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Rheinland-Pfalz

Koblenzer schwört dem Gedankengut vor Gericht ab: „Reichsbürger“ will er nicht mehr sein

Von Ursula Samary
Mit verdecktem Gesicht und Handschellen erscheint der Koblenzer (51) vor Gericht, der bisher zur Reichsbürgerszene gezählt wurde. Er kam in U-Haft, weil er zum ersten Prozess nicht erschien und im September bei einem Spezialeinsatz festgenommen werden musste.  Foto: Reinhard Kallenbach
Mit verdecktem Gesicht und Handschellen erscheint der Koblenzer (51) vor Gericht, der bisher zur Reichsbürgerszene gezählt wurde. Er kam in U-Haft, weil er zum ersten Prozess nicht erschien und im September bei einem Spezialeinsatz festgenommen werden musste. Foto: Reinhard Kallenbach

Vor dem Amtsgericht gibt sich der Koblenzer, der eigentlich dafür bekannt ist, als „Reichsbürger“ den deutschen Staat, seine Gesetze und Institutionen vehement abzulehnen, plötzlich ganz kleinlaut. Er gesteht seine Steuerhinterziehung und beteuert, der „Reichsbürgerszene“ abgeschworen zu haben. Denn in der Untersuchungshaft „hatte ich viel Zeit zum Nachdenken“, sagt der in Handschellen vorgeführte 51-Jährige leise.

Lesezeit: 3 Minuten
Das Geständnis und der für die Richterin Nadja Straub nicht widerlegbare Sinneswandel hilft ihm bedingt: Er wird zu einem Jahr ohne Bewährung verurteilt, weil er seit 2012 über Jahre etwa 80.000 Euro an Steuern dem Staat schuldig geblieben ist – eine Summe, die er nun in Raten abstottern will, wie ...
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Zahl der „Reichsbürger“ steigt stark an

Das Potenzial der „Reichsbürger“ in Rheinland-Pfalz wächst. Das Innenministerium geht inzwischen von etwa 550 Personen im Land aus, die den deutschen Staat und seine Behörden nicht anerkennen. Anfang April 2017 waren es noch rund 400, im Oktober 2016 ging man noch knapp 100 Personen aus. Etwa zwölf Prozent sind organisiert, darunter im „Freistaat Preußen“ oder im „Bundesstaat Bayern“.

Bundesweit gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung mittlerweile 19.000 sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter. 950 von ihnen werden als Rechtsextremisten eingestuft.

Knapp 70 Prozent aller „Reichsbürger“ im Land sind Männer, rund 63 Prozent sind über 50 Jahre alt. Die Szene reicht bis in Behörden: Im August waren 13 Fälle bekannt – drei Beamte, vier Angestellte und sechs Ruheständler. Gegen einen Beamten und eine Ruhestandsbeamtin wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Ein Polizist des Präsidiums Trier wurde per Gerichtsentscheidung im August aus dem Dienst entfernt.

Jeder siebte „Reichsbürger“ , also etwa 77 Personen im Land, weist eine „gewisse Gewaltbereitschaft“ auf, wie das Innenministerium zuletzt auf Große Anfrage der SPD im Landtag mitteilte. 2017 registrierte die Polizei 233 durch Angehörige des „Reichsbürger“-Spektrums begangene Straftaten – darunter nicht nur Beleidigungen. Hinzu kamen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Sachbeschädigung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung.

Derzeit verfügen noch 32 Personen aus dieser Szene über Waffenscheine oder Waffenbesitzkarten.

Vollstreckungsbeamte werden bei Personen dieses Spektrums inzwischen nur noch mit Polizeischutz tätig. Denn In Bayern hatte ein „Reichsbürger“ 2016 das Feuer auf Beamten eines Spezialeinsatzkommandos eröffnet, das ihm seine Waffen abnehmen wollte. Ein Polizist (49) wurde getötet. us

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