Die schweren Regengüsse und die anschließenden Flutwellen, die unsere Region und vor allem den Kreis Ahrweiler heimgesucht haben, machen fassungslos und unendlich traurig. Viele Todesopfer, vernichtete Existenzen, und eine fast unwirkliche Schneise der Verwüstung sind die Bilanz einer Schreckensnacht, die man kaum in Worte fassen kann.
Es sind entsetzliche Geschichten, die wir schon so häufig von woanders gehört haben. Aber jetzt sind sie plötzlich hier passiert. Bei uns. Um die Ecke. Da sind Freunde, die wir gut kennen und die jetzt vor dem Nichts stehen, weil ihr Zuhause binnen kürzester Zeit bis in den zweiten Stock von brauner Brühe geflutet wurde. Manche besitzen nichts mehr als die Kleidung, die sie am Leib tragen. Da sind die Nachbarn, die bei der Rettung ihres Hundes um ein Haar den Tod in dem wild gewordenen Fluss gefunden hätten, hätte nicht ein Feuerwehrmann beherzt zugepackt. Und da sind vor allem die Menschen, die es nicht mehr geschafft haben. Die sich nicht mehr aus ihren Zimmern und Wohnungen befreien konnten. Wir trauern und weinen mit den Familien, mit den Angehörigen der zahlreichen Opfer, die in einer Julinacht auf grauenvolle Art den Tod gefunden haben.
Wer die Ahr im Norden von Rheinland-Pfalz ein wenig kennt, der weiß, dass sich dieses romantische Flüsschen nicht selten in einen reißenden und manchmal auch zerstörerischen Strom verwandeln kann. Aber das hier? Niemand, der dort lebt, hätte sich in dunkelsten Albträumen vorstellen können, mit welcher Gewalt die Wassermassen herabstürzen und in welchem apokalyptischen Ausmaß sie das gesamte Tal verwüsten. Getroffen hat es längst nicht nur die Menschen direkt am Fluss, sondern auch viele Häuser, die scheinbar sicher und weit entfernt vom Ufer liegen. Ihnen allen mit Tat und mit Worten beizustehen, das ist jetzt unsere erste Pflicht. Und danach muss unbürokratische, großzügige und wirklich schnelle Hilfe für die Opfer fließen. Tausende Familien sind vermutlich obdachlos.
Ein Wort des Dankes verdienen diejenigen, die sich in der Nacht der Katastrophe und dem Tag danach auf den Weg gemacht haben, um zu helfen. Um Sandsäcke bereitzustellen, das Chaos zu ordnen und und um Menschen aus höchster Not zu retten. Von überall her im nördlichen Rheinland-Pfalz und aus andern Bundesländern rollten sie heran, die Kolonnen von Feuerwehrautos und THW-Fahrzeugen, die Hilfs- und Rettungsdienste mit Tausenden Männern und Frauen, um in den betroffenen Landkreisen zu helfen. Auch der Bundeswehr gebührt dieser Dank. Gerade erst wurde sie aus Corona-Diensten entlassen und schon ist sie erneut im eigenen Land gefordert.
Und dann kommen wir nicht umhin zu fragen, wie es jetzt auch in unseren Breiten zu solch extremen Wettereignissen kommt und wie viel der Klimawandel damit zu tun hat. Wir müssen darauf Antworten finden. Denn die Katastrophe an der Ahr lehrt uns eines: Demut vor der Natur, die sich nicht alles gefallen lässt.
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