Uwinka/Koblenz

Mahagoni-Art nach ihm benannt: Eifel-Förster Peter Wohlleben besucht seinen Baum im Regenwald

Von Peter Zschunke
Der Förster Peter Wohlleben steht im ruandischen Nationalpark Nyungwe an einem nach ihm benannten Mahagoni-Baum.
Der Förster Peter Wohlleben steht im ruandischen Nationalpark Nyungwe an einem nach ihm benannten Mahagoni-Baum. Foto: Peter Zschunke/dpa

Koblenzer Botaniker benannten eine neue Baumart nach Peter Wohlleben, dem Förster in der Eifel, der wegen seines Bestsellers „Das geheime Leben der Bäume“ über Rheinland-Pfalz hinaus bekannt ist. Jetzt hat Wohlleben die Bäume in ihrem natürlichen Umfeld besucht.

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Nur der Turako unterbricht das endlose Schrillen der Zikaden im Regenwald von Ruanda. Der laute metallische Ruf des großen Vogels begleitet eine Besuchergruppe aus Rheinland-Pfalz im Nationalpark Nyungwe. Ihr Ziel müssen sie nicht lange suchen. Es ist die neue Baumart Wohllebens Mahagoni.

Schon wenige Schritte auf dem schmalen Weg ist der Baum zu erkennen, den eine Gruppe von Koblenzer Botanikern vor einem Jahr als eigene Art erkannt und wissenschaftlich als Carapa wohllebenii beschrieben hat. In hellem Rot leuchtet da eine „Laubschütte“, die Ausbildung von jungen Blättern und Trieben des Baumes.

Auf dem in Serpentinen angelegten Weg nach unten steht an einer Kehre ein vielleicht 200 Jahre alter Mahagoni-Baum, an die 30 Meter hoch. Man kann den Urwaldriesen nicht umarmen, dafür ist der Durchmesser zu gewaltig. Man kann nur die Rinde anfassen.

Der Baum bildet eine Gesellschaft mit Pilzen, Bakterien und Insekten

„Dieser Baum ist ein eigener Kosmos“, sagt der Autor des Bestsellers mit dem Titel „Das geheime Leben der Bäume“. Er sei eine Lebensgemeinschaft für sich, „vergesellschaftet mit Pilzen, die vielleicht nur zu diesem Baum gehören, mit Bakterien, die nur zu diesem Baum gehören, vielleicht sogar mit Insekten, die speziell auf diesen Baum, auf die Blüten, auf die Blätter ausgerichtet sind“.

Mit dabei sind Eberhard Fischer, Dorothee Killmann und Burkhard Leh, die Carapa wohllebenii nach eingehendem Studium als eigenständige Art erkannt und zusammen mit dem belgischen Wissenschaftler Steven Janssens neu beschrieben haben. Diese Mahagoni-Bäume wurden bislang als Carapa grandiflora betrachtet – in der Landessprache Umushwati genannt. Den Koblenzer Forschern fiel aber auf, dass die Bäume im ruandischen Nyungwe alle zugespitzte Blätter haben. Diese unterscheiden sich deutlich von den rundlichen Laubblättern der Carapa grandi-flora, wie sie in anderen Wäldern der Region zu sehen sind.

Ein Vergleich mit dem bei der Erstbeschreibung hinterlegten Exemplar im Herbarium von Kew Gardens bei London ergab die Bestätigung: Es handelt sich um eine neue Baumart. „Mit der Namensgebung für die neue Mahagoni-Baumart wollten wir ein Zeichen der Unterstützung setzen und auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, dem Naturschutz im Wald mehr Gewicht zu geben“, sagt Fischer, der wissenschaftliche Leiter des Ruanda-Zentrums der Universität Koblenz-Landau, und fügt hinzu: „Es war jetzt ein besonders emotionales Erlebnis, Peter Wohlleben im Bergregenwald von Ruanda den nach ihm benannten Baum zu zeigen.“

Bei der Reise begleitet haben ihn die Botaniker Dorothee Killmann und Eberhard Fischer.
Bei der Reise begleitet haben ihn die Botaniker Dorothee Killmann und Eberhard Fischer.
Foto: Peter Zschunke/dpa

Wohlleben bekennt, die Namensgebung sei für ihn etwas merkwürdig. „Ich habe dazu ja nichts getan.“ Aber er verstehe die Geste als eine Art Patenschaft: „Es ist eine Aufgabe, sich um diesen Baum zu kümmern.“

Beeindruckt zeigt sich Wohlleben davon, „wie die Ruander sich um ihre Nationalparks kümmern, in einem Land, wo die Bevölkerungsdichte doppelt so hoch ist wie bei uns, wo der Nutzungsdruck viel höher ist und die Leute jeden Tag auf den Feldern arbeiten – da zählt jeder Quadratmeter, und dann schützen die einen großen Teil der Landesfläche so konsequent“. In Ruanda sei es offenbar besser gelungen als in Deutschland, ein Bewusstsein für den besonderen Wert des Waldes zu entwickeln, sagt Wohlleben, der seine Aufgabe als Förster inzwischen vor allem als Waldhüter versteht und mit der von ihm gegründeten Waldakademie in der Eifel als Vermittler eines veränderten Umgangs mit dem Wald wirken will.

Steinige Schotterpisten als Weg

An vielen Stellen ist der Nyungwe von Teeplantagen umgeben. Die für die Nationalparks zuständige Ruandische Entwicklungskammer (RDB) bemüht sich darum, den Schutz der Parks mit den Bedürfnissen der in der Umgebung lebenden Landbevölkerung zu versöhnen.

Am nördlichen Nyungwe-Rand, zu erreichen nur über steinige Schotterpisten, zeigt der Leiter des Nationalparks, Protais Niyigaba, den Besuchern junge Mahagoni-Bäume, die einmal in einem Randstreifen gepflanzt werden sollen. „Ich lerne hier ganz, ganz viel für zu Hause“, sagt Wohlleben.

Die Nationalparkverwaltung bemüht sich, den Schutz des Regenwaldes mit den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung in Einklang zu bringen und auch die Teeplantagen zu erhalten.
Die Nationalparkverwaltung bemüht sich, den Schutz des Regenwaldes mit den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung in Einklang zu bringen und auch die Teeplantagen zu erhalten.
Foto: Peter Zschunke/dpa

Der bislang nur zu etwa 10 Prozent mit Wegen erschlossene und damit zu 90 Prozent unerforschte Nationalpark Nyungwe ist fast 100-mal so groß wie beispielsweise der rheinland-pfälzische Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Der immergrüne Nebelwald ist Lebensort unter anderem von 27 endemischen, also nur dort vorkommenden Vogelarten sowie von 13 Affenarten, darunter Schimpansen. Im Nyungwe-Wald blühen auch etwa 220 Orchideenarten.

Die ehemalige Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) hat vor fünf Jahren einen Austausch für Naturschutz und Wald auf den Weg gebracht. So war etwa ein Mitarbeiter des Baumsamenzentrums in Butare für ein Jahr zu Gast im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Und in einem mit Bundesmitteln geförderten Projekt werden sieben Millionen Setzlinge mit dafür geschulten Bauern in den Randzonen des Waldes gepflanzt. Damit wird verhindert, dass die Dorfbevölkerung ihr Holz zum Kochen aus dem Cyamudongo entnehmen muss. So kann die einzigartige Artenvielfalt dieser Wälder langfristig geschützt werden.

„Jede einzelne Art ist wichtig für die Erhaltung der biologischen Vielfalt“, betont der Botaniker Fischer. „Eine kleine Flechte ist für die Ökosysteme ebenso bedeutsam wie ein großer Baum.“