Ab dem 15. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht - Welche Folgen Experten für die Krankenhäuser erwarten
Einrichtungsbezogene Impfpflicht ab 15. März: Für Klinikpersonal ohne Piks wird es knapp
Hygiene wurde schon vor der Corona-Pandemie in Krankenhäusern groß geschrieben. Ab dem 15. März gilt auch eine einrichtungsbezogene Impfpflicht, um Patienten noch besser zu schützen. Doch das könnte den ohnehin vorhandenen Personalmangel weiter verschärfen, befürchten Experten.
dpa

In den rheinland-pfälzischen Krankenhäusern beginnt in Kürze eine neue Etappe in der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wie auch in anderen sensiblen Bereichen – etwa in Arztpraxen und der Altenpflege – tritt in den Kliniken am 15. März die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft.

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Danach dürfen nur noch immunisierte Beschäftigte, also vollständig Geimpfte oder Genesene, oder solche mit einem Attest weiter ihren Dienst tun. Damit sollen Patienten geschützt werden. Beschäftigte, die sich nicht impfen lassen, müssen laut Landesregierung mit einem Bußgeld in Höhe von 500 Euro rechnen und dürfen in der Regel auch ihre Arbeitsstätte nicht mehr betreten.

Die Kliniken und auch Verdi rechnen aber nicht damit, dass es sofort und flächendeckend dazu kommt, dass Beschäftigte, die am Stichtag keinen Impfnachweis haben, nicht mehr an ihren Arbeitsplatz dürfen. „Die Krankenhäuser sind verpflichtet, diese Fälle an die Behörden zu melden, und werden das auch tun“, erklärt der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, Andreas Wermter. Die Meldungen sollen in Rheinland-Pfalz über ein digitales Meldeportal erfolgen.

Gesundheitsamt entscheidet über Einzelfall

Die Entscheidung über das weitere Vorgehen treffe dann das Gesundheitsamt. „Dort muss jeder einzelne Beschäftigte angehört werden. Ob es zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommt, wenn ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, hängt vom Einzelfall ab“, erklärte er. Die Kliniken hoffen laut Wermter auf ein möglichst einheitliches Vorgehen der kommunalen Gesundheitsämter. Und dass die Behörden bei den Einzelfallentscheidungen einen Ermessensspielraum haben, der „auch die Versorgungssituation im Auge haben muss“.

Bis zur letzten Minute wollen die Ärzte in den Kliniken versuchen, impfskeptische Mitarbeitende in persönlichen Gesprächen aufzuklären. „Diese Bemühungen haben in der Zeit, in der über die Impfpflicht diskutiert wurde, in einigen Häusern durchaus Effekte gezeigt, da konnte man noch mal den einen oder anderen Zweifel ausräumen“, berichtet Wermter. Generell gebe es in den Kliniken des Bundeslandes aber bereits jetzt eine „sehr hohe Impfquote“.

Nach Angaben von Verdi ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht ein wichtiges Thema für viele Beschäftigte. „Bei uns rufen ständig Leute in der Rechtsschutzabteilung an, die sich über die Regeln und Handlungsmöglichkeiten informieren wollen“, berichtet der Verdi-Experte für das Gesundheitswesen, Frank Hutmacher. Es komme auch immer wieder vor, dass der eine oder andere darüber nachdenke, sich doch impfen zu lassen.

Die Sorgen bei den Beschäftigten mit Blick auf den 15. März kommen nach Angaben der Gewerkschaft aus zwei Richtungen: von Kolleginnen und Kollegen, die sich aus persönlichen Gründen nicht impfen lassen wollen, und von Immunisierten, die sich sorgen, wer die Arbeit macht, wenn die Ungeimpften nicht mehr dabei sind.

Es geht nicht nur um Personal aus Pflege und Medizin

Bei der Impfpflicht geht es laut Krankenhausgesellschaft nicht nur um den medizinischen und pflegerischen Bereich, sondern auch um Technik, Wartung, Reinigungs- und Küchenpersonal. Hinzu kämen externe Firmen, die in die Häuser kommen, beispielsweise Handwerker, die Reparaturen ausführen. Auch die seien angeschrieben und aufgefordert worden, entsprechende Nachweise über Impfung, Genesung oder Atteste vorzulegen. „Das ist ein sehr großer Personenkreis“, erklärt Wermter.

Die Krankenhäuser wünschen sich von den Behörden eine gewisse Verlässlichkeit für ihre Personalplanung. Zunächst müssten die Gesundheitsämter die Fälle in einem Anhörungsverfahren prüfen, erläuterte Wermter. Dabei könne man von zwei, drei Wochen ausgehen. „Frühzeitige Information ist wichtig: Eine Klinik muss wissen, welche Personen sie im nächsten Dienstplan einplanen kann und welche nicht“, sagte er. Auch jetzt würden Mitarbeitende krank oder fielen beispielsweise wegen Kinderbetreuung aus. „Das ist für Krankenhäuser grundsätzlich nichts Neues: Dienstpläne verändern sich.“ Wermter wies darauf hin, dass seit Monaten ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt werden – mit allen nötigen Vorsichtsmaßnahmen. „Das heißt, das Risiko des Einsatzes wird ja jetzt schon heruntergefahren“, betonte er.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wird nach Einschätzung von Verdi die ohnehin schon angespannte Personalsituation in der Pflege verschärfen. „Dieser Bereich hat besonders unter der Ökonomisierung der Krankenhäuser gelitten. Die Belastung wird für die, die bleiben, größer“, sagt Hutmacher. Und möglicherweise gingen Kolleginnen und Kollegen den Einrichtungen, auch wenn die Maßnahme bis Jahresende befristet sei, dauerhaft verloren. „Ich weiß nicht, ob man sich das leisten kann. Die Pflegebeschäftigten – egal, ob im Altenpflegeheim, bei der mobilen Pflege oder im Krankenhaus – arbeiten alle am Limit und haben das eigentlich schon überschritten.“

„Viele sind in Teilzeit geflüchtet, weil die Belastung zu hoch war oder sie den Beruf nicht mit ihrem Familienleben in Einklang bringen konnten.“

Die Pflegetätigkeit habe zudem ein schlechtes Image, sagt Verdi-Experte Hutmacher: ein anstrengender und schlecht bezahlter Job, oft im Schichtdienst. „Das macht es schwierig, Nachwuchs zu finden.“ Die Arbeitsbedingungen müssten grundlegend verbessert werden, dann könne man auch Leute zurückgewinnen, die dem Beruf den Rücken gekehrt hätten, fordert er. Oder man könnte Teilzeitkräfte überzeugen, mehr Stunden zu arbeiten. „Viele sind in Teilzeit geflüchtet, weil die Belastung zu hoch war oder sie den Beruf nicht mit ihrem Familienleben in Einklang bringen konnten.“

Dazu müsse die Gesellschaft aber bereit sein, denn dann werde das System natürlich teurer, gibt der Gewerkschafter zu bedenken. „Bisher hat es von der Politik nur Trostpflaster gegeben, doch wir brauchen eine grundlegende Reform der Refinanzierung.“

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