Kaiserslautern

„Es war für mich eklig und schlimm“: Mitangeklagter im Polizistenmord von Kusel schildert Todesangst

Der Nebenangeklagte Florian V. (links) steht mit seinen Anwälten Thomas Will (Mitte) und Christian Kessler im Verhandlungssaal.
Der Nebenangeklagte Florian V. (links) steht mit seinen Anwälten Thomas Will (Mitte) und Christian Kessler im Verhandlungssaal. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool

Im Prozess um die tödlichen Schüsse auf zwei Polizisten bei Kusel in der Pfalz hat der Nebenangeklagte Florian V. erstmals Fragen des Gerichts zur Tatnacht Ende Januar beantwortet. Er schilderte, wie er nach den Schüssen des Hauptangeklagten auf die Beamten „abartige Angst“ um sein eigenes Leben gehabt habe.

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„Ich hatte Angst, dass ich die Nacht nicht überleben werde“, sagte er vor dem Landgericht Kaiserslautern. „Wer so leichtfertig zwei Menschen erschießt, der tötet auch noch einen dritten“, sagte er über den wegen zweifachen Mordes angeklagten Hauptangeklagten Andreas S. (39).

Sein Hals sei wie zugeschnürt gewesen, sein Herz habe gerast. Es habe lange gedauert, bis er wieder klar habe denken können. „Ich wusste nicht, wie reagieren“, sagte der 33-Jährige, der wegen versuchter Strafverteilung angeklagt ist. Auch bei seiner Einlassung am Montag war er sichtlich nervös. Er habe gesehen, wie die Polizistin bäuchlings zu Boden ging und auch den toten Polizisten gesehen.

Kopf einfach ausgeschaltet

„Es war für mich eklig und schlimm. Der leere Blick. Alles so aufgequollen.“ Dann habe er seinen „Kopf ausgeschaltet“ und sei den Anweisungen des 39-Jährigen gefolgt. „Ich hatte auch auf dem Heimweg noch Angst, dass was passiert.“ Der Hauptangeklagte Andreas S. soll eine Polizistin (24) und ihren Kollegen (29) bei der nächtlichen Verkehrskontrolle auf einer Kreisstraße mit Schüssen in den Kopf ermordet haben, um Wilderei zu vertuschen. Die Männer waren kurz nach der Tat im Saarland festgenommen worden.

Der 33-Jährige gab an, bei der Tat hinter dem Transporter gestanden zu haben. Er habe gesehen, wie Andreas S. zur Fahrertüre gegangen sei, um etwas zu suchen. „Und da hat es schon laut geknallt“, sagte er. Dass der 39-Jährige später noch mal auf die Polizistin geschossen habe, habe er nicht gesehen.

Gutachten zu Knall- und Schussgeräuschen bringt keine neuen Erkenntnisse

Er selbst habe nie in seinem Leben mit scharfen Waffen geschossen, sagte Florian V. Er wisse auch nicht, wie man eine Waffe nachlade. Andreas S. kenne er seit Mitte 2021, und seit vergangenem Oktober sei man mehrmals die Woche gemeinsam auf Jagd gewesen. Seine Aufgabe sei es gewesen, das von Andreas S. geschossene Wild einzusammeln. Für ein Reh habe er pro Stück 10 Euro bekommen, für größere Tiere 20 Euro. Mit einem Nachtsichtgerät habe er die Tierkadaver aufgespürt. Eine Waffe habe er da nie dabei gehabt.

Florian V. hatte zwar kurz nach seiner Festnahme bei der Polizei ausgesagt, aber im Prozess zur Tat bisher geschwiegen. Die Antworten auf zuvor eingereichte Fragen des Vorsitzenden Richters waren mit Spannung erwartet worden. Schon in seiner Aussage nach der Festnahme hatte er seinen damaligen Komplizen für den Tod der beiden Polizisten verantwortlich gemacht. Andreas S. dagegen will aus Notwehr nur den Polizisten getötet haben, für den Tod der Polizistin sei Florian V. verantwortlich, hat er wiederholt ausgesagt.

Haupttäter trägt 190 Lügen vor

Bei der Einlassung des 33-Jährigen machte sich Andreas S. Notizen. Danach trug er rund 190 angebliche Lügen von Florian V. vor, die er in dessen bisherigen Einlassungen ausgemacht haben will. Beispiel: Der Nebenangeklagte habe behauptet, keine Messer zu benutzen. Er habe aber sehr wohl Messer zum Zerlegen von Wild benutzt. Ziel seiner Aussagen: die Glaubwürdigkeit des 33-Jährigen zu erschüttern.

Keine neuen Erkenntnisse brachte ein Gutachten zu Knall- und Schussgeräuschen, das ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg vorstellte. Anhand der Aufzeichnungen von zwei Videokameras in 1,2 Kilometer Entfernung vom Tatort könnten nur die Schüsse aus der Dienstpistole des Polizisten „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ zugeordnet werden. Bei den übrigen Schussgeräuschen sei eine Zuordnung zu bestimmten Waffen „eher schwierig“, sagte er.