In der Impfdebatte wird der Ton zwischen Kubicki und Kretschmann rauer
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Widerstand innerhalb der FDP gegen eine allgemeine Impfpflicht scharf kritisiert. „Die Aussage von Wolfgang Kubicki, dass es vielen Impfpflichtbefürwortern um Rache und Vergeltung gehe, ist schlichtweg verantwortungslos und völlig ungeeignet, um die Debatte inhaltlich angemessen zu führen“, sagte der Grünen-Politiker. Er sei froh, dass die FDP immerhin der Impfpflicht für das Personal in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen zugestimmt habe und sich auch FDP-Chef Christian Lindner inzwischen für eine allgemeine Impfpflicht ausspreche. „Aber wir müssen jetzt sehen, wie sich das entwickelt mit den Gruppenanträgen“, sagte er. „Jetzt kann man nur darauf hoffen, dass es eine Gruppe gibt, die eine Mehrheit hat für eine Impfpflicht.“ Er prüfe derzeit, ob man das über den Bundesrat einspeisen kann.
FDP-Vize Kubicki wehrte sich gegen die Kritik Kretschmanns: „Die Menschenwürdegarantie unserer Verfassung gilt auch für Ungeimpfte. Dass dieses unverrückbare Wesenselement unseres Gemeinwesens nun zum Teil infrage gestellt wird, halte ich für hochgradig besorgniserregend.“ Der FDP-Politiker riet Kretschmann zudem dringend, in der Debatte um die Impfpflicht „mehr auf die Zwischentöne zu hören“. Er habe ausdrücklich betont, dass die politische Diskussion über die Impfpflicht in der Regel von Fairness und Respekt getragen sei, sagte Kubicki. „Mich besorgt aber, wenn in der allgemeinen Debatte erklärt wird, Ungeimpfte sollten nicht mehr Weihnachten feiern, sollten die Kosten einer möglichen ärztlichen Behandlung selbst tragen oder sollen gar in Kauf nehmen, im Zweifel nicht behandelt zu werden.“
Der designierte CDU-Chef Friedrich Merz hat einen Stufenplan bei der Einführung der Impfpflicht angeregt. Eine allgemeine Pflicht werfe etliche ethische, verfassungsrechtliche und organisatorische Fragen auf, die vor einer Beschlussfassung geklärt sein müssten. „Vielleicht könnte eine Art Stufenplan für gruppenbezogene Impfpflichten auch zum Ziel führen.“ Ähnlich sieht das der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel (CDU, Kreis Neuwied). Er empfiehlt, die „einrichtungsbezogenen“ Impfpflichten schrittweise zu erweitern, zunächst etwa auf Polizei und Sicherheitskräfte, und darauf aufbauend auf Schulen und Kitas, auf Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur sowie auf vulnerable Altersgruppen. „Bei allen staatlichen Vorgaben zur Impfung gegen Corona steht ja auch stets die Frage im Raum, wie diese in der Praxis durchzusetzen sind und wie es um die Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen bestellt ist“, gab der CDU-Politiker zu bedenken.