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Betzdorf/Rheinland-Pfalz

Ärztemangel trifft Patienten im Land mit voller Wucht: Praxisschließung in Betzdorf sorgt für große Unruhe

Von Christian Kunst
In Betzdorf stehen bis zu 3000 Patienten bald wohl ohne Hausarzt da. Einen neuen finden viele nicht, weil die verbliebenen Mediziner keine Kapazitäten mehr haben. In Zukunft dürfte dieses Problem im Land viele treffen.  Foto: dpa
In Betzdorf stehen bis zu 3000 Patienten bald wohl ohne Hausarzt da. Einen neuen finden viele nicht, weil die verbliebenen Mediziner keine Kapazitäten mehr haben. In Zukunft dürfte dieses Problem im Land viele treffen. Foto: dpa

Die Menschen in Betzdorf (Kreis Altenkirchen) erleben gerade, dass der Ärztemangel längst kein Problem ländlicher Regionen mehr ist. Der Fall der Gemeinschaftspraxis Stephan Schmidt und Martin Kerschbaum, die Ende März schließen soll, ist deshalb so brisant, weil dort 3000 Patienten in einer Stadt, die offiziell als nahezu vollversorgt gilt, den Ärztemangel hautnah zu spüren bekommen: Die Anfang April übrig bleibenden sieben Arztpraxen rund um die Stadt im Westerwald lehnen die meisten Patienten ab. Begründung: Ihre Kapazitäten sind so ausgelastet, dass sie keine weiteren Patienten behandeln können.

Lesezeit: 3 Minuten
Und dies aus durchaus nachvollziehbaren Gründen, sagt sogar die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Denn laut deren Fachbereichsleiterin Gesundheit und Pflege, Sabine Strüder, haben die Hausärzte in der Versorgungsregion Betzdorf/Kirchen/Wissen schon jetzt überdurchschnittlich viele Behandlungsfälle: Im Jahr 2016 waren es im Schnitt 5096 Fälle pro Hausarzt. Im Landesschnitt waren es nur 4467 Fälle. ...
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Kommentar zum Ärztemangel: Ein Warnsignal, das mehr Mut von der Politik fordert

Selbst wenn sich doch noch ein Nachfolger für die vakante Hausarztpraxis in Betzdorf finden sollte, zeigt der Fall, wie bedrohlich die Lage schon ist, obwohl es den Ärztemangel in Rheinland-Pfalz offiziell noch kaum gibt.

Betzdorf belegt, dass die Bürger auch dann schon erheblich leiden können, wenn eine Praxis in einem vermeintlich gut versorgten Gebiet aufgibt, weil die verbliebenen Mediziner dem Ansturm der Patienten nicht gewachsen sind.

Da mag es zunächst helfen, die strenge Budgetierung zu lockern oder aufzuheben, wie es die Kassenärztliche Vereinigung (KV) fordert. Doch das reicht nicht. Trotz aller Bemühungen – ob Landarztquote oder Niederlassungsprämien – wird es kaum gelingen, die Patienten mit dem derzeitigen System zu versorgen. Immer weniger Ärzte werden sich um die Patienten kümmern. Und: Die künftige, zu mehr als 70 Prozent weibliche Medizinergeneration will anders arbeiten – oftmals angestellt und in Teilzeit. Laut KV braucht es künftig mindestens drei, um zwei heutige Ärzte zu ersetzen.

Politik, Kassen und Ärzte sollten den Fall Betzdorf als Warnsignal wahrnehmen und gegensteuern. So müssen besonders in ländlichen Gebieten unsinnige Schranken zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten fallen. Gesundheit sollte unter dem Dach der Kliniken gebündelt werden – in Händen von Ärzten als medizinisches Versorgungszentrum oder in denen der Krankenhausträger. Sich von überholten Strukturen zu verabschieden, erfordert Mut. Davon war zuletzt im Mainzer Gesundheitsministerium wenig zu spüren.

E-Mail: christian.kunst@rhein-zeitung.net

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