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Mainz

Parteienforscher Uwe Jun im Interview: „Baerbocks Glaubwürdigkeit ist berührt“

Von Manfred Ruch
Annalena Baerbock und Robert Habeck haben als Spitzenduo die Grünen in ungeahnte Höhen geführt. Doch seitdem Baerbock zur Kanzlerkandidatin ausgerufen wurde, sieht sie sich heftigen Angriffen ausgesetzt. Darauf waren sie und ihr Team offenbar nicht professionell genug vorbereitet.
Annalena Baerbock und Robert Habeck haben als Spitzenduo die Grünen in ungeahnte Höhen geführt. Doch seitdem Baerbock zur Kanzlerkandidatin ausgerufen wurde, sieht sie sich heftigen Angriffen ausgesetzt. Darauf waren sie und ihr Team offenbar nicht professionell genug vorbereitet. Foto: picture alliance/dpa

Glaubwürdigkeit und Professionalität der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sind erschüttert. Doch der Trierer Parteienforscher Uwe Jun rechnet nicht mit einem Wechsel in der Kanzlerkandidatur zu Robert Habeck. Dafür seien die Vorwürfe nicht gravierend genug. Das Interview im Wortlaut:

Lesezeit: 4 Minuten
Geschönter Lebenslauf, nicht angemeldetes Weihnachtsgeld, Plagiatsstreit: Für wie gravierend halten Sie die gesammelten Vorwürfe gegen die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, was ihr Ansehen bei den Wählern betrifft? Das alles nährt Zweifel an zwei Aspekten der Politik, die Frau Baerbock berühren: Ihre Glaubwürdigkeit ist partiell erschüttert, und das Zweite ist ...
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Denkfabrik Agora: Das ist kein Plagiat

Hat Annalena Baerbock für ihr Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ einfach bei der Denkfabrik Agora Energiewende abgekupfert? Agora-Direktor Patrick Graichen weist diese Plagiatsvorwürfe gegen die grüne Kanzlerkandidatin entschieden zurück. Im Gegenteil zeigte er sich erfreut, dass die Ideen der Denkfabrik in der Politik landen. Hier seine Stellungnahme im Wortlaut:

„Es ist die Aufgabe eines Thinktanks wie Agora Energiewende, Ideen aus der Wissenschaft so aufzubereiten und weiterzuentwickeln, dass sie in der Politik diffundieren können. Es ist daher keinesfalls ein ‚Plagiat‘, sondern vielmehr gerade in unserem Interesse, dass Politikerinnen und Politiker unsere Arbeit und Konzepte wie in diesem Fall ‚Carbon Contracts for Difference‘ aufgreifen.

Carbon Contracts for Difference (CCfDs) sind eine Idee, die schon länger diskutiert wird, und insofern auch nichts, was Agora erfunden hat oder hierfür ein Urheberrecht beanspruchen würde. Die Idee wurde schon eine Weile in der Wissenschaft diskutiert – in unserer Studie von 2019 ‚Klimaneutrale Industrie‘ verweisen wir im Literaturverzeichnis auf die einschlägige Literatur etwa vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2017 oder dem ersten Artikel hierzu von der University of Oxford aus dem Jahr 2005.

Die Idee wurde seither von der Politik vielfach aufgegriffen. So ist sie nicht nur im Buch von Annalena Baerbock, sondern auch im Wahlprogramm von CDU und CSU zur Bundestagswahl 2021 enthalten (‚Wir sehen zudem in Carbon Contracts for Difference ein wichtiges Instrument, um unsere Unternehmen beim Klimaschutz zu unterstützen‘, siehe CDU/CSU: ‚Das Programm für Stabilität und Erneuerung‘, Seite 42), sie wird von dem SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans propagiert (‚Wir sollten deshalb auch darüber nachdenken, über sogenannte ‚Carbon Contracts for Difference‘ bestimmten Unternehmen für eingeschränkte Zeiträume einen stabilen CO2-Preis zu garantieren. So lassen sich Investitionsrisiken einschätzen, und so entsteht Planungssicherheit.‘) und ist auch Teil des Klimaschutz-Sofortprogramms, das die Bundesregierung vor zwei Wochen verabschiedet hat. Es genießt zudem breite Unterstützung in der Industrie, etwa vom Verband der Chemischen Industrie und der Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Insofern ist auch die wörtliche Übernahme des Konzepts aus unserer Studie durch Frau Baerbock nicht nur kein Plagiat. Vielmehr freut es uns, dass die Idee der ‚Carbon Contracts for Difference‘ augenscheinlich von allen drei Kanzlerkandidat:innen grundsätzlich befürwortet wird.

Es ist jetzt zentral, diese und viele andere klimapolitische Instrumente zur Erreichung der Klimaneutralität 2045 und der neuen Klimaziele 2030 breit öffentlich zu diskutieren – denn hier liegt noch eine riesige Herausforderung vor der Politik, und das sollte die eigentliche Aufgabe des Wahlkampfs sein.“

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