Frage nach dem Warum bleibt
Bluttat von Weitefeld: Gottesdienst spendet Hoffnung
Die Gottesdienstbesucher lassen im Anschluss vor der Kreuzkirche Betzdorf weiße Luftballons gen Himmel steigen. An ihnen sind Kärtchen mit ihren Wünschen und Sorgen angebracht.
Daniel-D. Pirker

Der Ermordung einer Familie in Weitefeld wühlt die Menschen im Westerwald nach wie vor auf. Ein ökumenischer Gedenkgottesdienst nahm den Hinterbliebenen Ängste – ohne falsche Hoffnung auf eine Antwort zu dem Warum zu wecken. 

Nein, auch die Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen haben in diesem besonderen Gottesdienst keine Antwort auf die Frage, die seit dem 6. April den Westerwald umtreibt: Wieso wurden eine 46-jährige Frau, ihr 47-jähriger Ehemann und der 16-jährige Sohn in ihrem Haus von einem seitdem flüchtigen Täter ermordet?

Sarah Giermann-Striegl hatte den ökumenischen Gedenkgottesdienst in der evangelischen Kreuzkirche Betzdorf mit einer Gruppe weiterer Helfer im Hintergrund initiiert. Bei den Kirchen stieß sie mit ihrer Idee auf offene Ohren. Ihr Fazit fällt positiv aus. Sie wollte vor allem den Mitschülern des ermordeten Sohns, der die IGS Betzdorf-Kirchen besuchte, einen Raum geben, um ihrer Trauer und Sorgen Ausdruck zu verleihen. Und tatsächlich finden sich zahlreiche Schüler in den Sitzreihen der Kirche.

Wünsche und Sorgen gen Himmel gesendet

Nach dem Gottesdienst lassen sie ihre zuvor auf Zettel geschriebenen Wünsche gen Himmel mit weißen Luftballons steigen – zu den Verstorbenen, wie die evangelische Pfarrerin Katrin Bayer von der Kanzel aus erklärt hatte. Die Angehörigen konnten keinen Abschied von den drei Getöteten nehmen. Auch für sie sind die Kärtchen also gedacht, um nie gesagte Worte und Gedanken an die plötzlich aus dem Leben Gerissenen zu richten.

„Im Licht des Herrn sind nicht Schmerz und Leid und Streit.“
Markus C. Watrinet, Priester des Pastoralen Raums Betzdorf

Anhand der Auferstehungsgeschichte von Lazarus im Neuen Testament hatte Pfarrer Markus C. Watrinet im Gottesdienst versucht, klarzumachen: „Im Licht des Herrn sind nicht Schmerz und Leid und Streit. Es gibt ein Leben nach dem Tod.“ Zwar könnten die Toten nicht ersetzt werden, doch manchmal entstehe eine neue Nähe zwischen den Hinterbliebenen, „weil sie gemeinsam geliebt, gehofft, gebannt und ausgehalten haben“, so die von Hoffnung geprägten Worte des katholischen Priesters.

Gleichzeitig räumt er ein: Auf die offenen Fragen zur Tat „werden wir keine Antwort finden“. So wie Jesus, der mit der am Kreuz geschrienen Frage nach dem Warum starb. Doch Gott habe Jesus nicht fallen lassen. „Im Leid war Gott da, mit der Macht der Liebe. Deshalb hoffen wir, dass in all dem Schrecklichen, in all dem Unbegreiflichen, auch verborgen das Geheimnis da ist, dass wir Gott sind.“

Katrin Bayer und ihr katholischer Kollege, Priester Markus C. Watrinet, nehmen während des Gottesdienstes vor allem die Rolle von Tröstern ein, die Hoffnung spenden wollen. So versucht sich Pfarrerin Bayer gleich zu Beginn in die Trauernden hineinzuversetzen: „Uns erfüllen Wut und Schmerz – uns beherrschen Angst und Verzweiflung“, so die Geistliche. Priester Watrinek fragt in Richtung Gott: „Warum hast du das zugelassen? Warum traf es diese Familie? Wohin mit der Liebe, die noch gelebt werden will?“ Bayer sagt: „In unserer Ohnmacht dürfen wir uns bei dir erfreuen. Du lässt uns nicht allein. Du allein kennst unsere Herzen und hast einen Weg für uns.“

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