Koblenz/Bad Neuenahr-Ahrweiler

E-Mail-Postfach der Staatsanwaltschaft: Schon 290 Hinweise zur tödlichen Flut

„Gedenken. Gedanken. Danken“ – unter diesem Leitmotiv stand die Veranstaltung im Kurpark von Bad Neuenahr, dem von der Flutkatastrophe immer noch gezeichneten Herz des Heilbades.
„Gedenken. Gedanken. Danken“ – unter diesem Leitmotiv stand die Veranstaltung im Kurpark von Bad Neuenahr, dem von der Flutkatastrophe immer noch gezeichneten Herz des Heilbades. Foto: Vollrath

Mehr als 290 Hinweise zur tödlichen Flutkatastrophe im Ahrtal hat die Staatsanwaltschaft Koblenz bislang bekommen. Sowohl Berichte als auch Fotos und Videos sind beim eigens eingerichteten E-Mail-Postfach unwetter.stako@genstako.jm.rlp.de eingegangen, wie Oberstaatsanwalt Dietmar Moll mitteilte. Ihre Auswertung dauere an.

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„Das Postfach ist auch weiterhin für Hinweise geöffnet“, ergänzt der promovierte Jurist. „In der polizeilichen Ermittlungsgruppe sind derzeit circa 60 Personen tätig, zwischenzeitlich waren es sogar etwa 90“, berichtet Moll. Die meisten werteten sichergestellte Beweismittel und Daten aus oder vernähmen Zeuginnen und Zeugen. Die Ermittlungen seien umfangreich und komplex. Zu ihrem Abschluss ließen sich „derzeit leider überhaupt keine verlässlichen Prognosen abgeben“.

Nach extremem Starkregen waren bei der Flut am 14. und 15. Juli im Ahrtal 133 Menschen gestorben, etliche Hundert Anwohner verletzt und Tausende Häuser beschädigt oder zerstört worden. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen den krankgeschriebenen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), und ein weiteres Mitglied des Krisenstabes.

Dabei geht es um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Pföhler hat inzwischen dauerhafte Dienstunfähigkeit beantragt. Er hatte appelliert, die Ereignisse während der Flut besonnen zu beurteilen.

Nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft gab Pföhler am 6. August während einer Durchsuchung in der Kreisverwaltung Ahrweiler an, er sehe bei sich keine strafrechtliche Verantwortung. „Förmliche Einlassungen der beiden Beschuldigten liegen allerdings bislang nicht vor“, erklärt Moll jetzt.

Unterdessen wird im politischen Mainz noch im Herbst zudem der Start eines Untersuchungsausschusses des Landtags erwartet. Dieser könnte auch das Agieren der Landesregierung während des tödlichen Hochwassers an der Ahr unter die Lupe nehmen.

Die meisten Todesopfer hat die Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler zu beklagen: 73 Menschen kamen in den reißenden Fluten der Ahr ums Leben. Am Samstag nahm die Stadt in einer emotionalen Gedenkfeier Abschied von ihnen. Zwei Monate nach der Katastrophe sitzt der Schock immer noch tief.

„Diese Nacht hat Herzen gebrochen und Seelen geschunden. Leben sind ausgelöscht, aber nicht vergessen. Niemand geht unverletzt zur Tagesordnung über“, sagte Bürgermeister Guido Orthen, der den betroffenen Familien sein tiefes Mitgefühl aussprach. Gleichzeitig richtete er aber auch den Blick nach vorn in Richtung Wiederaufbau und beschwor ein neues Wirgefühl.

„Gedenken. Gedanken. Danken.“ – unter diesem Leitmotiv stand die Veranstaltung, zu der mehr als 500 Menschen in den Kurpark von Bad Neuenahr gekommen waren. Zwischen Baggern, Baustellen und Schutthügeln fanden sie im immer noch von der Flut gezeichneten Herz des Heilbades Raum für eine Atempause. Ein Teil der Veranstaltung war dem Dank an die vielen Helfer gewidmet, die in den Tagen nach der Flut und bis heute nicht nur ihre Tatkraft und Energie, sondern auch Hoffnung ins Ahrtal getragen haben. „Zukunft wird gelingen, wenn wir alle gemeinsam Hand in Hand für die Menschen und unsere Heimatstadt handeln“, so Orthen. Die Gedenkfeier war für viele ein wichtiger Baustein für den Aufbruch.