Selbst wenn sich doch noch ein Nachfolger für die vakante Hausarztpraxis in Betzdorf finden sollte, zeigt der Fall, wie bedrohlich die Lage schon ist, obwohl es den Ärztemangel in Rheinland-Pfalz offiziell noch kaum gibt.
Betzdorf belegt, dass die Bürger auch dann schon erheblich leiden können, wenn eine Praxis in einem vermeintlich gut versorgten Gebiet aufgibt, weil die verbliebenen Mediziner dem Ansturm der Patienten nicht gewachsen sind.
Da mag es zunächst helfen, die strenge Budgetierung zu lockern oder aufzuheben, wie es die Kassenärztliche Vereinigung (KV) fordert. Doch das reicht nicht. Trotz aller Bemühungen – ob Landarztquote oder Niederlassungsprämien – wird es kaum gelingen, die Patienten mit dem derzeitigen System zu versorgen. Immer weniger Ärzte werden sich um die Patienten kümmern. Und: Die künftige, zu mehr als 70 Prozent weibliche Medizinergeneration will anders arbeiten – oftmals angestellt und in Teilzeit. Laut KV braucht es künftig mindestens drei, um zwei heutige Ärzte zu ersetzen.
Politik, Kassen und Ärzte sollten den Fall Betzdorf als Warnsignal wahrnehmen und gegensteuern. So müssen besonders in ländlichen Gebieten unsinnige Schranken zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten fallen. Gesundheit sollte unter dem Dach der Kliniken gebündelt werden – in Händen von Ärzten als medizinisches Versorgungszentrum oder in denen der Krankenhausträger. Sich von überholten Strukturen zu verabschieden, erfordert Mut. Davon war zuletzt im Mainzer Gesundheitsministerium wenig zu spüren.
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