2,8 von 5 Sternen für den Hahn
Bei Online-Bewertungen lassen Kunden Muskeln spielen
Nur 2,8 Sterne bei den Google-Bewertungen: Der Flughafen Hahn landete in einem Airport-Ranking, das auf diesen Rezensionen beruhte, kürzlich auf dem letzten Platz.
Tim Kosmetschke

Auf Online-Bewertungsportalen schneidet der Flughafen Hahn meist nicht besonders ab, jetzt wurde er gar zum unbeliebtesten Airport Deutschlands gekürt. Welche Rolle spielen Rezensionen bei Google und Co.? Wir haben Experten gefragt.

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Würden Sie in einem Restaurant essen, das bei den Google-Bewertungen im Internet nur 2,8 von 5 Sternen hat? Wenn es besser bewertete Alternativen gibt? Immer häufiger werden Kauf- oder Konsumentscheidungen von Online-Bewertungsportalen abhängig gemacht. Für den Flughafen, von dem aus man in den nächsten Urlaub startet, gilt das mit Sicherheit nicht genauso – da spielen andere Faktoren eine Rolle, vor allem der Ticketpreis und die Erreichbarkeit.

Dennoch: Dass der Flughafen Hahn aktuell nur bei 2,8 Google-Sternen steht und damit in einem Ranking, das auf den Bewertungen basiert, auf dem deutschlandweit letzten Platz landete, dürfte die Airport-Manager ärgern. Welche Rolle spielen Bewertungen bei Google, Holidaycheck, Tripadvisor und generell für Gewerbetreibende jeder Art? Und wie geht man als Anbieter mit negativen Bewertungen um? IHK und Dehoga geben Hinweise.

Viele Kunden googlen erstmal, bevor sie ein Restaurant oder ein Geschäft betreten. Und stoßen dort auf Rezensionen, die manchmal ganz schön heftig Kritik üben.
Lukas Schulze. picture alliance/dpa

Der Flughafen-Hahn-Betreiber Triwo ließ eine Anfrage unserer Zeitung zum kürzlich veröffentlichten Airport-Ranking des Fluggastrechteportals AirHelp unbeantwortet. Darin wurde der Hunsrück-Airport zum unbeliebtesten Flughafen Deutschlands gekürt – nicht das erste Mal, dass die bei vielen Reisenden wegen ihrer kurzen Wege und günstigen Parkplätzen durchaus beliebte Ex-Airbase in solchen Auswertungen mies abschnitt. AirHelp hatte nach eigenen Angaben mehr als 316.000 Google-Rezensionen von Passagieren, die ihre Erfahrungen an deutschen Flughäfen geteilt haben, ausgewertet. Dabei verschlechterte sich der Hahn sogar gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Sterne.

Die immense Bedeutung von Online-Bewertungen ist gerade im Bereich Tourismus, Gastgewerbe und Handel mittlerweile unumstritten. „In einer Zeit, in der die digitale Präsenz und die Online-Reputation mitunter über den Unternehmenserfolg mitentscheiden, ist es unerlässlich, die Dynamik und die Auswirkungen von Kundenfeedback zu verstehen“, sagt Alexander Vatovac, Geschäftsführer Unternehmensservice bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz. Gästebewertungen sind zu einer der wichtigsten Währungen geworden, betont Vatovac auf Anfrage unserer Zeitung: „Sie beeinflussen nicht nur das Vertrauen potenzieller Gäste und Kunden, sondern wirken sich auch direkt auf die Sichtbarkeit bei Suchmaschinen aus.“ Positives Kundenfeedback stärke die Marke, verbessere die digitale Präsenz und verschaffe Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil.

„Ignorieren ist keine Option.“
Alexander Vatovac, Geschäftsführer Unternehmensservice bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz, zu Onlinebewertungen

Gewerbetreibende sollten zufriedene Kunden also aktiv ermutigen, ihre positiven Erfahrungen zu teilen und eine Bewertung abzugeben – ein Ratschlag, den auch Gereon Haumann häufig gibt. Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Rheinland-Pfalz beobachtet, dass dieses Bewusstsein in der Hotellerie bereits weit verbreitet ist, die Gastronomie habe noch etwas Nachholbedarf. „Viele Hoteliers haben da ein richtiges Prozedere entwickelt – sie ermuntern ihre Gäste, Feedback auf bestimmten Portalen zu geben, manche belohnen es sogar mit einem Cappuccino oder einem Freigetränk an der Bar.“

Der Gedanke dabei: Wer zufrieden war, ist in der Regel weniger motiviert, eine Rezension abzugeben, als jemand, der etwas zu kritisieren hat. „Was gut läuft, wird oftmals nicht bewertet, sondern so hingenommen“, sagt Haumann. Umso wichtiger für das Gesamtbild, dass auch zufriedene Gäste eine Note abgeben. Unter vielen Fünf-Sterne-Bewertungen fallen Ausreißer nach unten nicht so schwer ins Gewicht.

Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Rheinland-Pfalz, Gereon Haumann, beobachtet, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Onlinebewertungen in der Hotellerie bereits weit verbreitet ist, die Gastronomie habe noch etwas Nachholbedarf.
Felix Kästle. picture alliance/dpa

Denn klar ist: „Negative Bewertungen – ob berechtigt oder nicht – können das Vertrauen potenzieller Kunden erheblich beeinträchtigen“, sagt Alexander Vatovac von der IHK. „Einzelne schlechte Rezensionen wirken sich schnell auf den Gesamteindruck aus, insbesondere wenn nicht zeitnah und professionell darauf reagiert wird.“ Zudem bestehe die Gefahr von Fake-Bewertungen. „Ein aktives Bewertungsmanagement und der konstruktive Umgang mit Feedback gelten als zentrale Faktoren, um langfristig Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu fördern.“

Vatovac sagt klipp und klar: „Ignorieren ist keine Option.“ Bewertungen sollten ernst genommen und aktiv betreut werden. Unternehmen sollten möglichst auf alle Rückmeldungen reagieren: auf positive Kommentare mit einem kurzen Dank, auf negative mit sachlicher und professioneller Haltung – etwas, was der Hahn offenbar grundsätzlich nicht tut; auch nicht bei den durchaus vorhandenen positiven Rezensionen. Vatovac: „Kritisches Feedback bietet die Gelegenheit, Missverständnisse zu klären und das Vertrauen der Kundschaft zu stärken.“

Das sieht Haumann ganz ähnlich: „Ich ermuntere unsere Betriebe, diese Portale als kostenlose Unternehmensberatung zu sehen. Gibt es gerechtfertigte Kritik, gibt das dem Gastgeber die Möglichkeit, auf Fehlersuche zu gehen.“ Haumann sagt, dass der Umgang mit konstruktiver Kritik gerade in seiner Branche „Teil der DNA ist“: „Wir wollen unsere Gäste doch begeistern.“ Also müsse man ihnen auch zuhören, wenn sie ihre Meinung sagen. Auch wenn das schmerzlich sein kann.

Auf jede Kritik reagieren – das kann allerdings auch ganz schön Zeit fressen. IHK-Experte Vatovac sieht durchaus eine Möglichkeit darin, diesen Job an spezialisierte Agenturen auszulagern – „vorausgesetzt, die Antworten bleiben authentisch und stimmen mit den Unternehmenswerten überein“. Auch digitale Lösungen wie Chatbots oder KI können bei der Bearbeitung unterstützen, sofern Rückmeldungen zeitnah und angemessen erfolgen. „Ziel ist stets ein transparenter und lösungsorientierter Dialog – als zentraler Bestandteil erfolgreicher Kundenbindung und Online-Reputation.“

Diese Reputation kann freilich ganz schön leiden, wenn es jemand auf einen Betrieb abgesehen hat – und negative Rezensionen als Mittel einsetzt. Gereon Haumann kann von Fällen berichten, in denen Gäste regelrecht mit einer Ein-Sterne-Bewertung drohen, um einen Bonus zu erhalten, ein Zimmer-Upgrade beispielsweise. „Durch diese Bewertungen haben Verbraucher eine große Macht. Und diese wird von einigen wenigen auch missbraucht.“ Auch erfundene oder dreist gelogene Bewertungen kommen vor. Und diese löschen zu lassen, ist ein beschwerlicher Weg, die IHK rät dazu nur in extremen Fällen. Im Zweifel bleibt eh nur der Weg zum Anwalt. Der Dehoga unterstützt seine Mitglieder im Zweifel dabei.

Solche Erlebnisse sind aber die absolute Ausnahme, schildert die IHK. „Entsprechende Nachfragen erreichen uns eher selten und meist in allgemeiner Form“, sagt Alexander Vatovac, der einen Fall schildert, der ihm in Erinnerung geblieben ist: „Ein Mitgliedsbetrieb aus dem Gastronomiebereich schilderte beispielsweise den Fall einer äußerst negativen Bewertung, die von Spaziergängern verfasst wurde, die den geschlossenen Gasthof nie betreten hatten. Die Kritik bezog sich lediglich auf den äußeren Eindruck des Grundstücks.“ Gerade bei Unternehmen mit nur wenigen Rezensionen kann eine solche Bewertung das Gesamtbild stark verzerren – und potenzielle Gäste abschrecken.

Fort- und Weiterbildung bei IHK und Dehoga

Die IHK Koblenz bietet im Rahmen ihres kostenfreien Veranstaltungsangebotes regelmäßig Seminare zum Thema Online-Bewertungen, speziell auch im Rahmen der Google-Accounts, an. Am 22. Mai sind Interessierte beispielsweise zum Web-Seminar „Online-Bewertungen in Gastronomie, Beherbergung und Tourismus“ eingeladen. Die konkreten Inhalte: Online-Bewertungen als eigenes Marketing-Instrument, durch Bewertungen die Reichweite erhöhen, richtig auf Lob, Kritik und Verleumdung reagieren, die Steigerung der Anzahl an (positiven) Bewertungen. Auch der Dehoga bietet seinen Mitgliedsbetrieben Fort- und Weiterbildung, in entsprechenden Schulungen, aber auch in der Einzelberatung. Auch eine juristische Vertretung ist möglich. red

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