Berlin/Rheinland-Pfalz

Krisensitzung der CDU: Am Samstag treffen sich mehr als 300 Kreisvorsitzende in Berlin

Von Hagen Strauß
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Symbolfoto Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Die CDU steckt nach dem verheerenden Ergebnis bei der Bundestagswahl in einer Krise. Mit 24,1 Prozent erzielte die Union das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Nach den 16 Jahren Kanzlerschaft Angela Merkels halten viele eine inhaltliche, aber auch personelle Erneuerung der Partei für unumgänglich.

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Ein erster Schritt folgt am Samstag: Am 30. Oktober sollen die 326 Kreisvorsitzenden und 27 Bezirksvorsitzende der CDU darüber beraten, wie die Basis besser in die Suche nach der neuen Parteispitze eingebunden werden kann.

An die Kreisvorsitzenden wurde bereits ein Onlinefragebogen verschickt, den jeder ausfüllen soll. Eine der Fragen lautet: „Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Gründe für das enttäuschende Abschneiden von CDU und CSU bei der Bundestagswahl?“ Dazu hat Christian Wilhelm, Chef der Partei im Kreis Birkenfeld, eine klare Meinung: Er hält es für „einen fatalen Fehler“, dass Kanzlerkandidat Armin Laschet gegen „die eindeutige Mehrheit der Basis bestimmt wurde“.

Erwin Rüddel, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU im Kreis Neuwied, formuliert es so: „16 Jahre erfolgreiche Kanzlerschaft Merkel haben innerparteilich auch Defizite bei einer klaren inhaltlichen Positionierung hinterlassen.“ Das allein könne durch eine Personaldiskussion nicht gelöst werden. Deshalb empfiehlt Andreas Nick aus Montabaur, der sein Bundestagsmandat verloren hat, seiner Partei eine inhaltliche Erneuerung: „Wer als Volkspartei ein modernes Deutschland gestalten will, darf dabei nicht im Erscheinungsbild der 1980er- und 1990er-Jahre steckenbleiben.“ Für Tobias Vogt, der die CDU im rheinland-pfälzischen Landtag vertritt und den Kreisverband Rhein-Hunsrück führt, muss die Einbindung der Mitglieder stärker werden.

Aus der Union heißt es, welche „Dynamik“ bei der Kreisvorsitzendenkonferenz womöglich entstehe, sei nicht abschätzbar. Endgültig entscheiden über den Parteivorsitz muss laut Unionsstatut ein Parteitag. „Sollte es bei mehreren Kandidaten zu einer Mitgliederbefragung kommen, muss klar sein, dass die unterlegenen Kandidaten sich auf dem Parteitag nicht zur Wahl stellen, um dem Wunsch der Mitglieder gerecht zu werden“, warnt die noch amtierende rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner.

Ihr Landesverband wolle jedenfalls, dass sich potenzielle Kandidaten für den Parteivorsitz im Vorfeld einigen, um dann eine einvernehmliche Teamlösung zu präsentieren, erklärte Klöckner – inklusive neuem Generalsekretär.

Am Samstag werden Parteichef Armin Laschet und CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ihre Sicht auf die Lage der Union präsentieren. Danach dürfen die Delegierten ihren Unmut ablassen. Geplant ist, dass Laschet und Ziemiak aus den Wortmeldungen ein „Stimmungsbild“ ableiten, welches sie am Dienstag dem Präsidium und dem Bundesvorstand vortragen. Es heißt, man sei vorbereitet, falls die Konferenz der Kreisvorsitzenden eine Abstimmung zur Art der Mitgliederbefragung wünscht. Das Votum wäre nicht bindend, über das weitere Vorgehen entscheidet der Bundesvorstand.

„Ich gehe davon aus, dass die Kreisvorsitzenden ihre Mitglieder im Vorfeld gehört haben, um deren Erwartungen mit nach Berlin zu nehmen“, hofft Klöckner. Ein aktuelle Umfrage von Infratest dimap für das ARD-„Morgenmagazin“ zeigt: Unionsanhänger halten Friedrich Merz für den geeignetsten Kandidaten für den CDU-Vorsitz. 36 Prozent von ihnen trauen ihm den Posten zu, gefolgt von Norbert Röttgen (25 Prozent), Jens Spahn (14) Carsten Linnemann (9) sowie Ralph Brinkhaus (6).

Für den Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, steht fest: „Es ist Zeit für den Neuanfang der Union mit einem neuen Grundsatzprogramm, dem Unionsrat, der das Verhältnis von CDU und CSU auf neue Füße stellt, und einer Mitgliederbefragung bei mehreren Kandidaten für den Parteivorsitz.“Eine Befragung sei durch eine Urnenwahl in den Kreisgeschäftsstellen schnell umsetzbar, ergänzte der JU-Chef.

Nur: Die CDU ist wegen des Wahlkampfes knapp bei Kasse. In der Union wird kolportiert, dass eine Befragung von rund 400.000 Mitgliedern bis zu 1 Million Euro kosten könnte. Zuzüglich der Ausgaben für mögliche Regionalkonferenzen, die abgehalten werden müssten, falls es mehrere Bewerber gibt.