Koblenz
21.12.2010 - Wieder in Koblenz: Unfall holt gelähmten Artisten ein

Andrei Eremeev ist wieder in Behandlung bei Unfallchirurg Walter Ditscheid – in Moldawien hatte sich sein Zustand verschlechtert.

Thomas Frey

Koblenz - Als Andrei Eremeev Ende September in den Flieger in Richtung der moldawischen Heimat stieg, hoffte er, endlich einen Schlussstrich unter seine Leidensgeschichte ziehen zu können. Nun hat ihn das alles wieder eingeholt.

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Von unserem Redakteur Moritz Meyer

Koblenz – Als Andrei Eremeev Ende September in den Flieger in Richtung der moldawischen Heimat stieg, hoffte er, endlich einen Schlussstrich unter seine Leidensgeschichte ziehen zu können. Er wollte alles hinter sich lassen: die Erinnerungen an seinen schweren Unfall, der ihn seine Artistenkarriere kostete. Die quälende Rehaphase, in der er sich an seinen gelähmten Körper gewöhnen musste. Die Zeit in den Pflegeheimen, in der ihm bewusst wurde, dass er selbstverständliche Dinge wie den Gang zur Toilette neu erlernen musste. Nun hat ihn das alles wieder eingeholt. Andrei Eremeev, ehemaliger Artist des Zirkus Flic-Flac, ist wieder in Koblenz, wo vor neun Monaten alles begann.

Vor vier Wochen bekam Walter Ditscheid, Leiter des Querschnittgelähmtenzentrums im Stiftungsklinikum Mittelrhein, eine E-Mail von Angelika Gauk. Die gebürtige Kasachin hatte Andrei im Mai eine Zeit lang bei sich zu Hause aufgenommen. Was Gauk ans Krankenhaus schrieb, war besorgniserregend. Der 26-Jährige hatte sich wund gelegen, klagte außerdem über Probleme mit dem linken Bein. Als Ditscheid die Bilder von Andreis Wunden sah, riet er diesem, sofort nach Deutschland zu kommen. Ohne schnelle Operation könnten die Verletzungen lebensbedrohlich werden. Am vergangenen Freitag kam Andrei trotz der heftigen Schneefälle in Koblenz an. Mindestens zweimal wird Ditscheid Andrei jetzt operieren. Etwa acht Wochen, schätzt der Chirurg, muss der ehemalige Artist in Deutschland bleiben.

„Unter normalen Umständen könnte er trotz seiner Lähmung ein weitgehend selbstständiges Leben führen“, sagt Ditscheid, der Spezialist für querschnittgelähmte Patienten ist. Doch von normalen Umständen kann in Andreis Heimat Transnistrien, einer nicht anerkannten Teilrepublik Moldawiens, nicht die Rede sein. Ditscheid sieht Andreis Rückkehr nach Koblenz als Weckruf an den Patienten: „Seine Reha war vermutlich zu kurz. Er hätte mehr Zeit gebraucht, sich auf sein Leben allein einzustellen.“ Doch Andrei wollte damals unbedingt zurück in seine Heimat.

Für ihn ist der neuerliche Aufenthalt im Krankenhaus auch ein finanzieller Rückschlag. Nach Auskunft von Jutta Weber, Sprecherin des Stiftungsklinikums, liegt der Tagessatz für einen Patienten bei knapp 500 Euro. Bei acht Wochen Aufenthalt macht das rund 28.000 Euro. Das entspricht in etwa dem, was Andrei eigentlich zurückgelegt hatte. Knapp 100.000 Euro haben ihm die Menschen gespendet. Etwa ein Drittel davon investierte er in ein Haus, dazu kaufte er ein behindertengerechtes Auto.

Jetzt muss er noch mal von vorn beginnen. Walter Ditscheid ist sich sicher: „Wir kriegen ihn wieder fit.“ Der nächste Versuch, in die Heimat zurückzukehren, soll besser gelingen. Doch so sehr Andrei es sich wünscht: Den schicksalhaften Unfall wird er auch diesmal nicht zurücklassen können.

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