Rheinland-Pfalz
Apotheker laufen Sturm gegen Lauterbach: Bald auch Streiks in Rheinland-Pfalz?
Medikamentenversorgung
Bisher dürfen Apotheken nur von Apothekern geleitet werden. Das könnte sich bald ändern. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will, dass künftig auch erfahrene PTAs in Filialapotheken eingesetzt werden können.
Monika Skolimowska/dpa

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erfreut sich derzeit keiner großen Beliebtheit unter den Apothekern in Rheinland-Pfalz. Seine Reformpläne stoßen auf massive Kritik. Worum es in dem Konflikt konkret geht.

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Die Landesapothekenkammer Rheinland-Pfalz läuft Sturm gegen die Reformpläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Demnach soll der Markt liberalisiert werden, indem Filialapotheken künftig auch von erfahrenen Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) geführt werden können. „Die Versorgungslandschaft wird entprofessionalisiert und destabilisiert“, wettert Kammerpräsident Peter Stahl, der 3650 Mitglieder im Land vertritt. „Die bewährte und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch die Vor-Ort-Apotheken wird dann nicht mehr flächendeckend möglich sein.“ Die „Apotheke light“ komme dem Ende des freien Heilberufs des Apothekers und der Selbstständigkeit gleich.

Es zeugt nicht nur von einer eklatanten Missachtung des pharmazeutischen Berufsstandes, sondern führt auch zu erheblichen Qualitätseinbußen der bestehenden Arzneimittelversorgung.

Thomas Christmann, Vizepräsident der Landesapothekenkammer Rheinland-Pfalz

Der Berliner Referentenentwurf sieht zwar vor, dass Betäubungsmittel und individuelle Rezepturen weiter nur von Apothekern abgegeben werden dürfen. Nach Lauterbachs Plänen sollen sie aber künftig nur noch acht Stunden pro Woche in der öffentlichen Apotheke anwesend sein müssen. Potenzial sieht der Minister auch durch kürzere Öffnungszeiten. So will der SPD-Politiker jährlich 11,4 Millionen Euro einsparen. Bei der Landesapothekenkammer stößt das Konzept auf scharfe Kritik: „Es zeugt nicht nur von einer eklatanten Missachtung des pharmazeutischen Berufsstandes, sondern führt auch zu erheblichen Qualitätseinbußen der bestehenden Arzneimittelversorgung“, erklärt Vizepräsident Thomas Christmann.

Julius Arnold hat von Lauterbachs Vorstoß aus der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung„ erfahren. So wie die meisten seiner Apotheker-Kollegen, die gerade steil gehen. Schon jetzt sei man bei der Apothekendichte auf dem Stand von 1970, betont der Sinziger. Allein im vergangenen Jahr hätten bundesweit 500 Apotheken geschlossen. Dass bald auch erfahrene PTAs mit sieben Berufsjahren eine “Apotheke light„ leiten könnten, hält er für falsch und unrealistisch. “Wer will denn mit einem Bruttogehalt von 2700 Euro für die ausgegebenen Arzneimittel privat haftbar sein?„, fragt er sich. Zusammen mit 26 anderen Apothekern will Arnold jetzt an die Öffentlichkeit gehen, um die Bürger auf die Folgen für ihre Medikamentenversorgung hinzuweisen.

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Thomas Frey/dpa

Ablehnung kommt auch aus den Bundesländern. Auf ihrer jüngsten Konferenz in Travemünde forderten die Gesundheitsminister, die flächendeckende Arzneimittelversorgung sicherzustellen, indem neue Finanzierungskonzepte für Apotheken eingeführt werden. “Die persönliche, fachkundige Medikationsberatung durch approbierte Apothekerinnen und Apotheker trägt wesentlich zur Therapietreue, zur Anwendungssicherheit und damit zum Therapieerfolg bei„, heißt es im Abschlussdokument.

Die Fronten scheinen verhärtet

Die Bundesregierung wird deshalb gebeten, schnellstmöglich die “erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen„, um Apotheken zu stärken und wirtschaftlich zu stabilisieren. “Eingriffe mit massiven negativen Auswirkungen auf das Apothekennetz" sollten hingegen verhindert werden.

Die Fronten scheinen verhärtet, die Stimmung ist aufgeheizt. Die Apotheken in Hessen bleiben als Protest gegen Lauterbachs Pläne jetzt für zwei Tage geschlossen. Die Arzneimittelversorgung wird bis Freitag nur über Notdienste sichergestellt. Julius Arnold wünscht sich auch in Rheinland-Pfalz Streiks. Die Landesapothekenkammer ist für den Sinziger noch zu zögerlich. Es sei Zeit, den Konflikt jetzt zu eskalieren.

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