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Rheinland-Pfalz

Kein Konzept für Katastrophen: Sicherheitsexperte Christian Füllert für Neuordnung bei Bevölkerungsschutz

Von Bastian Hauck
Bad Neuenahr-Ahrweiler nach der Flut: Zahlreiche Brücken wurden allein in der Kreisstadt fortgerissen oder schwer beschädigt. Für solche Katastrophen ist Rheinland-Pfalz sehr schlecht gerüstet, sagen Experten. Foto: dpa
Bad Neuenahr-Ahrweiler nach der Flut: Zahlreiche Brücken wurden allein in der Kreisstadt fortgerissen oder schwer beschädigt. Für solche Katastrophen ist Rheinland-Pfalz sehr schlecht gerüstet, sagen Experten. Foto: dpa

Christian Füllert will reden. Muss reden. Der 44-Jährige ist nicht in Rage, im Gegenteil. Mit ruhiger Stimme spricht er das an, was ihm am Herzen liegt. Das ist einiges. Und das hat es in sich.

Lesezeit: 5 Minuten
Im exklusiven Gespräch mit unserer Zeitung sowie der „Rheinpfalz“ geht es um den Brand- und Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz und in der Bundesrepublik. Das Urteil des hauptamtlichen Wehrleiters der Verbandsgemeinde Winnweiler hierzu fällt vernichtend aus. Füllert sagt: „In Rheinland-Pfalz gibt es kein Katastrophenschutzkonzept.“ Unser Landeskorrespondent Bastian Hauck beleuchtet den Zustand des Katastrophenschutzes ...
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Zur Person

Christian Füllert

Christian Füllert
Christian Füllert
Foto: privat

wuchs im pfälzischen Winnweiler (Donnersbergkreis) auf, mit 16 kam er zur Freiwilligen Feuerwehr Winnweiler. Nach dem Abitur war er ein Jahr als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr. Es folgten eine Ausbildung zum Bauzeichner (Hochbau) sowie ein Studium des Sicherheitsingenieurwesens (Diplom). Später machte der heute 44-Jährige außerdem noch einen Abschluss im Fach Vorbeugender Brandschutz (Master). An der Hochschule Kaiserslautern ist Füllert als Dozent für die Bereiche Sicherheit und Brandschutz tätig.

2000 machte Füllert sein Hobby zum Beruf und ging zur Berufsfeuerwehr nach Darmstadt. 2008 wechselte er nach Wiesbaden. 2011 stieg er in den gehobenen Dienst auf, war damit Einsatzleiter vom Dienst, hatte also bei größeren Schadensereignissen die Einsatzleitung inne. 2017 kehrte er in seine Heimat zurück, wurde dort hauptamtlicher Wehrleiter der Verbandsgemeinde Winnweiler. Im gleichen Jahr absolvierte der Diplom-Sicherheitsingenieur bei der Bundeswehr eine Ausbildung zum Reserveoffizier als Brandschutzoffizier.

Von 2005 bis 2019 war Christian Füllert ehrenamtlicher Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Winnweiler, seit 2012 ist er ehrenamtlicher stellvertretender Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) des Donnersbergkreises.

Das sind die Vorschläge des hauptamtlichen Wehrleiters, wie der Brand- und Katastrophenschutz verändert werden sollte:

Christian Füllert sieht folgende Entwicklungsnotwendigkeiten:

  • Eine „wirksame“ Verbesserung werde es nicht durch „minimalisierte Maßnahmen geben, sondern nur durch eine grundlegende Neustrukturierung“.
  • Organisatorische Maßnahmen, die mit relativ geringem Aufwand umgesetzt werden können, sollten „zeitnah“ verwirklicht werden. Dazu gehörten die Aufstellung von Großverbänden und einzelne technische Anschaffungen wie etwa geländegängige Räum- und Transportfahrzeuge.
  • Füllert fordert, für Schadensfälle ab einer gewissen Dimension rechtliche Grundlagen und Strukturen zu entwickeln, „um eine bruchfreie und durchgängige Führung von der Bundesebene bis hin zur Kommunalebene zu schaffen“. Das Steuerorgan auf Bundesebene könnte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe BBK sein. Die übergeordnete Führungsebene solle Durchgriffsrechte haben.
  • Weil die Bundeswehr aus Sicht von Füllert als „einzige Organisation“ über die Fähigkeiten und Erfahrungen im Führen von Großverbänden verfügt, sei ihre Expertise „zwingend in künftige Planungen mit einzubeziehen“.
  • Eine Professionalisierung des Brand- und Katastrophenschutzes müsse durch die Einstellung von hauptamtlichen Funktionsträgern auf allen Ebenen erfolgen. Um den Personalbedarf festzustellen, solle es Organisationsuntersuchungen geben. Dieses Personalgerüst könne das Rückgrat einer „durch im Wesentlichen ehrenamtlichen bestehenden, aufwuchsfähigen und schlagkräftigen Gefahrenabwehr“ bilden. 99 Prozent der Einsatzkräfte könnten auch zukünftig ehrenamtlich sein.
  • Zu den weiteren Bausteinen einer effektiven Gefahrenabwehr sollten der Ausbau einer leistungsfähigen Warninfrastruktur – ein ausfallsicheres Sirenennetz – sowie einer „kontinuierlichen und nachhaltigen Sensibilisierung der Öffentlichkeit“ gehören.
  • Diskussion über die Einführung eines Staatsdienstjahres.
  • Der Katastrophenschutz müsse „deutlich mehr ins Blickfeld der politischen Verantwortlichen und damit der Bevölkerung gerückt werden“.
  • Entwicklungen wie der Klimawandel erforderten einen „schlagkräftigen, vernetzten und gut organisierten“ Katastrophenschutz. Es müsse der politische Wille vorhanden sein, Maßnahmen zu ergreifen und „die zur Abwehr oder Prävention erforderlichen Organisationen angemessen“ aufzustellen.
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