Was für ein Ritt, und das bis zum Schluss. Voller Dankbarkeit für zahlreiche, außergewöhnliche Begegnungen und Erfahrungen blicke ich auf siebeneinhalb Jahre als Abgeordnete des Deutschen Bundestages zurück. Mit dem Zusammentritt des neu gewählten Bundestages in dieser Woche endet mein Mandat. Es war mir eine große Ehre den Kreis Neuwied-Altenkirchen und Rheinland-Pfalz für die Freien Demokraten über zwei Legislaturperioden im Deutschen Bundestag vertreten zu dürfen.
Ich gehe mit gemischten Gefühlen: Eine unvorstellbare und von Friedrich Merz und der Union stets abgelehnte Rekordverschuldung und Aufhebung der in ganz Europa disziplinierenden und unseren Geldwert erhaltenden Schuldenbremse wurde vergangene Woche nahezu über Nacht noch vor Regierungsübernahme durch den Bundestag gepeitscht. Verbunden mit teuren Geschenken an die Grünen und den zukünftigen Koalitionspartner wurde einmal mehr scheinbare Alternativlosigkeit propagiert. Außer Acht gelassen wird, dass erneut Politikverdrossenheit befeuert und Wasser auf die Mühlen der Demokratiefeinde an den politischen Rändern gegossen wird.
„Statt das Land mit mutigen Reformen zu modernisieren und dem Wachstum wieder auf die Sprünge zu helfen, werden die Probleme im Land mit Geld zugeschüttet.“
Sandra Weeser
Die dringend benötigte Wirtschaftswende ist bislang nicht in Sicht: Keine Verständigung auf Reformen, auf Bürokratieabbau und einen schlanken Staat, dafür gigantische Schulden zum Kauf einer künftigen Kanzlerschaft Merz. Statt das Land mit mutigen Reformen zu modernisieren und dem Wachstum wieder auf die Sprünge zu helfen, werden die Probleme im Land mit Geld zugeschüttet.
Und so schaue ich nachdenklich, aber auch mit Stolz auf das zurück, was wir Liberale in den vergangenen Jahren im Parlament und in der Regierung erreicht haben: trotz größten Herausforderungen im globalen Kräftemessen haben wir die Schuldenbremse als Garantie für eine Zukunft kommender Generationen geachtet und eingehalten. Wir haben dennoch größte Investitionen in den Bereichen getätigt, wo unsere Zukunft liegt: auf dem Gebiet der Sicherheit für die Verbesserung der Verteidigung Deutschlands in Europa und auf dem Gebiet der Infrastruktur und Bildung für Schulen, Schiene, Straße und Digitales. Wir haben endlich die Gesetze bei der Planung vereinfacht und massiv beschleunigt, was dafür gesorgt hat, dass wir eine stärkere Unabhängigkeit von russischem Gas erlangt haben.
Ein schwieriges Signal, das Union, SPD und Grüne gesendet haben
Gerade deshalb halte ich das Vorgehen vergangene Woche für ein mehr als schwieriges Signal, was die kommende Koalition aus Union und SPD hier gemeinsam mit den Grünen noch vor Amtsübernahme gesendet haben. Wir brauchen in Deutschland kein Zurück in die Vergangenheit mit Mütterrente und Co, sondern echte strukturelle Veränderungen, um handlungsfähig und schnell die Bürgerinnen und Bürger in ihrem täglichen Tun zu unterstützen und zu befähigen, sowie einen zielgerichteteren Einsatz von Geldern für Infrastruktur, Bildung und eine Zukunft in Wohlstand.
Es schmerzt mich deshalb umso mehr, dass die Freien Demokraten trotz all der geleisteten Arbeit nicht genügend Vertrauen und Unterstützung bei den Wählerinnen und Wählern für den Fortbestand einer freiheitlichen Stimme im Deutschen Bundestag erzielen konnten. Doch ich bin sicher, dass die liberale Partei mehr ist, als sie in den vergangenen Monaten zeigen konnte. Mit einem personellen wie auch politischen Neuanfang wird es möglich sein, gerade in Zeiten von ungebremster Neuverschuldung und Modernisierungsstau mit den Ideen der Freiheit und dem Schutz der Bürgerrechte wieder zu überzeugen.
Profilierte Politikerin mit Herz und Verstand
Als Bezirksvorsitzende unterstütze ich deshalb aus dem starken Norden von Rheinland-Pfalz die Kandidatur der Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt für den Landesvorsitz der FDP. Denn wir brauchen jetzt eine profilierte Politikerin mit Herz und Verstand an der Spitze. Egoisten, Intriganten und Opportunisten, denen es nur um das persönliche Fortkommen geht, werden die Landes-FDP in so einer schwierigen Lage nicht zum Erfolg führen.
Für den Bund hat der bisherige Fraktionsvorsitzende Christian Dürr seine Kandidatur als Parteivorsitzender angekündigt. Auch das gibt Hoffnung, eine wahrnehmbare relevante Stimme auf der politischen Bühne zu bleiben. Aber auch er braucht viele unterschiedliche Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Deshalb lade ich jede und jeden dazu ein, denen unsere gemeinsame Freiheit und Zukunft am Herzen liegt, sich gerade jetzt für die politische Kraft der Freiheit einzusetzen.
„Angesichts von Trumps unberechenbarem und gleichzeitig radikalem geopolitischen Kurs ist Europa endgültig gefragt, seine wahre Stärke zu mobilisieren und mehr strategische Souveränität zu erlangen.“
Sandra Weeser
Persönlich freue ich mich auf mehr Zeit für meine Familie und für die Arbeit an einem Herzensprojekt, was ich als deutsch-französische Abgeordnete im Rahmen meiner Tätigkeit als Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung begonnen habe und nun vollends auf den Weg bringe.
Gemeinsam mit namhaften Autorinnen und Autoren aus Wirtschaft, Politik, Militär, Diplomatie und Wissenschaft werde ich einen Essayband zur deutsch-französischen Kooperation in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter dem Titel „Die Herzkammern Europas: Deutsch-französische Impulse für die Sicherheitsordnung der EU“ herausgeben. Es soll einen wertvollen Beitrag zur aktuellen sicherheitspolitischen Debatte in Europa leisten. Denn eines ist klar: Angesichts von Trumps unberechenbarem und gleichzeitig radikalem geopolitischen Kurs ist Europa endgültig gefragt, seine wahre Stärke zu mobilisieren und mehr strategische Souveränität zu erlangen.
Zur Person
Sandra Weeser (55), Deutsch-Französin, war seit 2017 Bundestagsabgeordnete im Kreis Neuwied-Altenkirchen für die Freien Demokraten, sie war zunächst vier Jahre Obfrau im Ausschuss für Wirtschaft und Energie als Mitglied der FDP-Fraktion und dann Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, stv. Mitglied im Europa- und Verteidigungsausschuss und gehörte als Vorstandsmitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung an. red