Der Integrationskurs besteht aus 600 Stunden Deutsch und 100 Stunden „Leben in Deutschland“. Neuerdings erhalten die rund 1700 Bildungsträger in Deutschland dafür jeweils 4,40 Euro pro Teilnehmer und Unterrichtseinheit – insgesamt also 3180 Euro pro Schüler. Der Kurs dauert in der Regel bis zu einem Jahr. Ziel der Sprachkurse ist das Niveau B1. Das entspricht den Sprachkenntnissen, die deutsche Schüler etwa in Englisch nach der zehnten Klasse haben sollten.
Wer nimmt an den Kursen teil?
In den Integrationskursen lernen keineswegs nur Flüchtlinge. Im ersten Halbjahr 2020 – das sind die aktuellsten Zahlen, die vorliegen – waren 27,5 Prozent der neuen Kursteilnehmer Ausländer aus der Europäischen Union. Rumänen machten laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) allein 7,4 Prozent aus. An der Spitze liegen aber Syrer mit einem Anteil von 12,9 Prozent. 5,3 Prozent der neuen Integrationsschüler waren demnach Afghanen. Iraker haben einen Anteil von 3,4 Prozent.
Wie hoch ist der Anteil der Teilnehmer von Integrationskursen, der das Kursziel B1 erreicht?
Laut BAMF haben 2019 rund 62 Prozent aller Integrationsschüler das Niveau B1 erreicht. Weitere 18 Prozent schlossen die Prüfung mit dem niedrigeren Niveau A2 ab. Bei einer gemeinsamen 2018 veröffentlichten Studie des Leibniz-Instituts für deutsche Sprache (IDS) in Mannheim und des Goethe-Instituts erreichten hingegen nur 5,5 Prozent der in einem mündlichen Test befragten Integrationsschüler das Niveau B1.
Wie kann es zu dieser enormen Diskrepanz kommen?
Laut BAMF entsprechen die Tests der IDS-Goethe-Studie nicht den Standards, nach denen Sprechen, Hören, Lesen und Schreiben abgeprüft werden. Stattdessen werde ein mündliches Bewerbungsgespräch auf Tablets als Grundlage genommen. Zudem sei die Studie nicht repräsentativ. Auch Sina Djemai sieht in der Studie allenfalls Anhaltspunkte. Die Fachreferentin des Verbands der Volkshochschulen von Rheinland-Pfalz hat an der Studie teilgenommen. Ihr Fazit: „Die Tests sind überhaupt nicht miteinander vergleichbar.“
Was sagt das IDS dazu?
Ibrahim Cindark vom IDS räumt ein: „Die Ergebnisse sind nicht eins zu eins vergleichbar. Es handelt sich aber um eine belastbare Stichprobe.“ Denn die ethnische Zusammensetzung der Geprüften entspreche in etwa der der Integrationskurse. Cindark hat eigene Erklärungen für die krassen Unterschiede. Bei der Studie werde etwa nur einmal getestet. An den offiziellen DTZ-Tests können Teilnehmer hingegen mehrmals teilnehmen. Am Ende werde dann nur das beste Ergebnis gewertet. Und: Die Teilnehmer werden im Gegensatz zur IDS-Goethe-Studie gezielt auf die Tests vorbereitet. Zudem nehmen Cindark zufolge mindestens 20 Prozent der Integrationsschüler gar nicht erst an den DTZ-Tests teil. Auch das verzerre das Ergebnis.
Wie sieht das die Wirtschaft?
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag beklagt, dass die Sprachkenntnisse nach Integrationskursen oft nicht für eine Ausbildung ausreichen. Die Wirtschaft fordert eher eine Anhebung der Kursziele auf das Sprachniveau B2.
Wie sieht es bei Migranten ganz ohne Sprachkenntnisse aus?
Für Migranten ohne Sprachkenntnisse werden Alphabetisierungskurse angeboten, die oft über einen längeren Zeitraum als die übrigen Kurse gehen. Kursziel ist laut BAMF das niedrigere Niveau A2, das im ersten Quartal 2020 von mehr als der Hälfte der Teilnehmer erreicht (38,1 Prozent) oder übertroffen (12,4 Prozent) wurde.
Gibt es Sanktionen, wenn Kurse geschwänzt werden?
Ja. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss die Anwesenheit genau dokumentiert werden. „Verstöße werden unter keinen Umständen toleriert“, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung. Die Einhaltung wird demnach unangekündigt und regelmäßig kontrolliert. Teilnehmerlisten müssen laut BAMF an jedem Unterrichtstag von Schülern, Lehrern und Träger unterzeichnet werden. Auch VHS-Referentin Sina Djemai betont gegenüber unserer Zeitung: „Wer nicht regelmäßig kommt, wird von der Kursliste gestrichen.“ Dann falle auch die Fahrtkostenpauschale weg. „Auch die Jobcenter können Leistungen kürzen.“ Das sei aber sehr selten.