Offener Brief von Eltern
Am Sonntag wäre Ahr-Flutopfer Johanna Orth 26 geworden
Inka Orth hält das Porträt ihrer verstorbenen Tochter Johanna bei einer Mahnwache zum Gedenken an die Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021.
Andreas Arnold/dpa

Ralph und Inka Orth verloren ihre Tochter in der Ahr-Flut. Sie kämpfen für ein Verfahren gegen den Ex-Landrat des Kreises Ahrweiler – und haben sich nun mit einem emotionalen Brief an Generalstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft Koblenz gewandt.

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Ralph und Inka Orth hatten im Sommer 2021 ihre Tochter Johanna in der Ahr-Flut verloren. Seit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Koblenz, keine Anklage gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), zu erheben, übt das Ehepaar juristischen und medialen Druck aus, um doch noch ein Gerichtsverfahren zu erreichen. Jetzt haben sich die Orths mit einem offenen Brief an die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und die Staatsanwaltschaft Koblenz gewandt. Das Schreiben liegt unserer Zeitung vor.

Derzeit läuft bekanntlich ein Beschwerdeverfahren, bei dem die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz die Entscheidung der Koblenzer Staatsanwaltschaft überprüft. In dem offenen Brief der Orths heißt es nun: „Am kommenden Sonntag wäre unsere Tochter Johanna 26 Jahre alt geworden. Wenn unsere Familie und ihre Freunde an diesem Tag zusammenkommen, bleibt ihr Platz leer. Es ist ein Schmerz, den wir jeden einzelnen Tag tragen – und der nie vergeht. Dass wir als Angehörige zusätzlich auch noch mit der Respektlosigkeit und Ignoranz der Justiz konfrontiert werden, ist für uns nicht länger hinnehmbar.“

Ralph Orth, Vater von Johanna.
Thomas Frey/dpa

Bis heute sei keine Anklage gegen Pföhler erhoben worden – trotz zahlloser Hinweise, Gutachten und „offenkundiger Versäumnisse“ im Vorfeld. Weiter heißt es: „Wir stellen fest: Die Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft zeigen weder Unabhängigkeit noch den erkennbaren Willen, das Geschehene lückenlos aufzuklären. Es entsteht der Eindruck, dass hier nicht mit aller gebotenen Konsequenz ermittelt wird – sondern vielmehr versucht wird, politische oder behördliche Verantwortung zu decken, anstatt sie einem unabhängigen Gericht zur Bewertung vorzulegen.“ Man fordere nun die Wiederaufnahme der Ermittlungen gegen Pföhler, die „ernsthafte Prüfung aller von uns eingebrachten Beweise“, die öffentliche Klarstellung der „widersprüchlichen Aussagen zu Warnzeitpunkten und -mitteln“ sowie den „respektvollen Umgang mit den Angehörigen der Flutopfer“.

Neumann: „Zynismus den Angehörigen gegenüber“

Kritik am Agieren der Staatsanwaltschaft übt auch der Bad Neuenahrer Autor Andy Neumann: „Mich macht es fassungslos, wie die Staatsanwaltschaft und damit auch das Land Rheinland-Pfalz mit denjenigen umgeht, die in der Flutkatastrophe ihre Liebsten verloren haben“, sagt er in einer Reaktion auf den offenen Brief der Orths. „Der Zynismus den Angehörigen gegenüber, die konsequente Verweigerung einer gerichtlichen Aufarbeitung dieses potenziellen juristischen Präzedenzfalles, das alles folgt einer Einstellung, die jedem Ahrtaler ins Gesicht schlägt: ,Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen!’“ Neumann, der selbst flutbetroffen war, findet das unerträglich: „Und das Ahrtal wird das auch nie vergessen“, sagt der BKA-Beamte und Autor („Es war doch nur Regen!?“). red

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