St. Goarshausen

Wer wird die neue Loreley? Touristiker suchen eine Botschafterin für den weltberühmten Felsen

Von Jens Albes
Für Tasmin Sophie Fetz endet ihm Juni die Zeit als Loreley-Botschafterin. Seit 2018 ist sie im Amt – wegen Corona doppelt so lange wie vorgesehen.
Für Tasmin Sophie Fetz endet ihm Juni die Zeit als Loreley-Botschafterin. Seit 2018 ist sie im Amt – wegen Corona doppelt so lange wie vorgesehen. Foto: dpa

Für das sagenumwobene Welterbe Oberes Mittelrheintal sucht die Loreley-Touristik wieder eine Botschafterin. Die 17. Repräsentantin des weltberühmten Loreley-Felsens, Tasmin Sophie Fetz, scheidet nach eigenen Worten im Juni nach vier Jahren aus ihrem Amt. Damit ende ein Kindheitstraum – schon als kleines blondes Mädchen sei Loreley ihr Spitzname gewesen.

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In historischen Loreley-Erzählungen spielte die gleichnamige Nixe eine zentrale Rolle. Dem Dichter Heinrich Heine zufolge kämmte sie sich dort hoch über dem Rhein ihre goldenen Haare und verdrehte den Schiffern so den Kopf, dass diese ihre Kähne gegen Riffe steuerten. Das weltbekannte Felsplateau über St. Goarshausen gilt als Inbegriff der Rheinromantik.

Bis zum 25. Februar können sich junge Frauen aus dem Tal der Loreley um den besonderen Botschafterposten mit Riesenkamm bewerben. Gefragt sind Kenntnisse der Region und der englischen Sprache, Kontaktfreudigkeit, Charme, Schlagfertigkeit und Flexibilität. Es geht laut der Loreley-Touristik um jährlich rund 50 Einsätze im In- und Ausland, etwa auf Winzerfesten, Weinmärkten und Eröffnungsfeiern.

Unterdessen dauert die bereits 2016 begonnene Schönheitskur des Felsplateaus mit Millionenkosten laut der Verbandsgemeinde (VG) Loreley an. Bei dem Hotspot des Tagestourismus soll das ehemalige Turnerheim, später eine Jugendherberge, zum Eingangsgebäude umgebaut werden. Ein Blickfang soll auch eine Art riesiger begehbarer Bergkristall mit einem Ausstellungsraum werden. Sogenannte Hörfelsen sollen mit moderner Medientechnik den Loreley-Mythos erzählen.

Ein moderner Anbau des historischen Turnerheims, eine Turnhalle, ein Sportplatz, das Berghotel, Garagen, viel Asphalt: All dieser Charme des 70er-Jahre-Tourismus ist schon längst verschwunden. Laut der VG könnte es noch etwa drei Jahre dauern, bis der Kultur- und Landschaftspark auf dem Felsplateau ganz fertig ist.

Weil Touristen immer wieder enttäuscht sind, dass sie nur unten auf der Hafenmole von St. Goarshausen eine Loreley-Statue für Selfies vorfinden, nicht aber oben auf dem Schieferfelsen, hat die VG dafür einen Ideenwettbewerb für Künstler gestartet. Ende Januar ist die Frist für Vorschläge abgelaufen, im Herbst soll laut der VG mit einem Bürgerentscheid der Siegerentwurf ermittelt werden – für eine Loreley-Statue vorn auf der Felsenspitze, was ganz im Sinne der Sage ist.

Die 2018 inthronisierte 17. Loreley-Botschafterin Tasmin Sophie Fetz ist vor der Corona-Zeit noch viel herumgekommen: „Ich bin zum Beispiel in der südkoreanischen Partnerstadt unserer Verbandsgemeinde Loreley, Jeju, gewesen, und ich habe in Berlin (die damalige Kanzlerin) Angela Merkel kennengelernt.“ Aber auch die Eröffnung lokaler Weinveranstaltungen habe sie sehr genossen. „Mit Corona fielen dann Weinfeste leider aus, und die Leute waren zurückhaltender“, bedauert die 23-Jährige.

Sie habe ihre ursprünglich zweijährige Amtszeit wegen der Pandemie verdoppelt: „Man will einer neuen Loreley nicht unbedingt zumuten, in so einer Zeit zu starten.“ Inzwischen wächst die Hoffnung auf weniger Corona-Schrecken bei der Amtsübergabe in diesem Frühsommer.

Die sagenumwobene Loreley hat Schiffer gegen Felsen gelockt. Ihre Nachfolgerin soll das Welterbe Oberes Mittelrheintal touristisch repräsentieren. Junge Frauen können sich wieder für diese Rolle bewerben. Unterdessen dauert die bereits 2016 begonnene Schönheitskur der eigentlichen Loreley – also des Felsplateaus am Mittelrhein – an.
Die sagenumwobene Loreley hat Schiffer gegen Felsen gelockt. Ihre Nachfolgerin soll das Welterbe Oberes Mittelrheintal touristisch repräsentieren. Junge Frauen können sich wieder für diese Rolle bewerben. Unterdessen dauert die bereits 2016 begonnene Schönheitskur der eigentlichen Loreley – also des Felsplateaus am Mittelrhein – an.
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Fetz arbeitet mittlerweile in der Forschung und Entwicklung in einem Chemieunternehmen in Budenheim bei Mainz und wohnt in Wiesbaden-Schierstein. Also weiterhin nahe am Rhein. Fetz kann sich nach eigener Auskunft auch vorstellen, wieder wie schon früher bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) als Rettungsschwimmerin aktiv zu sein. Damit würde sich der Mythos drehen: Die noch amtierende Loreley könnte Menschen retten, anstatt Schiffe an Felswänden zerschellen zu lassen. Und die blonden langen Haare? Fetz verspürt Lust auf etwas Veränderung: „Vielleicht schneide ich sie mir nach meiner Amtszeit mal ab.“

Das Obere Mittelrheintal zwischen Koblenz und Rüdesheim gilt mit der weltweit wohl höchsten Burgendichte, Weinbergen und pittoresken Orten als einer der romantischsten Flussabschnitte Deutschlands. Es leidet aber auch unter teils veraltetem Tourismus und Bevölkerungsschwund sowie an Bahnlärm an Europas meistbefahrener Güterzugstrecke. Nun hofft das Welterbetal auf positive Veränderungen bei der hier geplanten Bundesgartenschau (Buga) 2029. Die Loreley soll ein zentraler Bezugspunkt der dezentralen Blumenschau sein.

Von Jens Albes