Am Koblenzer Landgericht müssen sich seit geraumer Zeit drei Männer im Alter von 48, 36 und 21 Jahren verantworten – es geht um Drogen. In dem Prozess dreht sich alles um ein im Oktober 2023 in Neuwied ausgehobenes Amphetaminlabor. In einer gemeinsamen Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Koblenz und der Staatsanwaltschaft Koblenz hieß es Ende des vergangenen Jahres mit Blick auf erste Schätzungen und Hochrechnungen: „Bereits jetzt ist davon auszugehen, dass die Anlage in Neuwied zu den größten jemals von der Polizei in Rheinland-Pfalz festgestellten Laboren gehört.“
BKA und LKA analysierten Labor
Nach der Aushebung des Labors hatten das LKA und das BKA sich im Schulterschluss um die chemische Analyse des Labors und der darin gefundenen Stoffe gekümmert. Ein LKA-Mann aus Mainz sagte am jüngsten Verhandlungstag als Sachverständiger im Landgericht, dass in der Halle in Neuwied Fässer, Kanister, Chemikalien, Metallreaktoren und größere Laborgegenstände gefunden worden seien.
Im November 2023 seien aufwendige Proben genommen worden. Zusammenfassend könne man dazu sagen, so der Experte, dass man einschlägige Chemikalien gefunden habe, die man von der Amphetamin-Synthese her kenne. Und zwar in großen Mengen: Die Rede war von etwa 8075 Kilogramm Flüssigkeit, bei der es sich wohl um Synthese-Abfälle handeln soll.
Wie funktioniert ein Amphetaminlabor?
Es ist eine knifflige Landgerichtsverhandlung in Koblenz, denn es geht um komplexe Chemie und komplizierte Drogenherstellungsprozesse. Die Experten von BKA und LKA sollten diesbezüglich nun Licht ins Dunkel bringen. Doch selbst der LKA-Mann sagte offen im Landgericht, dass er nicht wirklich wisse, wie ein Amphetaminlabor funktioniere.
Dieser Frage widmete sich dann en Detail sein Kollege, ein Diplomchemiker vom BKA Wiesbaden. Er gab an, dass die Amphetaminherstellung im Labor in Neuwied nach der gängigen, sogenannten „Leuckartroute“ durchgeführt worden sein müsse.
Bei den Schritten, die diese Methode auszeichneten, entstünden eben jene charakteristischen Produktionsabfälle, die man in dem Labor in Neuwied habe auffinden können. Dort sei indes nicht das finale, bereits konsumierbare Amphetaminendprodukt hergestellt worden, so der Mann.
Sinngemäß hieß es weiter, dass andere kriminelle Gruppen die in Neuwied hergestellten Stoffe hätten beziehen und durch einen weiteren Schritt in final konsumierfähiges Amphetamin hätten umwandeln können.
Gefährliche Arbeiten
Mit Blick auf die sichergestellten Synthese-Abfälle von mehr als acht Tonnen und weitere ebenfalls im Neuwieder Labor sichergestellte Stoffe komme man nach einer hypothetischen Hochrechnung, so der BKA-Mann, in etwa auf eine Gesamtproduktionsmenge des Neuwieder Labors von circa 172 bis 250 Kilogramm reiner Amphetaminbase.
Von dieser Menge wiederum könne theoretisch marktübliches Konsumamphetamin von mindestens 1,6 Tonnen hergestellt werden. Der Marktwert der Droge in dieser frappierenden Menge könne im sechsstelligen Bereich liegen, wie die Staatsanwaltschaft unserer Zeitung abseits des Gerichtssaals sagte.
In Deutschland seien noch nicht sehr viele Labore dieser Größenordnung ausgehoben worden, sagte der BKA-Experte mit Blick auf Neuwied. Gleichwohl habe es sich nicht um das professionellste Labor in der Bundesrepublik gehandelt.
Die dort durchgeführten Schritte seien „ziemlich gefährlich“, die Unfallgefahr „sehr hoch“ gewesen. Man müsse kein chemischer Experte sein, um die nötigen Schritte zu erlernen. Es brauche also kein tiefes Verstehen dieser chemischen Prozesse, um sie trotzdem umsetzen zu können, hieß es dazu. Es sind weitere Prozesstage anberaumt.