Nürburgring
Back is beautiful: Zurück am Ring

Hello again: Im kommenden Jahr dürfen die Fans Rock am Ring wieder am Nürburgring feiern. Eine Nachricht, die bei vielen Ring-Rockern gut ankommt – auch wenn sie extrem kurzfristig gefallen ist. 

Jens Weber

Nürburgring. Schuld ist die Naturschutzbehörde: Auf diese kurze Formel lässt sich nach Auffassung der Veranstalter der überraschende Umzug von Rock am Ring an den Nürburgring bringen. Dort soll das größte deutsche Festival, für das bereits 40.000 Karten verkauft sind, nach zwei Jahren in Mendig nun vom 2. bis 4. Juni 2017 wieder stattfinden.

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Von unseren Reportern

Das teilen die Marek Lieberg Konzertagentur (MLK) und Live Nation mit. Der Grund: „Ständig erweiterte Auflagen der Naturschutzbehörden“, die eine „weitere Investition in Millionenhöhe“ erforderlich machen. Damit sei der Flugplatz Mendig nicht mehr haltbar. Trotz Rekordbesucherzahlen werde die Wirtschaftlichkeit durch immense spezifische Anforderungen auf Dauer infrage gestellt. „Wir sind nie in die schwarzen Zahlen gekommen. Betriebswirtschaftlich rechnet sich Mendig für uns nicht“, sagte Lieberberg.

Behörden: Es gibt keine neuen Auflagen

Bei der „beschuldigten“ Umweltbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) in Koblenz, ist man überrascht, dass MLK wegen zu hoher Auflagen umzieht. „In den vergangenen Jahren gab es zwischen dem Festivalbetreiber, der SGD Nord und allen weiteren Beteiligten eine konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Die Auflagen sind seit 2015 bekannt und nicht gestiegen.“ Das Festivalgelände liegt zwar zum Teil in einem Wasserschutzgebiet, das neu festgesetzt werden soll. Das ist laut SGD aber schon seit Jahren geplant und erst für das Jahr 2018 vorgesehen. „Für 2017 wurden keine zusätzlichen Auflagen erteilt.“ Von welchen Kosten in Millionenhöhe Lieberberg spricht, kann sich die SGD daher nicht erklären. Lieberberg wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern. Und so könnte am Ende nicht ein einzelner Grund, sondern eine Mischung aus vielen negativen Faktoren in Mendig sowie eine erfolgreiche Verhandlungsführung hinter den Kulissen am Nürburgring den Ausschlag gegeben haben.

Fest steht, dass es in Mendig in beiden Jahren zu schweren Unwettern mit mehr als Hundert Verletzten gekommen ist, infolgedessen sich ein heftiger Streit zwischen Veranstalter und Ordnungsbehörden auf kommunaler und Landesebene entsponnen hatte. Und dass das Gelände eben teils in einem Wasserschutzgebiet liegt.

Geheimverhandlungen liefen schon

Am Nürburgring andererseits dürfte die MLK einen Verhandlungserfolg gefeiert haben, weil sie dort nun als Mieterin entsprechende Gewinne nicht mehr mit einem Mit-Veranstalter teilen muss. An einem Streit darum war schließlich 2014 die Partnerschaft mit dem Nürburgring zerbrochen. Dass Lieberberg bis zuletzt Mendig als Veranstaltungsort propagiert hatte, obwohl insgeheim Verhandlungen mit dem Ring liefen, dürfte seine Position dabei gestärkt haben. Dem Vernehmen nach soll Lieberberg schon vor etwa sechs bis acht Wochen am Nürburgring darum gebeten haben, das erste Juniwochenende im Kalender des Rings zu blocken.

Dieses Zeitfenster wird nun benötigt, entsprechend groß ist die Freude am Ring. „Wir freuen uns, dass wir ein Stück Nürburgring-Geschichte zurückgewinnen konnten“, sagt der Geschäftsführer der Capricorn Nürburgring GmbH, Mirco Markfort. Mit Rock-am-Ring-Veranstalter Eventim, zu dem die MLK gehört, hat der Ring einen Mehrjahresvertrag geschlossen. Über die genaue Laufzeit schweigt sich Markfort aus. Hilfreich für die Rückkehr sei gewesen, dass am Ring Ende August 2017 ein Dance-Music-Festival stattfindet, das ebenfalls von Eventim organisiert wird. Markfort geht davon aus, dass Eventim das Veranstaltungskonzept für den Nürburgring im Vergleich zu den Vorjahren dort verändern wird. Jedenfalls soll es vier Bühnen geben.

Viele Mendiger sind jetzt sauer

Die hatte es zuletzt auch in Mendig gegeben, wo die Stimmung in Stadt und Verbandsgemeinde naturgemäß betroffen ist. „Wir sind alle paralysiert“, sagt VG-Sprecher Jürgen Zinken. Bürgermeister Jörg Lempertz war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Was den Ausschlag für die Entscheidung zugunsten des Nürburgrings gegeben hat, darüber wollte Zinken nicht spekulieren. Er betonte jedoch: „An uns hat es nicht gelegen.“ Die Mendiger Verwaltung habe alles getan, um Rock am Ring eine neue Heimat zu geben. Auch für die Auflage im kommenden Jahr hätten „alle Ampeln auf Grün“ gestanden.

Auch Alexander Saftig, Landrat im Kreis Mayen-Koblenz, weist darauf hin, dass alles getan worden sei, um Rock am Ring in Mendig zu ermöglichen: „Es haben ganz viele Leute ihren Beitrag geleistet.“ Ein Teil von denen ist nun sauer. „Dass diese Entscheidung so kurzfristig getroffen wird, ist unfair und nicht in Ordnung“, sagt Ulrich Rawert, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft der VG Mendig und spricht von einer Unverschämtheit angesichts der Anstrengungen, die die Mendiger unternommen hätten. Dem Veranstalter sei Mendig hingegen völlig egal gewesen.

Es gab wohl noch andere Gründe …

Der wiederum wird am Nürburgring einige kleinere Verschlechterungen in Kauf nehmen müssen. Zum einen ist die Zahl der Besucher auf 85.000 gedeckelt, rund 5000 weniger als zuletzt in Mendig. Zum anderen soll es in Mendig einen Vertrag über mindestens fünf Jahre gegeben haben. Zu eventuell daraus entstehenden Regressforderungen wollte sich Lieberberg auf Nachfrage nicht äußern. Für ihn dürften die Vorteile am Ring eindeutig überwiegen: bereits bestehende Infrastruktur für Großereignisse, besserer Schutz bei Unwettern, große Erfahrung am Ort. Das klingt fast so, als sei die Naturschutzbehörde doch nicht der einzige Grund für den Umzug gewesen.

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