Folge des Rüstungspakets?
Bundeswehr will Cyberbunker doch zurückhaben
Hoch oben auf dem Mont Royal über der Mosel bei Traben-Trarbach liegt das 13 Hektar große Gelände des ehemaligen Bundeswehrbunkers.
Johannes Schramm/Trierischer Volksfreund

Die deutsche Aufrüstung könnte sich nun auch an der Mosel bemerkbar machen. Plötzlich hat die Bundeswehr doch wieder Interesse an dem Bunker in Traben-Trarbach.

Deutschland rüstet auf. Und kaum ist das nächste Milliardenpaket für die Verteidigung geschnürt, will die Bundeswehr ihren ehemaligen Bunker in Traben-Trarbach nun offenbar doch wieder zurückhaben. Nach Auskunft des Traben-Trarbacher Stadtbürgermeisters Patrice Langer hat es diese Woche einen Termin vor Ort gegeben, bei dem Vertreter der Bundeswehr großes Interesse bekundet hätten, „die gesamte Liegenschaft zu reaktivieren“.

Die Verkäuferin, das Landesamt für Steuern (LfSt), bestätigt: „Die Bundeswehr hat Interesse bekundet, aber auch nicht mehr und nicht weniger.“ Das müsse dort nun geprüft werden.

Die Zufahrt zum sogenannten Cyberbunker, in dem Kriminelle über Jahre Jahre ein illegales Rechenzentrum betrieben haben. Erst Bundeswehr-Bunker, dann Darknet-Zentrum - und künftig? Die Bundeswehr hat offenbar wieder interesse an der Anlage.
Harald Tittel/dpa. picture alliance/dpa

Für Langer ginge ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung, wenn der Standort wieder militärisch genutzt würde. Er hatte vor dem Verkauf des Bunkers an Cyberkriminelle, die dort zwischen 2013 und 2019 ein illegales Rechenzentrum betrieben, selbst im Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr auf dem Mont Royal gearbeitet und sich seitdem sehr gewünscht, dass die Bundeswehr oder eine andere große Behörde dort eines Tages wieder einziehen und Steuergeld in die Stadtkasse spülen würde.

Auch Andreas Hackethal, Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich, war vor Ort dabei und begrüßt die Pläne sehr. „Das wäre für die Anlage, die in einem baulich hervorragenden Zustand ist, eine ideale Lösung“, sagt er.

Wie kommt es zu dem Sinneswandel der Bundeswehr?

Wie es zu dem Sinneswandel der Bundeswehr kommt, ist ungewiss. Antworten auf eine Anfrage unserer Zeitung stehen noch aus. Liegt es an den zusätzlichen Rüstungsmilliarden? An den wachsenden Spannungen mit Russland? An einem Nato-Partner USA, auf den kein Verlass mehr zu sein scheint? An wachsenden Cyberbedrohungen? Oder schlicht an den wahrhaft atombombensicheren Wänden des fünf Stockwerke tiefen Bunkers aus Zeiten des Kalten Krieges, dass die Immobilie für Deutschlands Sicherheit nun doch plötzlich wieder attraktiv ist?

Als das 13 Hektar große Gelände nach dem Ende des jahrelangen Gerichtsprozesses um den Cyberbunker zum Verkauf stand, war die Bundeswehr als ehemalige Besitzerin als Erste gefragt worden, ob sie es nicht zurück erwerben wolle. Die Antwort war ein klares Nein. Nicht einmal ein ganzes Jahr ist das her. Und doch hat sich in dieser kurzen Zeit die gesamte Weltordnung verändert. Was passierte im Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr?

Neben dem Militär gibt es laut Landesamt für Steuern inzwischen 39 andere Kaufinteressenten. Ein Wertgutachten sei nach wie vor in Arbeit. Die bisher bekannten Ideen für die Ausnahme-Immobilie waren: ein Käselager, ein Erlebnishotel, gewerbliche Nutzung, ein Bunkermuseum oder ein Datenzentrum. Man kann nur mutmaßen, dass auch die Bundeswehr dort wieder – wie früher – ein Rechenzentrum einrichten würde.

Der Cyberbunker oder korrekter: Das ehemalige Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr liegt auf 13 Hektar Fläche auf einem Höhenkamm über Traben-Trarbach. Von dort aus wurden der Truppe im Kalten Krieg Wetterberichte, Infos zur Flugsicherheit, Höhendaten und Kartenmaterial zur Verfügung gestellt.

Herzstück ist der 5500 Quadratmeter große, fünf Stockwerke (25 Meter) tiefe Schutzbau aus den 1970er-Jahren. Verkauft wurde er laut Exposé mit Rechenzentrum, Werkstätten, Aufenthalts- und Sanitärräumen, Aufzügen, Kranschacht, vier Notstromaggregaten, Schiffsdieselmotoren mit vier 30.000-Liter-Tanks, Klima-, Trinkwasserversorgungs- und Dekontaminationsanlage sowie kompletter IT-Verkabelung. Zudem zählen zwei große Bürogebäude (1600 und 2600 Quadratmeter) samt Sanitär und Kantine, ein Wachhaus mit Hundezwinger, eine Poststelle und Garagen dazu.

Wie der Cyberbunker zum illegalen Datenzentrum wurde

Trotz erster Warnungen verkaufte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das Gelände 2013 für 450.000 Euro an die Stiftung eines dubiosen niederländischen Software-Entwicklers. Der baute den Bunker zu einem Rechenzentrum aus, das seine überwiegend kriminellen Kunden vor behördlicher Verfolgung schützte, sodass diese im Darknet in Hunderttausenden Fällen Drogen, Waffen oder gefälschte Dokumente verkaufen konnten.

Bei einer Großrazzia wurde der Bunker im Herbst 2019 ausgehoben. Der größte Schlag gegen Cyberkriminelle, den es in Deutschland bis dahin gegeben hatte. Die Mitglieder der Bunkerbande wurden rechtskräftig wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt, sind inzwischen jedoch alle wieder auf freiem Fuß.

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