbild)

dpa

Brüssel/Rheinland-Pfalz - Der Flughafen Hahn wäre ganz leicht aus allen Turbulenzen heraus. Er müsste nur genug Geld verdienen, um sich selbst tragen zu können. Doch das können nur die ganz großen Airports in Deutschland und Europa.

Brüssel/Rheinland-Pfalz – Der Flughafen Hahn wäre ganz leicht aus allen Turbulenzen heraus. Er müsste nur genug Geld verdienen, um sich selbst tragen zu können. Doch das können nur die ganz großen Airports in Deutschland und Europa.

Von unserem Landeskorrespondent Dietmar Brück

Die mittleren und kleinen Fliegerhorste brauchen bislang die helfende Hand des Staates – so auch der Hahn im Hunsrück. An der Sache ist allerdings ein Haken: Wenn einzelnen Flughäfen zu großzügig unter die Arme gegriffen wird, verzerrt das den europäischen Wettbewerb. Diesen Verdacht hat die EU am Hahn.

Daher prüft sie, ob illegale Subventionen geflossen sind. Mit der – mit Spannung erwarteten – neuen Flughafenleitlinie klärt Brüssel, welche staatlichen Hilfen in Zukunft erlaubt sind. Das ist besonders für den defizitären Flughafen Hahn überlebenswichtig, den das Land gerade mit 86 Millionen Euro per Nachtragshaushalt gestützt hat.

Der offizielle Entwurf zur Flughafenleitlinie soll in weinigen Tagen oder Wochen kommen. Ein erster – undatierter – Entwurf kursiert bereits. Erfreulich ist: Das Papier fällt erstaunlich differenziert aus. Denn die Autoren haben die europäischen Flughäfen in fünf Kategorien aufgeteilt. Daran bemisst sich, wie gefördert werden darf.

Kategorie 1: Am großzügigsten ist die EU bei kleinen Flughäfen bis zu 200 000 Passagieren im Jahr. Hier gehen die Autoren davon aus, dass diese weitgehend nicht in der Lage sind, ihre Kosten zu decken. Also darf ihnen geholfen werden.

Kategorie 2: Die Flughäfen mit 200 000 bis einer Million Passagieren sollten ihre Betriebskosten weitgehend decken können – mit Ausnahme der Instandhaltung. Die EU räumt aber ein, dass die Airporte ihre Kapitalkosten kaum schultern können. Von dieser Kategorie ist der Flughafen Zweibrücken mit rund 249 000 Passagieren (Stand 2012) betroffen.

Kategorie 3: Hat ein Flughafen eine bis drei Millionen Passagiere, muss er „einen Großteil“ seiner Betriebskosten (inklusive Instandhaltungskosten) decken. Allenfalls bei den Kapitalkosten billigt Brüssel hier staatliche Hilfen zu. Mit knapp 2,8 Millionen Passagieren im Jahr (Stand 2012) fällt der Hahn in diese Kategorie.

Kategorie 4: Flughäfen mit drei bis fünf Millionen Passagieren müssen sich weitgehend selbst finanzieren. Ausnahme: In Einzelfällen können Hilfen zur Begleichung der Kapitalkosten fließen.

Kategorie 5: Wenn ein Flughafen mehr als fünf Millionen Passagiere hat, bekommt er keine staatliche Hilfen mehr. Das wäre beim Flughafen Frankfurt der Fall.

Kapitalkosten gehen häufig aus dem Auf- und Ausbau eines Fliegerhorstes hervor. Sie sind investive Kosten. In diese Sparte fallen auch Instandhaltungskosten, die anfallen, wenn ein Gebäude saniert, ein Tower repariert oder eine Landebahn ausgebessert wird. Anders bewertet werden die Betriebskosten. Diese entstehen beim laufenden Betrieb, zeigen, wie leistungsstark ein Unternehmen ist.

Die Abstufungen bei den investiven Kosten: Nach dem Entwurf der Leitlinien dürfen bei Flughäfen mit mehr als fünf Millionen Passagieren (Frankfurt) gar keine Investitionsbeihilfen mehr fließen. Bei Airports zwischen drei und fünf Millionen Passagieren im Jahr sind staatliche Subventionen in Höhe von 25 Prozent der Investitionskosten erlaubt. Fliegen eins bis drei Millionen Passagiere ab, beträgt der Wert 50 Prozent (Flughafen Hahn). Bei kleineren Flughäfen kann der Staat bis zu 75 Prozent der Investitionskosten beisteuern (Westpfalz-Airport Zweibrücken).

Die Entfernungsregel: Eine Einschränkung existiert. Wenn der nächste Flughafen bis zu 100 Kilometer entfernt liegt oder in weniger als 60 Minuten erreichbar ist, muss jede staatliche Beihilfe von der EU genehmigt werden (Notifikation). Von dieser Grundregel kann die Wettbewerbsbehörde in Einzelfällen abweichen. Luftlinie liegen die Flughäfen Frankfurt und Frankfurt-Hahn nur knapp 94 Kilometer auseinander. Nach Straßenkilometern gerechnet, sind es allerdings fast 117 Kilometer. Die Fahrtzeit per Auto oder Bus beträgt in jedem Fall mehr als 60 Minuten. Bei den Flughäfen Saarbücken und Zweibrücken beträgt der Abstand per Luftlinie 21 Kilometer und über die Straße 38 Kilometer. Der EU-Abgeordnete Jürgen Creutzmann (FDP) sieht hier eine enge Kooperation oder Fusion als zwingend an. „Beide Seiten kommen rein aus Prestigegründen nicht zu Potte. Das geht so nicht.“

Bei den Betriebskosten und Anlaufhilfen fährt die EU eine härtere Linie. Sie sollen bis zum 31. Dezember 2023 komplett wegfallen. Den laufenden Betrieb müssen dann auch die kleinen Flughäfen alleine stemmen – das gilt auch für Hahn und Zweibrücken.

Pluspunkte für den Hahn: Das Frachtaufkommen wird nicht in Passagiere umgewandelt, also bei der Größeneinstufung ignoriert. Das hilft dem Hunsrück-Flughafen, der im Güterverkehr zu den größten Drehscheiben Deutschlands zählt. Zudem werden „hoheitliche Aufgaben“ nicht als wirtschaftliche Tätigkeit gewertet. Das Land Rheinland-Pfalz darf also weiter Kosten für Sicherheit, Brandschutz oder Wetterdienste erstatten.

Im Mainzer Innenministerium ist man nicht unzufrieden. Ressortchef Roger Lewentz (SPD) meint: „Die Grundaussagen des Entwurfs stimmen hoffnungsvoll, Hahn und Zweibrücken in eine gute Zukunft zu bringen.“

EU-Energiekommissar Günther Oettinger macht in Brüssel deutlich, dass die Kommission nicht kompromisslos vorgeht, aber einen Dumpingwettbewerb unter europäischen Flughäfen verhindern will. Davon sind auch staatliche Anreize betroffen, um Fluglinien anzuwerben.

Gesprächspartner in Brüssel lassen keinen Zweifel daran, dass Dauersubventionen für das laufende Flughafengeschäft unerwünscht sind – auch wenn es um viele Arbeitsplätze geht. Der Hunsrück-Airport Hahn wird also – zumindest im operativen Betrieb – schwarze Zahlen schreiben müssen. Und auch bei den Investitionskosten kann er allenfalls auf eine Teilentlastung hoffen. Ob das reicht, wird man sehen.

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