Sven Teuber rückt auf
Diese fünf Probleme muss der Bildungsminister anpacken
Sven Teuber (SPD) ist der neue Landesbildungsminister für Rheinland-Pfalz und damit der Nachfolger von Stefanie Hubig.
Helmut Fricke. Helmut Fricke/dpa

Massive Sprachprobleme in Schulen, Personalmangel und drohende Kita-Schließungen. Dem neuen Bildungsminister bleibt weniger als ein Jahr, um bei vielen großen Problemen Akzente zu setzen.

Wohin die Reise in der Bildungspolitik gehen soll, hat der designierte Bildungsminister am Mittwoch in Mainz an seiner eigenen Geschichte illustriert. Aufgewachsen ist der SPD-Politiker Sven Teuber in einem bildungsfernen Arbeiterhaushalt – und nun hat er es bis an die Spitze eines Ministeriums geschafft.

Dieses sozialdemokratische Aufstiegsversprechen will Teuber für möglichst viele erneuern. Ob ihm das bildungspolitische Großprojekt gelingt, wird sich erst in vielen Jahren zeigen – sofern er so viel Zeit hat. Zunächst bleiben Teuber bis zur Landtagswahl 2026 aber nur gut zehn Monate, um Akzente zu setzen.

1Die Sprachprobleme in Grundschulen:  Dass Kinder in der Grundschule eine Klasse wiederholen, ist nicht per se ein Problem. Aber die Anzahl derjenigen, die einmal oder gleich mehrfach sitzen bleiben, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Der rheinland-pfälzische Philologenverband macht vor allem fehlende Sprachkenntnisse schon beim Eintritt in die Grundschule dafür verantwortlich.

Besonders dramatisch war und ist die Lage an der Gräfenauschule in Ludwigshafen, wo in diesem Jahr erneut 35 Erstklässler sitzen bleiben könnten. Ein Extrembeispiel – auch in Bezug auf den Migrationsanteil, der an der Gräfenau bei 97,2 Prozent liegt.

Das Problem ist aber kein Einzelfall. Rheinland-Pfalz hat in den vergangenen Jahren viele Kinder aufgenommen, die nicht deutschsprachig aufgewachsen sind. Laut der Iglu-Studie haben diese Grundschulkinder besondere Defizite bei der Lesekompetenz. Das Land hat zwar mit vielen kleineren Maßnahmen gegengesteuert. Ein großer Wurf oder Systemwechsel blieb aber aus.

Etwas helfen könnte womöglich das größte Bildungsprogramm in der Geschichte, bei dem Bund und Länder jeweils 10 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren in ausgewählte Schulen stecken wollen. Man müsse das jetzt auch umsetzen, sagte Teuber am Mittwoch. Er wird zeigen müssen, ob Rheinland-Pfalz tatsächlich die versprochene Summe investiert.

2Der Personalmangel in den Schulen: Teubers Vorgängerin ist es gelungen, zumindest zum Halbjahr eines jeden Schuljahres alle Stellen mit ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen. In anderen Bundesländern ist der Personalmangel deutlich schlimmer. Dennoch fallen auch in Rheinland-Pfalz zu viele Stunden aus, viel zu häufig müssen unausgebildete Vertretungslehrer Kinder unterrichten.

3Der Personalmangel in den Kitas:  In den Kitas ist das Problem noch gravierender. Das von Vorgängerin Hubig eingeführte Kita-Gesetz garantiert zwar auf dem Papier Betreuungszeiten, die vielerorts aber nicht eingehalten werden können, weil Tausende Erzieher fehlen.

Der Kita-Fachkräfteverband hat deshalb kürzlich eine „Notbremse“ vom Bildungsministerium gefordert, um „ehrlich darüber zu sprechen, was in den Kitas zurzeit leistbar ist“. Kurzfristig müssten Betreuungszeiten so gekürzt werden, dass ein stabiles und qualitativ hochwertiges Kita-System entsteht. Auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft hält das Kita-Gesetz in der Praxis für gescheitert.

Er sehe das anders, sagte Teuber, kündigte aber zugleich an, dass Bildungspolitik mehr Verlässlichkeit geben müsse – vor allem für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Patentlösung habe er dafür in der Kürze der Zeit noch nicht.

4 Die Kita-Finanzierung: Ziemlich schnell dürfte auf Teuber eine Finanzfrage zusteuern. Seit mehr als vier Jahren fehlt im Land eine Grundlage, zur Bezahlung von Erziehern. Für die Kitas sind zwar die Kommunen verantwortlich, aber nur etwa die Hälfte wird von ihnen betrieben – der Rest von den Kirchen und freien Trägern. Wie viel Geld die Kirchen und freien Träger von den Kommunen für ihr Personal erhalten, müssen sie miteinander aushandeln.

Darüber gibt es aber seit Jahren Streit. Das Land hält sich bislang raus. Es scheint nur eine Frage der Zeit, wann den Gemeinden endgültig das Geld für die Kitas ausgeht und wie lange die Kirchen und freien Träger sich noch Kitas leisten wollen oder können. Das Bildungsministerium unterstützt zwar finanziell. Sollte künftig aber nicht mehr Geld fließen, könnten Kitas schließen.

5Das Handyverbot an Schulen: International gibt es längst Regeln für Smartphones an Schulen, und auch in anderen Bundesländern hat die Diskussion um ein Handyverbot Fahrt aufgenommen. Teubers Vorgängerin Hubig drückte sich aber um eine eindeutige Positionierung, überließ den Schulen die Verantwortung, wie sie den Umgang mit Smartphones regeln.

Einige tun das auch, andere wünschen sich mehr Regelung von der Landesebene. Die CDU forderte etwa ein komplettes Handyverbot an Schulen. Dass Teuber die Problematik kennt, zeigte jüngst eine von ihm initiierte Veranstaltung mit Experten zum Thema. Es wird eines der einfacher zu lösenden Probleme sein.

Reaktionen auf Teubers Berufung

Ihrem Nachfolger lege sie besonders die Themen Bildungsgerechtigkeit und Demokratiebildung ans Herz, sagte Stefanie Hubig in einer Mitteilung zum Abschied aus der Landespolitik. Mit Teuber als „ausgewiesenen Bildungsexperten“ könne sofort die Arbeit beginnen, lobte die Gewerkschaft GEW. Das Kita-Gesetz müsse grundlegend überarbeitet, der inklusive Unterricht rechtlich und personell abgesichert, die Digitalisierung strategisch verankert und der Lehrkräftemangel wirksam bekämpft werden. Lars Lamowski vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) sagte: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Bildungsminister und sind zuversichtlich, dass wir an die konstruktiven Gespräche der Vergangenheit anknüpfen können, um die wichtigen bildungspolitischen Baustellen gemeinsam anzugehen.“ Das Einstiegsgehalt für Lehrkräfte und „dringende Nachbesserungen“ an der Inklusions- sowie Förderschulordnung nannte er als Beispiele. dpa

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